9. Kapitel. Die gewaltsame Hellenisierung.

[268] Antiochos Epiphanes, sein Charakter und seine Bildungsgeschichte. Seine Rückkehr aus Rom und sein auffallendes Betragen. Er setzt Jason-Jesua zum Hohenpriester ein und entsetzt Onias III. Die Einführung von Kampfund Wettübungen in Gymnasien zu Jerusalem. Jason sendet Festgesandte nach Tyrus zur Teilnahme an den olympischen Spielen. Er wird von Menelaos verdrängt. Dieser entwendet Tempelgefäße, um Bestechungen üben zu können, und läßt Onias III. umbringen. Aufstand gegen Lysimachos und Menelaos in Jerusalem. Anklagen und Erbitterungen. Menelaos schwärzt die Judäer und das Judentum an. Antiochos' kriegerische Angriffe auf Ägypten. Gerücht von seinem Tode in Jerusalem. Jason bemächtigt sich der Stadt und nimmt Rache an seinen Feinden. Antiochos überfällt Jerusalem, richtet ein Blutbad an, dringt in den Tempel und raubt die Geräte und Kostbarkeiten. Seine lügenhafte Verlästerung des Judentums. Sein zweiter Feldzug gegen Ägypten. Seine Demütigung durch die Römer und seine Wut gegen die Judäer. Gemetzel in Jerusalem. Zerstörung der Mauern und Einäscherung der Tempelpforten. Antiochos' Religionszwang. Entweihung des Tempels. Die auswärtigen Judäer. Die Märtyrer. Die Chaßidäer ermahnen zur Standhaftigkeit und werden in Höhlen verbrannt. Der Schmerzenspsalm.


(175-167).

Es trat nämlich ein Mann, ein Königssohn, auf den Schauplatz, der berufen schien, die ohnehin unlöslichen Wirren in Judäa noch zu vermehren und düstere Tage über das Haus Israel heraufzubeschwören, wie es sie bis dahin in dieser Art noch nicht gekannt hatte. Es war der in der Geschichte gebrandmarkte Antiochos Epiphanes. Er gehörte zu den Menschen mit einer Doppelnatur, gemischt aus Boshaftigkeit und edlen Regungen, zugleich schlau berechnend und launenhaft, kleinlich bei großen Unternehmungen und groß in Kleinigkeiten. Darum fanden sich seine Zeitgenossen selbst nicht in seinem Charakter zurecht, ob die Albernheiten, die er als König beging, wodurch er sich vor den Augen des Volkes lächerlich machte, als geizte er nach dem Namen, »der Wahnwitzige« (Epimanes), ihm angeborene [268] Geistesverkrüppelung oder Maske waren1. Die Schule, die er in seiner Jugend durchgemacht, hatte viel dazu beigetragen, ihn aus der Bahn eines geregelten Lebens zu entrücken. Sein Vater hatte ihn als Geisel für den geschlossenen Frieden und die übernommenen Kriegskosten nach Rom gesandt (o. S. 245), und er weilte dort zwölf Jahre. Rom war gerade damals nach Besiegung der Karthager, der Mazedonier und Syrer Welthauptstadt geworden und machte den Übergang von der Sittenstrenge der Catone zu der Ausgelassenheit der Claudier. Der sittliche Unflat der Griechen wurde auch hier eingeschleppt, Unzucht und unnatürliche Lustbefriedigung. Gerade während Antiochos' Aufenthaltes in Rom spielte der geheime Bacchuskultus, der sich durch einen griechischen Priester über Rom und über ganz Italien verbreitete, bei dessen Zusammenkünften die scheußlichste Unzucht getrieben und Anleitung zu den grausigsten Verbrechen, zu Giftmorden und Testamentsfälschungen, gegeben wurde. Doch diese Laster hätte Antiochos auch von Griechen und Mazedoniern lernen können. Was er aber erst in Rom lernte, das war die Verachtung der Menschen und ihrer Lebensgewohnheiten, die Frechheit, die eiserne Härte, welche kein Mitleid kannte, die Tücke, welche mit dem Opfer spielt, ehe sie es erwürgt. Wenn er edle Regungen hatte, und diese nicht bloß Schein waren, so wurden sie von seinen unedlen Trieben überwogen. In Rom hatte Antiochos Bekanntschaft mit den vornehmen und tonangebenden Familien gemacht und dabei erfahren, daß die Weltherrschaft, welche Rom damals angetreten hatte, in den Händen weniger lag, welche durch Ränke, Bestechung und Volksschmeichelei die Machtfülle zu erlangen und zu behaupten, und nicht bloß das Volk, sondern auch den stolzen Senat zu gängeln wußten. Durch seine Bekanntschaft mit den mächtigen römischen Familien, durch Schlauheit und Gewissenlosigkeit glaubte er die ersten Stufen [269] zur Wiederherstellung der von seinem Vater eingebüßten Macht ersteigen zu können. Und seine Schlauheit gelang ihm anfangs.

Antiochos wußte es dahin zu bringen, daß er Rom verlassen durfte und an seiner Statt sein Brudersohn Demetrios, Sohn des Königs Seleukos Philopator, als Geisel nach Rom gesandt und angenommen wurde. So kehrte er nach Syrien zurück, wahrscheinlich mit der Absicht, seinen Bruder zu entthronen. Aber ein anderer war ihm zuvorgekommen. Heliodor2, einer von den Großen des Hofes, hatte Seleukos umgebracht (175) und sich des Reiches bemächtigt. War Antiochos ganz unschuldig an dieser Tat? Er weilte damals auf dem Wege zu seiner Rückkehr in Athen. Der Feind seines Vaters Eumenes, König von Pergamon, und dessen Bruder Attalus leisteten ihm den großen Dienst, den Mörder Heliodor in die Flucht zu schlagen und ihn selbst zum König von Syrien und Asien einzusetzen. Sie leisteten ihm Hilfe, weil sie mit ihm und er mit ihnen in ein geheimes, ganz geheim gehaltenes Bündnis3 gegen das bereits mächtige, hochmütige und ländergierige Rom traten. So begann Antiochos Epiphanes seine Regierung mit Schlauheit und Thronraub. Denn das Zepter gebührte seinem Neffen Demetrios, der indes in Rom als Geisel zurückgehalten wurde. Die Römer begünstigten den Thronräuber, weil sie durch dergleichen Zerwürfnisse in den regierenden Familien die Schwächung der Königreiche, die ihnen noch nicht vollständig verschrieben waren, herbeiführen wollten. Und diese römische List gedachte Antiochos zu überlisten! Ein judäischer Seher schilderte seinen Regierungsantritt mit anschaulichen Zügen: »An seiner Stätte wird ein Verächtlicher auftreten, auf den sie nicht den Purpur des Königtums gegeben; er wird plötzlich kommen und sich des Reiches mit Glätte bemächtigen. Und wegen der Verbindung mit ihm wird er List üben und hinaufziehen und siegen mit wenig Volk. Plötzlich und mit den Vornehmen des Landes wird er eintreffen und wird tun, was seine Väter und seine Vaterväter nicht getan haben. Beute und Güter wird er ihnen (den Vornehmen) verschwenden4.« Seine Verschwendungssucht ist sprichwörtlich [270] geworden; er machte reiche Geschenke nicht bloß an Freunde, sondern an Fremde, mit denen er zufällig zusammentraf. Die Leute wußten nicht, was sie von ihm denken sollten, und seine besten Freunde hielten ihn für wahnwitzig. Aber dieses Betragen war Berechnung, er wollte die Römer täuschen und sich ungefährlich stellen. Darauf war auch seine Nachahmung der römischen Sitten berechnet. Wie die vornehmen Römer zur Zeit der Wahl zu irgendeinem hohen Amte umhergingen und dem schäbigsten Bürger die Hand drückten, um dessen Stimme zu gewinnen, so, ganz genau so machte es Antiochos. Oft legte er sein königliches Gewand ab und ging auf dem Markte umher, um Stimmen zu werben, dabei faßte er den einen an der Hand, den anderen umarmte er und bat sie, ihm doch die Stimme für das Amt eines Stadtaufsehers, Richters oder Volkstribuns zu geben5. So führte er auch in Antiochien die Fechterspiele (Gladiatoren) aus Rom ein, daß Kriegsgefangene oder Sklaven so lange mit Waffen gegeneinander kämpfen mußten, bis einer unterlag oder getötet wurde. Mit teuren Preisen ließ er solche Fechter aus Rom kommen, um sie von einem Fechtmeister dazu abrichten zu lassen6. Um den Römern noch mehr zu schmeicheln und sie in Sicherheit zu wiegen, ließ er in Antiochien einen prachtvollen Tempel, die Wände mit Goldplatten belegt, bauen und ihn dem römischen Gott, Jupiter Capitolinus, weihen7. Durch die liebedienerische Nachahmung des römischen Wesens und durch seine Torheiten glaubte er der Überwachung der scharfsichtigen und argwöhnischen Römer entzogen zu sein und mit Eumenes von Pergamon ganz im Geheimen deren Vergrößerungsplänen entgegenarbeiten zu können. An geschlechtlicher Ausschweifung stand Antiochos keinem seiner griechischen Zeitgenossen nach. Das will zwar nicht viel sagen, daß er seiner Buhlerin Antiochis die Einnahmen von den cili cischen Städten Tarsus und Mallus geschenkt hat8. So etwas kam bei allen damaligen [271] Fürsten und auch zu allen Zeiten vor. Aber er befriedigte seine tierische Brunst mit zwei Brüdern, von denen er den einen zum Satrapen von Babylonien und den anderen zum Aufseher über die Einnahmen einsetzte9. Der Scheu vor einer Gottheit hatte sich Antiochos völlig entschlagen. »Die Götter seiner Väter beachtete er nicht, und überhaupt keinen Gott, denn er überhob sich über alles10

