Urzeugung

[613] Urzeugung (»generatio aequivoca, spontanea«, »Autogonie«, »Abiogenesis«): Entstehung von Lebewesen, Organismen, Organischem aus Anorganischem durch natürliche (physikalisch-chemische) Kräfte (E. Organismus, Lebenskraft).

Das ursprüngliche Hervorgehen zunächst der Pflanzen, dann auch der Tiere aus der Erde lehrt EMPEDOKLES (Plut., Plac. philos. V, 19. 26). Nach ARISTOTELES entstehen die niedrigsten Lebewesen aus Schlamm oder tierischen Secreten (De gener. an. II, 1. Histor. an. I, 5). Auch die Stoiker nehmen eine Urzeugung an, so auch LUCREZ (De rer. nat. II, 843 squ.). – Die Urzeugung lehren SIMON PORTA (De rer. natural.), CARDANUS (De variet. VII, 7b. De subtil. IX, 508 f.), J. B. VAN HELMONT (Imago ferment. 12) u. a. Ferner: Nach G. BRUNO, BONNET hat die Erde ursprünglich die Principien aller Lebewesen in sich. eine eigentliche Urzeugung, Entstehung des Lebenden aus Leblosem leugnet BONET (Considérat. sur les corps organisés, 1762), so auch ROBINET. Nach ER. DARWIN hat der Schöpfer vielleicht aus einem einzigen Filament alle Lebewesen hervorgehen lassen (Zoonom. set. XXXIX, 4, 8). Aus einem »Urschleim« sind nach L. OKEN die Organismen hervorgegangen (Die Zeugung, 1805). Nach GIOBERTI hat Gott die Lebewesen aus der Erde herausgeformt (Protolog. II, 554 ff.). SCHOPENHAUER erklärt: »Daß aus dem Unorganischen die untersten Pflanzen, aus den faulenden Resten dieser die untersten Tiere und aus diesen stufenweise die oberen entstanden sind, ist der einzige mögliche Gedanke« (Neue Paralipom. § 185). Gegen POUCHET hat besonders PASTEUR (Physiol. végétale, 1861) gezeigt, daß, jetzt wenigstens, eine Urzeugung nicht besteht, daß die scheinbare »Urzeugung« sich auf das Vorkommen von organischen Keimen in der Luft zurückführen läßt. Eine (dereinstige) Urzeugung (Autogonie) lehrt E. HAECKEL (Gener. Morphol. I, 182), ferner G. JÄGER (Zoolog. Briefe, S. 73) u. a. Dagegen u. a. E. DREHER (Philos. Abhandl. S. 121 f.), E. v. HARTMANN (s. Organismus). Vgl. O. LIEBMANN, Zur Anal. d. Wirkl.2, S. 338. – Vgl. Organismus, Leben.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 613.
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