Diesem Scheusal mit einem Herzen von Stein, mit Verachtung von Menschen, Gesetz, Sitte und Religion waren die Judäer preisgegeben; denn mit seinem tronräuberischen Regierungsantritt gehörten sie zu ihm und waren von seinen Launen abhängig. Hätte in Judäa Eintracht geherrscht, und hätte es sich still verhalten und die Steuern gezahlt, so hätte es vielleicht seiner Aufmerksamkeit entgehen können. Aber durch die Zwietracht, welche die Griechlinge entzündet hatten, wurde sein Blick auf das judäische Volk gelenkt, und er zog es in seine schlaue Berechnung. Die Griechlinge selbst forderten seine Einmischung in die innerste Angelegenheit Judäas. Zunächst richteten sie seine Aufmerksamkeit auf Hyrkanos, welcher von seiner Burg bei Hesbon die Steuern von den arabischen oder nabatäischen Bewohnern des Landes im Namen des Königs von Ägypten eintrieb (o. S. 253). Ihn haßte die hellenistische Partei als ihren Gegner. Hat Antiochos eine Kriegerschar gegen ihn gesandt? Da er die Absicht hatte, mit Ägypten anzubinden, so lag ihm wohl daran, vor der Hand seine volle Herrschaft über das Land jenseits des Jordans auszudehnen. Hyrkanos, welcher einen schmählichen Tod fürchtete, legte Hand an sich, und Antiochos ließ seine ganze Hinterlassenschaft einziehen11.

Dann führten die Griechlinge ihren längst gehegten Plan aus, ihren zweiten Feind, den Hohenpriester Onias seiner Würde zu entkleiden. Sein eigener Bruder, Jesua-Jason, soll Antiochos eine außerordentliche Summe Geldes dafür versprochen haben, daß er ihm das Hohenpriesteramt übertragen möge, und der geldbedürftige König hatte kein Bedenken, es ihm zu gewähren. Das Geld wurde wahrscheinlich von dem in dem Tempel niedergelegten Schatz Hyrkanos' genommen. Was tat Onias, welcher nach Antiochien gereist war, um Klagen gegen seine Feinde und die Ruhestörer anzubringen? Traf er Seleukos noch am Leben, oder kam er während des Thronwechsels in der syrischen Hauptstadt an? Seine Untätigkeit gegenüber den Wühlereien der Griechlinge, die ihm seine Würde geraubt hatten, bleibt auffällig, es sei denn, daß dieselben ihn bei dem neuen [272] König als Parteigänger der Ptolemäer verläumdet haben, und er statt Ankläger als Angeklagter dastand. Der zweite Schritt der Griech linge oder des Hohenpriesters Jesua-Jason war, von Antiochos zu erbitten, daß diejenigen Judäer, welche in den griechischen Kampfspielen geübt sein sollten, als Antiochenser oder Mazedonier oder als gleichberechtigte Vollbürger angesehen und zu allen gemeinsamen öffentlichen Zusammenkünften und Spielen der Griechen zugelassen werden sollten12. Diese machten stets aus den Spielen Ernst und betrachteten sie als Lebenszweck. Die in Palästina und Phönizien angesiedelten Griechen unterhielten durch die Verpflanzung der olympischen Spiele nach Ablauf von je vier Jahren in die Barbarenländer das nationale Band gemeinsamer Abstammung. Wer von Nichtgriechen zur Teilnahme an denselben zugelassen wurde, fühlte sich dadurch, als des griechischen Adels teilhaftig, außerordentlich geehrt. Jason und die Hellenisten beabsichtigten mit der Einführung der Gymnasien in Jerusalem damit auch den Judäern das höhere griechische Bürgerrecht zu verschaffen und dadurch den Haß und die Verachtung, unter denen sie zu leiden hatten, zu vermindern. Sobald Antiochos ihnen dieses Vorrecht erteilt hatte, ließ es sich Jason angelegen sein, die Übungen anzustellen, die zur Beteiligung an den olympischen Spielen nötig waren. Der Hohepriester richtete (um 174) in der Birah oder Akra, nordwestlich vom Tempel, einen Platz für solche Übungen ein, ein Gymnasium für Jünglinge und eine [273] Ephebie für Knaben13. Wahrscheinlich wurden griechische Lehrer gemietet, den judäischen Jünglingen und Männern die Kampfspiele beizubringen. Diese bestanden in raschem Wettlauf in einem Stadium, in Springen, Ringen, in geschicktem Werfen einer schweren Scheibe und in Faustkämpfen14.

Bald zeigte sich aber die Unverträglichkeit solcher Spielereien, die einer ganz anderen Lebensrichtung entstammten, mit dem Judentum. Die Übungen in solchen Wettkämpfen mußten nackt ausgeführt werden, so erforderte es die griechische Sitte. Die judäischen Jünglinge, die sich dazu hergaben, mußten sich demnach im Anblick des Tempels, in welchem nicht einmal Stufen zum Altare führen durften, damit die Blöße des Körpers nicht sichtbar werde, über das Schamgefühl hinwegsetzen. Aber ein anderes Schamgefühl beschlich sie. Bei der Entblößung des Körpers kam das Bundeszeichen zum Vorschein, woran sie von den Gliedern anderer Völker sofort kenntlich waren. Sollten sie damit an den olympischen Spielen teilnehmen und sich dem Gelächter der spottsüchtigen Griechen aussetzen? Aber auch darüber setzten sie sich hinweg; sie machten sich eine künstliche Vorhaut (ἀκροβυστία)15 und unterzogen sich einer schmerzlichen Operation, um nur äußerlich nicht als Judäer zu erscheinen. Bald drängten sich Jünglinge zum Gymnasium, und die jungen Priester vernachlässigten den Tempeldienst, um an den Übungen der Palästra und des Stadiums teil zu nehmen. Die Frommen sahen mit Schrecken die Entfremdung vom eigenen Wesen, den Abfall von dem väterlichen Gesetze und die Hingebung an die fremden Sitten, aber sie schwiegen. Indessen selbst Jasons Gesinnungsgenossen waren mit seinem Anschmiegen an das Fremde, sobald es zur Verleugnung des Grundwesens des Judentums führte, unzufrieden. Als nämlich in Tyrus die olympischen Spiele gefeiert wurden (Juni 172)16, bei welcher [274] Gelegenheit auch dem griechischen Gott Herakles, dem angeblichen Stifter dieser Kampfspiele, geopfert zu werden pflegte, sandte Jason Festgesandte dahin und zwar solche, welche bereits in den Wettkämpfen geübt und dadurch zur vollen Beteiligung daran berechtigt waren. Antiochos Epiphanes war bei diesem Spiele in Tyrus anwesend. Dieser Umstand mag Jason besonders bewogen haben, die Festgesandtschaft zu senden, damit unter dessen Augen zum ersten Male die Lebensgemeinschaft der Judäer mit den Griechen bekundet werden sollte. Er gab auch den dahin abgeordneten Personen, nach der üblichen Sitte, einen Geldbetrag (300 Drachmen, 3300?) mit, welcher zum Festopfer für Herakles verwendet werden sollte. Allein diese, obwohl bereits griechisch geschult und gesinnt, empfanden doch Gewissensbisse, dem Götzen Herakles die Opfergabe zuzuwenden; es schien ihnen eine Beteiligung am Götzendienste und Anerkennung des Gebildes von Marmor als einen Gott. Sie nahmen daher den Auftrag lediglich mit der Bedingung an, daß es ihnen freistehen sollte, die mitgenommene Summe anderweitig zu verwenden. So tiefgewurzelt war der Gottesbegriff des Judentums selbst in dem Herzen solcher, welche dem griechischen Wesen zugetan waren und zur Hellenistenpartei gehörten. Jasons Gesandte gaben das mitgebrachte Geld als Beisteuer zur Flotte, welche Antiochos in Tyrus ausrüsten ließ.

[275] Indessen wuchs die Zwietracht in Jerusalem zu einer solchen Höhe, daß die unheilvollen Folgen nicht ausbleiben konnten. Die verbissenen Hellenisten schmiedeten Ränke, um auch Jason zu stürzen und das Hohepriestertum in ihre Gewalt zu bringen, sei es aus Ehrgeiz oder weil ihnen Onias' Bruder auch noch zu judäisch-national oder nicht tatkräftig genug für den Umsturz der väterlichen Sitten zu sein schien. Einer aus ihrer Mitte, der keinerlei Bedenken kannte, sollte Hoherpriester werden, Onias-Menelaos, ein Bruder jenes Simon, welcher die Angeberei gegen den Tempelschatz und gegen Onias angebracht hatte (o. S. 255). Wenn dieser mit seinem Bruder zugleich ausgewiesen war, so ist er wohl unter Antiochos Epiphanes und unter Jason wieder nach Jerusalem zurückgekehrt. Mit diesem war er zum Scheine verbündet. Jason sandte durch ihn die versprochenen jährlichen Leistungen an den König. Aber bei dieser Gelegenheit versprach Menelaos Antiochos dreihundert Talente mehr jährlich zu steuern, wenn er zum Hohenpriester eingesetzt werden würde, und rühmte sich seines großen Ansehens, welches ihn in den Stand setzen würde, tatkräftiger als Jason für die Sache des Königs zu wirken. Antiochos hatte kein Bedenken, dem Mehrbietenden die Hohepriesterwürde zu übertragen (172-171). Er sandte zugleich einen seiner Beamten Sostrates mit einer Schar cyprischer Soldaten nach Jerusalem, um jeden Widerstand gegen seine Anordnung niederzuschlagen und die pünktliche Leistung der verheißenen Summe zu überwachen. Sostrates legte die Soldaten in die befestigte Akra, um die Bewohner Jerusalems im Zaum zu halten und erklärte die Amtsentsetzung Jasons auf königlichen Befehl. Dieser entfloh oder wurde aus Jerusalem verbannt, begab sich jenseits des Jordans in das Land Ammonitis, welches unter einem nabatäischen Fürsten Aretas stand, und wurde von diesem freundlich aufgenommen17.

Infolge dieser Veränderung vermehrten sich nur die Wirren in Jerusalem. Der größte Teil des Volkes war empört darüber, daß Menelaos, der nicht von der hohenpriesterlichen Familie, ja wahrscheinlich nicht einmal von ahronidischem Stamme, sondern ein Benja minite18 war, und dessen Abneigung gegen die väterlichen Sitten [276] bekannt war, mit der heiligen Würde des Hohenpriestertums bekleidet sein sollte. Die geheiligte Ordnung war dadurch umgekehrt. Wohin sollte dieser Bruch mit der Vergangenheit führen? Selbst Bewunderer des griechischen Wesens und Neuerungssüchtige waren mit Menelaos' Wahl zum Hohenpriester unzufrieden. Es waren teils die Anhänger Jasons, die mit Unmut dessen Amtsentsetzung ertrugen, teils die Halben, welche mit dem Judentum nicht völlig brechen mochten. Die Unzufriedenen mußten aber an sich halten, weil sie den anwesenden syrischen Beamten und die unter ihm stehende cyprische Truppe fürchteten. Aber es herrschte in den Gemütern eine so tiefe Aufregung, daß sie bei der ersten Gelegenheit zum Ausbruch kommen mußte. Menelaos führte sie herbei. Er hatte dem König als Entgelt für das Diadem mehr versprochen, als er halten konnte. Darüber war Antiochos erzürnt und lud ihn, sowie den gegen ihn nachsichtigen Sostrates zur Verantwortung vor sich. Er mußte sich also in Antiochien einstellen, ließ seinen ihm an Gesinnungslosigkeit ähnlichen Bruder Lysimachos als Stellvertreter zurück und entwendete aus dem Tempel Weihgeschenke, aus deren Erlös er die rückständige Summe zu ergänzen beabsichtigte. Er traf glücklicherweise den König nicht an, der inzwischen nach Cilicien gezogen war, um dort ausgebrochene Unruhen zu dämpfen, und einen seiner Günstlinge, Andronikos, als seinen Stellvertreter hinterlassen hatte. Diesen wußte Menelaos durch kostbare Weihgeschenke aus dem Tempel für sich zu gewinnen. Von dieser Freveltat erfuhr der abgesetzte edle Hohepriester [277] Onias III., welcher noch immer in Antiochien weilte. Er erfuhr auch, daß der Schändliche andere Tempelgefäße in Tyrus und anderen phönizischen Städten zu Geld geschlagen hatte. Ereifert darüber, klagte er Menelaos des Tempelraubes an, einer Untat, welche damals auch unter den Griechen als außerordentlich sträflich und verdammlich galt. Das beschleunigte aber seine Todesstunde. Denn Menelaos verständigte sich mit Andronikos, ihn aus dem Wege räumen zu lassen, ehe der König zurückkehrte und Kunde von dem Tempelraube und der damit getriebenen Bestechung erhielte. Da Andronikos selbst dabei beteiligt war, so war er gleich bereit, Onias unschädlich zu machen, lockte ihn mit Beteuerungen und Eiden aus dem Asyl des Apollo-Tempels Daphne bei Antiochien, wohin sich der Bedrohte geflüchtet hatte, und tötete ihn auf der Stelle (171)19. Das war eine neue Freveltat des Menelaos zu den bisherigen hinzugefügt. Die Mordtat an dem frommen Hohenpriester machte Aufsehen selbst unter den Griechen in Syrien, so daß Antiochos genötigt war, nach seiner Rückkehr den Mörder Andronikos zu bestrafen.

Indes mußte Menelaos, obwohl er seinen Ankläger hatte stumm machen lassen, darauf bedacht sein, den König zu befriedigen und ihn in guter Stimmung zu erhalten. Um hinreichende Mittel zu haben, ließ er durch seinen Bruder Lysimachos, der als stellvertretender Hoherpriester zurückgeblieben war, noch mehr kostbare Weihgeschenke aus dem Tempel entwenden und in seine Hände befördern. Diese Beraubung des Tempels konnte nicht unbemerkt bleiben, und als sie kund und auch der Täter bezeichnet wurde, entstand eine Erbitterung gegen ihn, die in Tätlichkeit überging. Auch das Volk außerhalb Jerusalems20, als es die Schändlichkeit der beiden Brüder vernommen hatte, strömte nach Jerusalem und, mit den Bewohnern der Hauptstadt vereint, bedrohte es den Tempelschänder mit dem Tode. Lysimachos bewaffnete aber seine Anhänger – wahrscheinlich überschätzt auf dreitausend angegeben – und stellte an ihre Spitze einen Führer Namens Avran21, einen Gesinnungsgenossen und alten Sünder. [278] Das waffenlose Volk ließ sich aber nicht von den Bewaffneten abschrecken, sondern stürmte auf sie mit Steinen und Stöcken ein, blendete sie mit Aschenhaufen, die es gegen sie streute, tötete viele, warf andere zu Boden oder schlug sie in die Flucht. Lysimachos selbst wurde in der Nähe des Tempelschatzes erschlagen. Menelaos erhob selbstverständlich eine Anklage22 gegen die Aufständischen in Jerusalem vor dem König, und dieser veranstaltete eine Gerichtssitzung zur Vernehmung der Anklage und Verteidigung in Tyrus. Drei Männer vom Rate, welche das Volk zu diesem Zwecke abgeordnet hatte, setzten die Schuld Lysimachos' und seines hohenpriesterlichen Bruders an dem Tempelraub und an der dadurch veranlaßten blutigen Fehde in Jerusalem so überzeugend auseinander, daß der Urteilsspruch ungünstig für Menelaos hätte ausfallen müssen. Da wußte der an Erfindungen nicht verlegene Menelaos einen Wicht seinesgleichen in sein Interesse zu ziehen, Ptolemäos, Sohn des Dorymenes, dessen Stimme beim König Gewicht hatte. Dieser machte die Schale an der Wage der Gerechtigkeit zugunsten des Schuldigen sinken23. Vom hohen Richterstuhle aus sprach Antiochos den Verbrecher Menelaos frei und verurteilte die drei Abgeordneten Jerusalems, welche dessen Schuld sonnenklar bewiesen hatten, zum Tode. Die Tyrier, Zeugen dieser Rechtsverhöhnung, bezeugten ihren Unwillen dagegen durch sympathische Teilnahme an dem Leichenbegängnis der drei edlen Männer, welche wegen ihrer Verwendung für ihr Volk, ihre Stadt und ihr Heiligtum den Tod erlitten hatten. Menelaos und die Bosheit triumphierten. Er behielt die Herrschaft über das Volk, das ihn ingrimmig haßte. Um diesem Hasse nicht zu erliegen, plante er neue Ränke und Freveltaten.

Er träufelte das Gift der Verleumdung in das Ohr des Königs Antiochos gegen seine Feinde, d.h. gegen das ganze Volk. Auf der [279] einen Seite brachte er die Anschuldigung vor, daß seine Feinde, welche seinen Bruder und dessen Anhänger mit Steinen und Knütteln getötet und ihn selbst angeklagt hatten, Parteigänger des ägyptischen Hofes wären und ihn nur darum verfolgten, weil er ihren Parteibestrebungen entgegen sei. Auf der anderen Seite verleumdete Menelaos, der bestallte Hohepriester, das ganze Judentum; das Gesetz, das Mose dem judäischen Volk gegeben, sei voll von Menschenhaß, es verbiete an der Tafel von Genossen anderer Völker sich zu beteiligen und Fremden Wohlwollen zu erweisen. Dieses Gesetz des Menschenhasses müsse aufgehoben werden24. Da Antiochos damals alle seine Gedanken darauf richtete, Ägypten zu erobern, um es mit seinem Reiche zu vereinigen und solchergestalt durch Zuwachs an Land, Reichtum und Macht den Römern die Spitze bieten zu können, fanden Menelaos' Verleumdungen bei ihm Gehör, und er beobachtete die Judäer mit argwöhnischem Auge. Es konnte ihm nicht gleichgültig sein, während er einen gefahrvollen Zug gegen Ägypten unternahm, einen Feind im Rücken zu wissen, der, durch seine übrigen Feinde verstärkt, ihm gefährlich werden könnte. Antiochos scheint [280] damals eine stärkere Besatzung in die Akra Jerusalems gelegt zu haben25, um die Jerusalemer und ihre etwaigen feindlichen Absichten gegen ihn zu überwachen und zu vereiteln.

Endlich unternahm er den längst gehegten Plan26, Ägypten mit Krieg zu überziehen, in Vollzug zu setzen. Vorwand zum Kriege gibt es immer und hat auch dem schlauen Antiochos nicht gefehlt. Seine Schwester Cleopatra, an Ptolemäus V. verheiratet, dem sein Vater die Einnahme von Cölesyrien als Mitgift zugesagt hatte, war gestorben und hatte zwei unmündige Söhne hinterlassen: Philometor und Physkon, von denen der erstere als König galt, an dessen Stelle regierten aber der Eunuche Euläus und ein zweiter Vormund Lenäus. Haben diese noch weiter auf die Einnahmen von Cölesyrien gedrungen, oder haben sie ruhmredig verbreitet, sie würden den einst zu Ägypten gehörenden Landstrich ganz und gar für ihre Mündel in Besitz nehmen? Genug, Antiochos gab vor, er müsse einem gegen ihn beabsichtigten Krieg zuvorkommen, und sammelte Truppen, um einen Einfall in Ägypten zu machen. Er zauderte aber lange mit dem Angriff aus Furcht vor den Römern. Als diese sich aber immer tiefer in einen neuen Krieg mit Perseus, König von Mazedonien, verwickelten, und die römischen Heeresabteilungen Schlappe auf Schlappe erlitten, wagte er endlich, die ägyptische Grenze zu überschreiten (Herbst 170)27, verfehlte aber nicht, Gesandte an den allmächtigen römischen Senat zu senden, um seinen Schritt zu beschönigen. Bei Pelusium schlug Antiochos das ägyptische Heer und drang immer tiefer in das Land ein. Die beiden Vormünder entflohen mit dem jungen König Philometor nach Samothracien28. [281] Darauf bemächtigte sich Antiochos des ganzen nördlichen Ägyptens und rückte vor Alexandrien, um dieses zu belagern. Die Einwohner wählten indes den jüngeren Bruder Ptolemäus Physkon zum König und verteidigten die Stadt mit solcher Standhaftigkeit, daß der syrische König an ihrer Eroberung verzweifelte. Er knüpfte daher Unterhandlungen mit dem älteren Bruder an, ließ ihn nach Ägypten kommen, schloß einen Vertrag mit ihm und gab vor, den Krieg nur zu dessen Nutzen fortsetzen zu wollen. Doch mochte er Pelusium nicht räumen. »An einer Tafel (speisend) belogen die beiden Könige einander«29.

Antiochos war aber gezwungen, Frieden zu machen und sich mit Philometor zu vertragen. Rom, das er durch den Krieg beschäftigt und zerstreut glaubte, beobachtete ihn auf Schritt und Tritt und gab ihm durch Winke, die er nicht mißverstehen konnte, zu erkennen, daß es seine Eingriffe in Ägypten mit Mißfallen betrachte30. Er konnte sich daher seines scheinbaren Sieges nicht erfreuen, zumal er Alexandrien, Hauptstadt und Schlüssel des ganzen Landes, nicht einnehmen konnte.

In Judäa folgte man dem Ausgange dieses Krieges mit äußerster Spannung. Siegte Ägypten, so wäre Aussicht vorhanden, daß die trüben Mißstände ein Ende nehmen würden, die durch den aufgezwungenen, verhaßten Hohenpriester herbeigeführt waren. Der ägyptische Hof begünstigte die nationaljudäische Partei und nahm die vor der Tyrannei Antiochos' und Menelaos' dahin geflüchteten Vaterlandsfreunde auf, unter denen sich der junge Sohn des auf eine so empörende Weise umgekommenen edlen Hohenpriesters Onias III., ebenfalls Onias genannt, befand, der mit Aufmerksamkeit behandelt wurde31. Mit ängstlicher Spannung lauschte man daher in Judäa jeder Nachricht über den Fortgang des Krieges in Ägypten. Da verbreitete sich mit einem Male das Gerücht, daß Antiochos gefallen sei, und es regte die Gemüter aufs Tiefste auf. Der abgesetzte Hohepriester Jason-Jesua eilte von Ammonitis, wo er Schutz gefunden hatte, nach Jerusalem und führte eine Schar von ungefähr tausend Mann mit sich, um sich der Stadt zu bemächtigen. Menelaos ließ selbstverständlich die Tore Jerusalems verrammeln und von der Mauer gegen die anrückende Schar kämpfen. So brach denn ein förmlicher Bürgerkrieg aus, herbeigeführt durch den Ehrgeiz zweier [282] Männer, welche nach der Hohenpriesterwürde, als Mittel zur Macht, gelüsteten. Indessen da nur die wenigsten der Bewohner Jerusalems dem verhaßten Menelaos beistanden, so gelang es Jason mit seiner Schar in Jerusalem einzudringen, und er soll ein Blutbad in der Stadt, wahrscheinlich unter den wirklichen oder vermeintlichen Anhängern Menelaos', angerichtet haben. Dieser selbst suchte Schutz hinter den Mauern der Akra32. Jason scheint auch auf diesen befestigten Platz Angriffe gerichtet zu haben.

Inzwischen zog Antiochos von Ägypten ab mit der reichen Beute, die er da gemacht hatte (169), vielleicht um neue Truppen zur Verstärkung seines Heeres zu sammeln. Da er von den Vorgängen in Jerusalem vernommen hatte, schwoll sein Zorn gegen das judäische Volk und gegen das heilige Bündnis des Judentums33. Seine harte, boshafte, unmenschliche Natur, die er selbst in seiner Verstimmung über die Erfolglosigkeit seines Feldzuges in Ägypten aus Furcht vor den römischen Aufpassern, und um die Bevölkerung nicht gegen sich zu reizen, verbergen und an sich halten mußte, machte sich gegen die Judäer Luft. Er überfiel Jerusalem plötzlich, richtete ein Blutbad unter den Bewohnern an, schonte weder Alter, noch Jugend, noch das schwache Geschlecht, unterschied nicht Freund von Feind, drang in den Tempel und in das Allerheiligste, um seine Verachtung gegen den Gott, der darin verehrt wurde, kund zu geben, ließ alles Wertvolle daraus entfernen, den goldenen Altar, Leuchter, Tisch, alle goldenen Geräte und den Tempelschatz, so viel davon noch übrig geblieben war. Menelaos diente ihm als Führer bei dieser Tempelschändung34. Gegen den Gott Israels, dessen Allmacht seine Bekenner so sehr priesen, und der den von ihm ausgeübten Freveltaten gegenüber ohnmächtig schien, stieß er mit frechem Munde höhnische Lästerungen aus35. Um den Mord an Unschuldigen und den Tempelraub zu beschönigen, verbreitete er eine Lügengeschichte, zusammengewoben aus Selbsttäuschung, Eingebungen seines Helfershelfers Menelaos und geflissentlicher Erfindung, welche das Judentum unter den gebildeten Völkern für eine geraume Zeit in Verruf brachte. Antiochos verbreitete, er habe im Allerheiligsten des Tempels das steinerne Bild eines Mannes mit einem langen Barte wahrgenommen. Dieses Bild habe auf [283] einem Esel gestanden und habe ein Buch in der Hand gehalten. Er habe es für ein Abbild des Gesetzgebers Mose gehalten, welcher den Judäern menschenfeindliche, abscheuliche Gesetze gebracht, sich von allen Völkern fern zu halten und ihnen kein Wohlwollen zu erweisen. Hatte Antiochos wirklich ausgesprengt, das steinerne Bild auf einem Esel im Tempel gesehen zu haben? Oder verstand er darunter eine Unterlage von Stein, die sich allerdings im Allerheiligsten befand? Genug, es wurde unter Griechen und Römern verbreitet, Antiochos habe im Tempel einen Eselskopf aus Gold gefunden, dem die Judäer eine hohe Verehrung zollten, daß sie also Eselsanbeter wären36. Antiochos hat wahrscheinlich noch eine andere abscheuliche Lüge zur Anschwärzung der Judäer verbreitet oder wenigstens Veranlassung dazu gegeben, er habe im Tempel einen Griechen in einem Bette liegend gefunden, der ihn angefleht habe, ihn zu befreien. Denn er werde an einem abgeschlossenen Orte aufbewahrt und genährt, um an einem bestimmten Tage geopfert zu werden. Jedes Jahr pflegten die Judäer einen Griechen auf dieselbe Weise zu schlachten, von dessen Eingeweiden zu kosten, dabei Haß gegen die Griechen zu schwören und den Vorsatz zu fassen, sie zu vertilgen37. Mag diese giftige Verleumdung gegen die Judäer unmittelbar von Antiochos ausgegangen sein, oder mögen Lügenschmiede sie ihm in den Mund gelegt haben, er hat jedenfalls dem Judentum einen unheilvollen Leumund ausgestellt, als wenn es Lieblosigkeit gegen andere Völker lehre und empfehle, und das hat ihm ohne Zweifel der verruchte Menelaos beigebracht. Das war die Errungenschaft aus der seit einem halben Jahrhundert mit Preisgebung der Sitte und der Sittlichkeit ersehnten und erstrebten Gemeinschaft mit den Griechen!

Ein Trauerschleier war über Jerusalem gebreitet, und das Haus Jakob war mit Schmach bedeckt. »Führer und Ratsälteste stöhnten, Jünglinge und Jungfrau en verhüllten sich, die Schönheit der Frauen war entstellt, der Bräutigam erhob Klage statt des Gesanges, und die Braut im Brautgemache war in Trauer38.« Das war aber noch lange nicht das Ende, es sollten noch traurigere Tage über Judäa hereinbrechen. Abermals unternahm Antiochos einen Kriegszug nach Ägypten, und zum zweiten Male sollte das judäische Volk seinen Unmut über die Erfolglosigkeit desselben empfinden. Die beiden königlichen Brüder, Philometor und Physkon, hatten sich durch Vermittelung [284] ihrer Schwester und der Römer versöhnt. Der erstere wurde von der Stadt Alexandrien als König aufgenommen. Darüber war Antiochos ergrimmt. Er gedachte nämlich den unbeholfenen und feigen Philometor als Werkzeug zu gebrauchen und vermittelst seiner Ägypten zu beherrschen. Da die Römer immer noch in den mazedonischen Krieg verwickelt waren, so glaubte er einen zweiten Einfall in Ägypten wagen zu dürfen (168)39. Antiochos rückte ohne Widerstand tief in Ägypten ein und drang abermals bis in die Nähe Alexandriens. Die Könige von Ägypten hatten indes Gesandte nach Rom gesandt und flehentlich um Hilfe gebeten, daß der Senat sie nicht verlassen möge. Drei römische Abgeordnete wurden hierauf beauftragt, sich zu Antiochos zu begeben, und ihm Einhalt zu gebieten, hatten aber die geheime Weisung, unterwegs so lange zu zaudern, bis der mazedonische Krieg eine günstige Wendung für die Römer genommen haben würde. Dieser wurde durch die glückliche Schlacht bei Pydna, durch die Niederlage des mazedonischen Heeres und die Flucht des Königs Perseus entschieden (22. Juni 168). Sofort reisten die drei römischen Herren in Antiochos' Lager und überbrachten ihm den Befehl des Senats, Ägypten binnen kurzer Frist zu räumen. Als sich der syrische König Bedenkzeit ausbat, zog einer der Römer, der barsche Popillius Länas, einen Kreis mit dem Stabe und bedeutete ihn, ehe er diesen Kreis verließ, sich zu erklären, ob er Freundschaft mit Rom oder Krieg vorziehe. Antiochos kannte die Unerbittlichkeit der römischen Befehle und entschloß sich, sofort abzuziehen (gegen Ende Juni 168). Ein Wink von einem Vertreter Roms hatte genügt, ihm seine ganze Ohnmacht und die Eitelkeit seiner schlau berechneten Entwürfe erkennen zu lassen. Verstimmt, erzürnt und mit sich zerfallen über die erfahrene Demütigung, kehrte Antiochos »der Erlauchte« in seine Hauptstadt zurück40. Das Gefühl seiner Demütigung peinigte ihn um so schmerzlicher, als er den Römern gegenüber Zufriedenheit und Freundlichkeit heucheln mußte.

Diesem verhaltenen Ingrimm machte er abermals durch Grausamkeiten unerhörter Art an den Judäern Luft. Hatten sie wieder Schadenfreude über seine Demütigung empfunden und kund gegeben? Hatten sie zu laut gesprochen, daß ihr Gott, der die Hochmütigen erniedrigt, über ihn diese Demütigung gebracht hat? Was mag sonst seine Wut so gestachelt haben, daß er mit kaltem Blute einen Massenmord in Jerusalem anbefohlen hat? Hat er die Mehrzahl der Bewohner [285] für Anhänger der Ptolemäer gehalten und sich durch ein Blutbad unter ihnen an diesen seinen Feinden rächen wollen? Selbst der Eroberer Jerusalems nach langer Belagerung, Nebukadnezar, hat nicht solche Blutbefehle erlassen wie Antiochos. Mit freundlichen Worten, scheinbar in friedlicher Absicht, kam einer seiner Fürsten, Apollonios, früher Statthalter von Mysien (Mysarches), in die judäische Hauptstadt mit verwilderten Truppen, und plötzlich, an einem Sabbat, als an Gegenwehr mit Waffen nicht zu denken war, überfiel die an Blutvergießen gewöhnte griechische oder mazedonische Söldnerschar die Einwohner, tötete die ergriffenen Männer und Jünglinge, machte Frauen und Kinder zu Gefangenen und schickte sie auf die Sklavenmärkte41. Verschont wurden wohl lediglich die wütenden Griechlinge, Menelaos' Parteigenossen42. Auch viele Häuser der Hauptstadt ließ er zerstören und die Mauern Jerusalems niederreißen43. Es sollte aus der Reihe der angesehenen Städte schwinden. Warum hätte der Wüterich und seine wilde Schar das Heiligtum verschonen sollen? Allerdings zerstören sollten sie es nicht; Antiochos hatte eine Absicht, es zu einem anderen Zwecke bestehen zu lassen. Aber sie ließen ihre Wut an den Außenwerken aus, verbrannten die Holztore und zertrümmerten die Hallen mit Beil und Hammer. Die Erinnerung hat den Namen eines dieser Wüteriche erhalten, welcher Feuer an die Tore angelegt hat, er hieß Kallisthenes44. Zu rauben gab es nichts mehr im Tempel. Der Kostbarkeiten hatte Antiochos ihn schon früher beraubt. Es gelang Apollonios, nach dem Wunsche seines Herrn die heilige Stadt öde zu machen; die Einwohner, so weit sie der Tod verschont hatte, entflohen zu ihrer Rettung. Nur die Hellenisten, die syrischen Soldaten und die Fremden bewegten sich in den verödeten Plätzen. »Jerusalem wurde ihren Kindern fremd.« Auch der Tempel wurde vereinsamt. Die treuen Priester und Leviten verließen ihn, und die Griechlinge kümmerten sich wenig darum. Ihr Tummelplatz war eine andere Stätte in Jerusalem, die Akra. Hier lag die verstärkte syrische Besatzung, und hier hausten die Hellenisten. Um sie vor jedem Angriff zu schützen, wurde sie mit hohen und starken Mauern und Türmen, so daß sie [286] den Tempel in ihrer Nähe überragte, noch mehr befestigt, und Waffen und Mundvorrat wurde darin aufgehäuft45.

Indessen diese Verödung wurde Menelaos, dem Urheber aller dieser Gräuel, selbst peinlich. Für wen war er Hoherpriester, wenn es keine Tempelbesucher gab, für wen Vorsteher des Volkes, wenn dieses ihm den Rücken kehrte? Es wurde ihm unheimlich, er hörte nur den Widerhall seiner eigenen Stimme. Um dieser peinlichen Lage abzuhelfen, verfiel er auf einen neuen verruchten Ratschlag. Das Judentum, Gesetz, Lehre und Sitte sollten aufgehoben und dessen Bekenner gezwungen werden, den griechischen Kultus anzunehmen46. Antiochos in seiner Verbitterung und in seiner Wut gegen beide, gegen die Judäer und ihre Religion, erfaßte diesen Ratschlag und ließ ihn mit der ihm selbst unter Spielereien und Vermummungen eigenen Zähigkeit ins Werk setzen. Das judäische Volk sollte sich hellenisieren und dadurch zu ihm treu halten, oder, wenn es sich seinen Befehlen widersetzen sollte, dem Tode geweiht werden. Denn diese Widersetzlichen würden eben dadurch ihre Abneigung gegen ihn und ihre Zuneigung zu dem ihm verhaßten ägyptischen Hof bekunden. Aber nicht bloß dem judäischen Volke wollte er damit beikommen, sondern auch die Ohnmacht des Gottes, dem es so treu anhing, offenkundig machen. Ihm, dem die Götter seiner Väter gleichgültig waren, und der überhaupt vor keinem göttlichen Wesen Scheu hatte, klang es wie ein Hohn gegen ihn, wenn das judäische Volk im großen und ganzen in den blutigen Verfolgungen, die er bereits über dasselbe verhängt hatte, noch immer auf den Gott seiner Väter hoffte, daß er den hochmütigen Lästerer zerschmettern werde. Diesen Gott Israels wollte er herausfordern und ihn überwinden. So erließ Antiochos einen Befehl, durch Boten für alle Städte Judäas überbracht, daß sämtliche Judäer aufhören sollten, die Gesetze ihres Gottes zu befolgen, und nur den griechischen Göttern fortan opfern sollten. Überall sollten Altäre und Götzenbilder zu diesem Zwecke errichtet werden. Um das Judentum so recht ins Herz zu treffen, verordnete Antiochos, daß unreine Tiere und besonders Schweine, die Tiere, welche nach dem Gesetze und der eingelebten Gewohnheit als besonders unrein galten, als Opfer dargebracht werden sollten47.

Dreierlei Zeichen des religiösen Lebens, wodurch die Judäer sich [287] augenfällig von den Heiden unterschieden, wurden besonders bei schwerer Strafe untersagt: die Anwendung der Beschneidung, die Beobachtung des Sabbats und der Feiertage durch Ruhenlassen der Arbeit und festliches Begehen derselben, und endlich die Enthaltung von verbotenen Speisen48. Mit dem Befehl wurden Beamte betraut, die Vollstreckung desselben zu überwachen. Es waren hartherzige Schergen, welche mitleidlos jede Übertretung des königlichen Machtgebotes mit dem Tode bestraften49.

Der Anfang wurde mit dem Tempel in Jerusalem gemacht. Antiochos sandte eigens einen angesehenen Antiochenser50 dahin, um das Heiligtum dem olympischen Zeus, dem von allen griechischen Stämmen anerkannten Aftergott, zu weihen. Diese Weihe oder Entweihung des Heiligtums veranstaltete der Abgeordnete auf eine Weise, welche darauf berechnet war, das Herz der Treuen oder richtiger des ganzen Volkes, von dem die Griechlinge nur einen Bruchteil bildeten, mit schneidenden Messern zu zerfleischen. Ein Schwein wurde auf dem Altar im Vorhofe geopfert, dessen Blut an denselben und im Allerheiligsten auf den Stein, den Antiochos für Moses Bildnis angesehen, gesprengt, dessen Fleisch gekocht und mit der Brühe die Blätter der Thora, der heiligen Schrift, begossen. Von dem gekochten Schweinefleisch mußte der sogenannte Hohepriester Menelaos und andere judäische Hellenisten genießen51. Das Schweinefleisch mag ihnen durch die Gewohnheit Ekel eingeflößt haben; sie wurden indes gezwungen, ihn zu überwinden. Die Thorarolle, welche im Tempel gefunden wurde, hat der Antiochenser wohl nicht bloß besudelt52, sondern auch verbrannt, weil sie – die Erzieherin zur sittlichen Reinheit und zur Menschenliebe –, nach der Meinung des Antiochos und seinem erlogenen Vorgeben, Menschenhaß lehre. Es war ihre erste[288] Feuertaufe. Dann wurde das Bildnis des Zeus53 auf dem Altar errichtet, der »Greuel der Verwüstung«, dem fortan geopfert werden sollte (am 17. Tammus = Juli 168)54.

So war denn der Tempel Jerusalems, die einzige Stätte auf Erden für Heiligkeit, gründlich entweiht, auch wenn er nicht ein Tummelplatz der Ausschweifenden geworden wäre, die in seinen Hallen Schmausereien und Ungebührlichkeiten mit ihren Freundinnen getrieben haben55. Der Gott Israels war scheinbar von dem Zeus Hellas' daraus verdrängt worden. Allerdings war der Tempel in früher Zeit öfter durch scheußliche Götzenbilder entheiligt worden; die Könige Achas und Manasse hatten dem assyrischen Heidentum die Pforten desselben weit geöffnet. Aber sie taten es in einer gewissen Harmlosigkeit, in Unkenntnis des Gesetzes und des Unterschiedes der eigenen[289] und fremden Religionsform. Sie glaubten an die höhere Macht der assyrischen Götter. Menelaos und seine priesterlichen56 Gesellen dagegen glaubten ebensowenig an Zeus, wie an den Gott Israels, sie wollten lediglich das judäische Volkstum völlig vernichtet wissen. Mit diesem Volkstum waren aber die eigene Gottesverehrung und der Tempel eng verknüpft. Darum regten sie diese Entweihung mit vollem Bewußtsein an. – Wie nahm das Volk diese beispiellose Schändung auf? Wie wird es sich gegenüber den strengen Befehlen des herzlosen Königs und seiner Schergen verhalten, es zu entnationalisieren und von seinem Gotte loszureißen? Eine schwere, verhängnisvolle Prüfung war ihm auferlegt. Es sollte nicht bloß mit seiner Vergangenheit brechen, sondern auch mit seinen Lebensgewohnheiten. Der Tod durch Henkers Hand drohte allen denen, welche das Judentum öffentlich bekannten. Sie durften sich nicht einmal Judäer nennen57, und, wie es scheint, nicht einmal ihre eigene Sprache mehr sprechen58.

Siegreich hat das judäische Volk diese erste Prüfung überstanden und sein Bündnis mit seinem Gott und seinen Gesetzen mit Märtyrerblut besiegelt. Die Judäer, welche in syrischen, phönizischen Städten zerstreut und in nächster Nachbarschaft mit Griechen wohnten, und in den Bekehrungszwang eingeschlossen waren59, beugten zwar [290] ihr Haupt, opferten zum Scheine den griechischen Götzen und verheimlichten oder verleugneten ihre Religion. Aber auch unter diesen gab es Treue, welche mit ihrem Leben Zeugnis für die Wahrheit ihrer Lehre ablegten. In Antiochien selbst, unter den Augen des Wüterichs, erduldete ein Greis, namens Eleasar, mit Standhaftigkeit den Martertod, um nicht von dem Fleische der Götzenopfer zu genießen. Man erzählte sich auch in den Kreisen der auswärtigen Judäer von einer judäischen Mutter und ihren sieben Söhnen, wie sie und selbst der jüngste mit fester Überzeugung und mit Todesverachtung der Zumutung zur Übertretung ihres Gesetzes getrotzt haben60. Dieser Märtyrertod der Dulder in den entgegengesetzten Lebensstufen, des einen im Greisenalter und der anderen in zarter Jugend, war für die auswärtigen Judäer unter griechischer Herrschaft ein erhebendes Beispiel. Die aufeinanderfolgenden Geschlechter erzählten sich die Geschichte der Standhaftigkeit und schmückten sie so rührend aus, daß sie wie ein Märchen klingt.

In Judäa mehrten sich von Tag zu Tage die Blutzeugen. Die von Antiochos bestellten Aufseher zur Vollstreckung seiner Befehle richteten ihr Augenmerk auf die Landstädte, wohin die Bewohner Jerusalems entflohen waren. Hier errichteten sie bei ihrer Ankunft Altäre und forderten die Bevölkerung im Namen des Königs auf, dem Zeus Schweine zu opfern und von deren Fleisch zu genießen [291] und, wenn der Sabbat eintraf, ihn durch Arbeit zu entweihen. Besonders hielten sie darauf, daß in jedem Monate der Tag durch heidnische Opfer gefeiert werde, auf den Antiochos' Geburtstag zufällig fiel61. An dem Weinfeste der Dionysienfeier oder dem Faßöffnungs-Freudentag, den auch die Judäer schon früher mit Weintrinken und Beschenkung an Freunde zu begehen pflegten (o. S. 233), wurden sie gezwungen in griechischer Weise sich mit Efeu zu bekränzen, Umzüge zu machen und wilde Rufe der ausgelassenen Freude zu Ehren des griechischen Weingottes auszustoßen62. Kam ein solcher Scherge in eine Landstadt und rief die Menge zu sammen, ihren Abfall vom Judentum durch irgend etwas zu betätigen, so fand er nur wenige vor. Die meisten hatten die Flucht ergriffen und in den Höhlen und Schluchten der judäischen Berge oder in der wüsten Gegend am toten Meer Zuflucht gesucht63. Dieser Widerstand gegen seine Befehle reizte Antiochos nur noch mehr, und er erließ Befehle über Befehle, mit der grausamsten Strenge gegen die Ungefügigen zu verfahren. Dadurch verdoppelten die Schergen ihren Verfolgungseifer. Wo sie Thorarollen fanden, zerrissen sie sie in Wut, verbrannten die Teile im Feuer und töteten diejenigen, welche zu ihrem Troste und ihrer Stärkung in dieser blutigen Verfolgung darin lasen64. Alle Bet- und Lehrhäuser im Lande zerstörten sie. Fanden sie schwache Frauen kurz nach ihrer Entbindung, welche in Abwesenheit der Männer ihre jungen Söhne beschnitten hatten, so hängten die Unmenschen sie mit ihren zarten Kindern am Halse an der Mauer der Stadt auf65.

Aber alle diese Unmenschlichkeiten, weit entfernt, das Volk abzuschrecken, machten es nur um so standhafter. Der Tod hatte für viele seinen Schrecken verloren. Manche zogen vor zu sterben, um nicht einmal verbotene Speisen zu genießen66. Diese Standhaftigkeit und diese Seelengröße erweckte und unterhielt der Kreis der strengfrommen Chaßidäer (o. S. 250). Von den Schlupfwinkeln aus machten einzelne aus diesem Kreise auf heimlichen Wegen Ausflüge, drangen in die Städte und Dörfer, riefen die Bewohner zusammen, [292] sprachen mit Glut und Überzeugung, daß Gott sein Volk nicht verlassen, ihm vielmehr zur Zeit unerwartet Hilfe senden werde, ermutigten zur Standhaftigkeit und stärkten die Schwankenden67. Die Wirkung ihrer Predigten war um so größer, als sie mit dem Beispiele des Todesmutes vorangingen68. Diese opferfreudige Hingebung der Chaßidäer ersetzte die künstlerische Beredsamkeit. Wozu bedurfte es der Überredungskunst? Wie bei dem Propheten des Eifers, dem Thisbiten Eliahu, genügte ein treffendes Wort, den rechten Weg zu zeigen, das Wahre vom Falschen, die Kernhaftigkeit des Judentums in seiner einfachen Hülle von dem glitzernden Schein des Griechentums unterscheiden zu lassen.

Bald hatten aber die syrischen Befehlshaber in Jerusalem erfahren, von wo aus der todesmutige Widerstand geleitet wurde; die Schlupfwinkel der Chaßidäer wurden ihnen wahrscheinlich durch verruchte Griechlinge verraten. Sofort eilte der Führer der Besatzungsschar, der Phrygier Philippos, mit seiner Mannschaft, diese Schutzorte aufzusuchen, im Wahne, daß, wenn dieser Hauptherd des Widerstandes verlöscht sein würde, das Volk sich leichter fügen würde. An einem Sabbat ließ er seine Soldaten die Höhlen umzingeln, in welchen sich Männer, Frauen und Kinder an tausend verborgen hielten, forderte sie auf, herauszutreten und sich dem Befehle Antiochos' zu unterwerfen, und verhieß ihnen unter dieser Bedingung das Leben. Einstimmig antworteten alle: »Nein, wir wollen den Befehl nicht befolgen, den Sabbat zu entweihen.« Darauf ließ Philippos seine Schar sich zum Angriff anschicken. Die Chaßidäer sahen ihm mit Standhaftigkeit entgegen, sorgten nicht für Verteidigung, mochten keinen Stein aufheben, um die Eingänge zu den Höhlen zu versperren, um den Sabbat nicht zu entweihen, sondern riefen Himmel und Erde zu Zeugen auf, daß sie unschuldig dem Tode überliefert [293] würden. Und so kamen sämtliche Personen in den Höhlen durch Philippos' Mörderschar um, nicht bloß durch Brände, welche diese in die Öffnung geschleudert hatten, sondern auch durch den Rauch, der eingedrungen war69.

Groß war der Schmerz der treugebliebenen Judäer bei der Nachricht von dem schrecklichen Tode der Männer, welche ihnen als Leuchten und Vorbilder gedient hatten. Auch den Mutigsten sank der Mut. Was soll aus dieser unerträglichen Lage werden? Niederbeugend war besonders für die Treuen der Umstand, daß in dieser unerhörten Heimsuchung kein Zeichen vom Himmel sichtbar wurde, um sie zur Hoffnung aufzurichten, kein Prophet aufstand, um zu verkünden, wie lange diese blutige Verfolgung noch dauern werde. Dem brennenden Schmerz, welchen die Frommen in tiefster Seele über die Verschlossenheit Gottes und sein Schweigen zu dieser Entweihung seines Heiligtums und zu diesem Märtyrertum seiner Diener gab ein Psalm einen das Herz durchwühlenden Ausdruck. Es ist ein Schmerzensschrei aus beklommener Brust.


»Warum, o Gott, hast du auf immer verlassen,

Warum entbrennt dein Zorn gegen die Herde deiner Weide?

Gedenke deiner Gemeinde, die du ehemals erworben, erlöst,

Eingelöst als Stamm deines Erbes, des Berges Zion,

Auf dem du weilest!

Erhebe deine Schritte zu den anhaltenden Verwüstungen.

Alles hat der Feind im Heiligtum zertrümmert.

Es toben deine Widersacher inmitten deiner Versammlungsstätte,

Geben ihre Zeichen als Wahrzeichen aus.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Jetzt haben sie ihre Pforten mit Beil und Hammer zerschlagen,

Haben Feuer an dein Heiligtum gelegt,

Zur Erde entweiht deines Namens Wohnung.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Verbrannten alle Gotteshäuser im Lande.

Unsere Zeichen haben wir nicht gesehen,

Kein Prophet ist mehr bei uns,

Und keiner bei uns zu wissen, wie lange.

Wie lange soll der Dränger lästern,

Der Feind für immer deinen Namen höhnen?

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gott, du mein König aus der Urzeit,

Wunder tuend in der Mitte der Erde,

[294] Du hast mit deiner Macht das Meer zerteilt,

Hast der Ungetüme Häupter in dem Meere zertrümmert.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Du hast Quell und Fluß gespalten,

Du hast ausgetrocknet ewige Ströme.

Dir der Tag, auch die Nacht dir,

Du hast Licht und Sonne geschaffen,

Du hast alle Grenzen der Erde fest begründet,

Sommer und Winter du gebildet.

Gedenke des, daß der Feind dich, Ihwh, gelästert,

Und ein verworfenes Volk höhnt deinen Namen.

Gib nicht dem Tode preis das Leben deiner Taube,

Das Leben deiner Dulder vergiß nicht auf immer.

Schau auf das Bündnis;

Denn voll sind des Landes Räume

Von Stätten der Gewalttätigkeit.

Möge der Bedrückte nicht beschämt weichen,

Auf daß der Dulder und Leidende deinen Namen preise.

Auf, Gott! Kämpfe deinen Kampf aus,

Gedenke deiner Schmähung

Aus des Verworfenen Munde immerfort.

Vergiß nicht die Stimme deiner Feinde,

Das Toben deiner Widersacher steigt stets auf70



Fußnoten

1 Seinen Grundcharakter schildert am zutreffendsten Diodor (Excerpta de virtutibus 31, p. 318-322): daß Antiochos' Schaustellung und Prachtliebe nur darauf berechnet waren, Rom über seine Absichten zu täuschen, und daß seine Untertänigkeit gegen Rom nur Maske war: ἦν δὲ οὐ τῇ προαιρέσει τοιοῠτος, ἀλλὰ καὶ τοὐναντίον ἀλλοτριώτατα διέκειτο πρὸς Ῥωμαίους. Alle Torheiten, die er beging, waren darauf berechnet, daß sie in Rom bekannt werden: ἐποίƞσε μƞδὲν ἀγνοεῖν (Ῥωμαίους) τῶν περὶ αὐτόν. Auch das Buch Daniel hebt Antiochos' Schlauheit und Täuschungskunst hervor (8, 25) חילצהו ולכש לעו ודיב המרמ, (11, 23) המרמ השעי... וילא תורבחתה ןמו. Aus diesem Charakterzuge des Antiochos ist seine Doppelnatur verständlich, wovon Diodor das. berichtet. Über seine Exzentrizitäten das.; Polybius 26, 10; 31, 3; Livius 41, 20. Polybius an der ersten Stelle nennt ihn ἐπιμανὴς καὶ οὐκ ἐπιφανὴς διὰ τὰς πράξεις.


2 Diesen Königsmörder Heliodor bezeichnet Appian (de rebus Syriacis 45): τὶς τῶν περὶ τὴν αὐλἠν, d.h. als einen bei Hofe Hochgestellten, purpuratus. Er kann also nicht identisch sein mit dem Tempelräuber Heliodor, der bloß τὶς ἐπὶ τῶν πραγμάτων genannt wird (Makkab. II, 3, 7), d.h. Schatzmeister.

3 Appian das.


4 Daniel 11, 21-24, von wo an Antiochos Epiphanes geschildert wird. הולשב V. 21 und 24 übersetzt die zweite gr. Version (nicht die LXX, d.h. Theodotion) ἐξάπινα, und diese Übersetzung ist die richtige; es ist das hebraisierte aramäische Adverb. אילש ןמ oder אילשב »plötzlich«. V. 22 scheint versetzt und hinter V. 24 zu gehören.


5 Polybius 26, 10.


6 Livius 41, 20.


7 Das. et Antiochiae Jovis Capitolini magnificum templum (exornavit), non laqueatum tantum, sed parietibus totis lamina inauratum. Darauf bezieht sich ohne Zweifel Daniel 11, 38 דבכי ונכ לע םיזעמ הלאלו 'וגו ףסכבו בהזב דבכי ויתובא והועדי אל רשא הולאלו. Das schwierige Wort םיזעמ könnte vielleicht die Übersetzung von Capitolia sein. Auch V. 39, wo ebenfalls םיזעמ und רכנ הולא vorkommt, spielt wohl darauf an, doch ist die Konstruktion nicht durchsichtig genug.


8 Makk. II, 4, 30.


9 Appianus, de rebus Syriacis 45.


10 Daniel 11, 37.


11 Josephus Altert. XII, 4, 11.

12 Makkab. II, 4, 9 ist angegeben, daß Jason Antiochos 150 Talente besonders versprochen habe für die Erlaubnis, ein Gymnasium und eine Ephebie zu erbauen. Brauchte er dazu ein besonderes Privilegium? Die Erlaubnis bezieht sich aber auf den Umstand καὶ τοὺς ἐν Ἱεροσολύμοις Ἀντιοχεῖς ἀναγράψαι. Das kann nur so verstanden werden, daß die im Gymnasium Ausgebildeten als Antiochenser gelten sollten. Dafür spricht auch das. V. 19. Jason sandte zu den olympischen Spielen (vergl. weiter) Festgesandte – ϑεωροί – nach Tyrus und zwar Ἀντιοχεῖς ὄντες, d.h. solche, welche bereits als Antiochenser anerkannt waren. Also nicht sämtliche Jerusalemer sollten als Antiochenser aufgezeichnet werden, sondern nur Würdige, d.h. solche, welche sich in Kampfspielen geübt hatten. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint Jasons Bestrebung nicht so frevelhaft. Er wollte, um den Haß der Griechen gegen die Judäer zu entwaffnen, diesen die Teilnahme an den hellenistisch-nationalen Institutionen, wie Feste und Spiele, verschaffen. Das Hellenisieren sollte nicht Zweck, sondern Mittel sein. Nicht ganz richtig ist daher die Darstellung in Makkab. I, 1, 13b, als wenn Antiochos den Juden die Erlaubnis – ἐξουσίαν – gegeben hätte, die Eigenheiten – δικαιώματα – der Völker zu tun. Ähnlich in Makkab. IV, 4 und Josephus Altert. XII, 5, 1. Hier und Makkab. I. ist angegeben, daß nicht einer allein – sei es Jason oder Menelaos – Antiochos wegen dieser Erlaubnis angegangen hat, sondern mehrere; Josephus nennt dabei die Tobiaden.


13 Makkab. I, 1, 14; II, 4, 12; IV. das. In den beiden letzten Stellen wird der Platz näher bezeichnet als Akropolis und Akra.


14 Makkab. II, 4, 12-14.


15 Das. I, 1, 15. Josephus Altert. XII, 5, 1.


16 Es ist befremdend, daß die Historiker eine wichtige Tatsache in der Erzählung des II. Makkab. (4, 19-20) übersehen oder mißverstanden haben, auf die Hugo Grotius aufmerksam gemacht hat. Das fünfjährige Kampfspiel, zu dem Jason Festgesandte geschickt hat, ἀγομένου δὲ πενταετƞρικοῠ ἀγῶνος ἐν Τύρῳ, bedeutet nichts anderes als das olympische Kampfspiel, das bekanntlich im Beginn des Sommers nach völlig abgelaufenen vier Jahren gefeiert und daher das fünfjährige genannt wird. H. Grotius bemerkt z. St.: Apud Graecos notissimus agon Olympicus, dictus quinquennalis, quod anno quinto fieret. Ad id exemplum instituti et alibi agones Olympii. Die olympischen Spiele wurden auf Herakles zurückgeführt, daher wurden ihm bei dieser Gelegenheit Opfer dargebracht. Es ist daher verständlich, daß Jason den Theoren Geld zu Opfer für Herakles mitgegeben hat. War nun dieser »Agon« olympisch, so ist auch das chronologische Datum für diese Tatsache gefunden. Damals zur Zeit Antiochos Epiphanes' vor dem ägyptischen Feldzug kann nur die 152. Olympiade gefeiert worden sein, denn während der vorangegangenen Olympiade 151 war Antiochos noch nicht König, sondern in Rom. Folglich fand das Absenden der ϑεωροί durch Jason Juni 172 statt. Dieses Datum kann daher als Ausgangspunkt dienen. Etwa Herbst 175 bemächtigte sich Antiochos des Reiches; nehmen wir an, daß er anfangs 174 Jason das Hohepriestertum übertragen hat, so würde das Ende 172 fallen, da er nur drei Jahre fungiert hat (Makkab. II, 4, 23). Im Jahre 171 wurde Onias ermordet, wie in Daniel angedeutet ist (9, 26: ול ןיאו חישמ תרכי), d.h. 7 Jahre werden verfließen vom Tode des Gesalbten Hohp. Onias III. bis zum Untergang des Unterdrückers, bis zur Restauration. Da das Ende 165 war, so ist der Anfangspunkt 171 anzusetzen (vergl. Monatsschrift, Jahrg. 1871, S. 395 f.). Als dieser ermordet wurde, war Menelaos bereits Hoherpriester. Josephus gibt ihm eine Amtsdauer von 10 Jahren (Altert. XXI, 9, 7). Hingerichtet wurde Menelaos nach dem Friedensschluß mit Eupator im Laufe des Jahres 150 Sel. = 163 (vergl. weiter unten). Sein Amt begann also um 172. Die Relation von Jasons Absendung von Theoren zum olympischen Spiele bestätigt also die ander weitig bekannten chronologischen Data. Jason fungierte um 174-172 und Menelaos 172-163.


17 Makkab. II, 23-27. Daß Jason bei Aretas Zuflucht nahm, ergibt sich aus der Parallele das. 5, 8, da er bei seiner zweitmaligen Ankunft von Aretas ausgewiesen wurde.


18 Makkab. II, 3, 4 sagt ausdrücklich, daß Simon und folglich auch sein Bruder Menelaos aus dem Stamme Benjamin waren: Σίμων δέ τις ἐκ τῆς Βενιαμὶν φυλῆς. Nun hat zwar Herzfeld eine plausible Emendation vorgeschlagen, Μενιαμὶν, daraus würde folgen, daß diese Brüder und der dritte Lysimachos aus der Priesterabteilung ןימינמ gewesen wären. Allein dagegen ist einzuwenden, daß φυλἠ nicht für Priesterabteilung – תקלחמ – sondern lediglich für »Stamm« gebraucht wird. Dann lautet der Name dieser Ephemeris zweimal ןימימ und nur einmal ןימינמ. Aber auch an dieser Stelle hat die griechische Version Μιαμίν. Endlich ist zu bedenken, daß, wenn die Hauptrepräsentanten der Priesterabteilung Mijamin so viel Unheil über das Volk gebracht hätten und vom Judentum abgefallen wären, so wäre wohl diese Abteilung später, nach der Restauration, durch irgend etwas gebrandmarkt worden, wie die Abteilung Bilgah, welche eine Zurücksetzung erfahren, weil eine Frau aus derselben zur selben Zeit vom Judentum abgefallen war (vergl. Note 15). Endlich spricht dagegen der Umstand, daß der Erzähler mit der Angabe, Simon sei von dieser oder jener Abteilung gewesen, etwas Unwesentliches hinzugefügt haben müßte. Allerdings gibt keine Quelle ausdrücklich an, daß Menelaos nicht vom Priesterstamm gewesen; der Ausdruck Makkab. II, 4, 25 τῆς μὲν ἀρχιερωσύνƞς οὐδὲν ἄξιον φέρων, kann nämlich auch bedeuten, daß er moralisch dazu unwürdig gewesen sei. Eher noch könnte die Bezeichnung das. 13, 8 angeführt werden, daß Menelaos sich vielfach an dem Altar vergangen hat, πολλὰ περὶ τὸν βωμὸν ἁμαρτἠματα. Besonders spricht gegen Menelaos' Abstammung von Ahron, daß die Chasidäer Vertrauen zu Alkimos faßten, weil er vom Stamm Ahron war (Makkab. I, 7, 14) und mit ihnen nicht so arg verfahren würde, wie es Menelaos getan.


19 Makk. II, 4, 27-34. Auch Daniel hat eine Anspielung vom gewaltsamen Tode des gesalbten Fürsten: חישמ תרכי (9, 26 vergl. Monatsschrift, Jahrgang 1871, S. 398 f.), scheint eben anzudeuten, daß Antiochos selbst ihn hätte töten lassen. In Jerusalem zur Zeit des Ingrimmes gegen Antiochos mag man ihm dessen Tod zur Last gelegt haben.


20 Das. 4, 35-39. V. 39 διαδοϑείσƞς ἔξω τῆς φἠμƞς übersetzt der Syrer derart, als wenn es extra urbem bedeutet, und das scheint auch richtig.

21 Das. 4, 40-42. V. 40b. Statt προƞγƞσαμένου τινὸς τυράννου hat der alexandrinische Text Αὐράνου, diese L.-A. ist entschieden richtig. Der Name lautete wohl ןרוח.


22 Makk. 4, 43, περὶ δὲ τούτων ἐνέστƞ κρίσις πρὸς τὸν Μενέλαον kann unmöglich bedeuten, es sei gegen Menelaos deswegen, d.h. wegen der blutigen Tätlichkeit gegen seinen Bruder und dessen Anhänger, eine Anklage erhoben worden. Der syrische Übers. gibt den richtigen Sinn dieses Verses, daß Menelaos als Ankläger gegen die Jerusalemer aufgetreten sei. אנידב ןוהלבקל סולאנמ ףא םק ןיד ןילה םע; vielleicht muß man lesen πρὸς τοῠ Μενελάου statt τὸν, d.h. daß die Anklage von seiten Menelaos' angeregt wurde, dafür spricht ja auch V. 44, daß die drei Männer der Gerusia Jerusalems eine Verteidigung geführt haben: δικαιολογίαν ἐποιἠσαντο. Es wäre auch sonst, selbst Rechtsverhöhnung bei Antiochos vorausgesetzt, nicht begreiflich, wie die drei Senatoren, wenn sie Ankläger gewesen wären, verurteilt und hingerichtet werden konnten. Das Urteil ist nur verständlich, wenn sie die Angeklagten waren.


23 Das. 4, 45-49.


24 Makkab. das. 4, 50 heißt es: Μενέλαος ... ἐπιφυόμενος τῇ κακίᾳ, μέγας τῶν πολιτῶν ἐπίβουλος καϑεστώς. Worin bestand Menelaos' ränkevolle Bosheit? Josephus erzählt nach einer unbekannten Quelle (jüd. Kr. I, 1, 1): Antiochos habe in Jerusalem eine große Menge der Anhänger des ägyptischen Hofes umbringen lassen. Es muß ihm also beigebracht worden sein, daß es ptolemäische Parteigänger in Jerusalem gäbe. Denn von selbst ist Antiochos wohl schwerlich auf diesen Argwohn gekommen, da diese ihre Gesinnung wohl nicht allzu offen gezeigt haben, so lange Antiochos noch Herr von Palästina war. Auch soll dieser König nach Makkab. II, 4, 22 bei seiner Anwesenheit in Jerusalem noch vor dem Kriege vom Volke mit schmeichelhaftem Pomp empfangen worden sein. Diese Anschuldigung kann daher nur von dem ἐπίβουλος, von Menelaos, ausgegangen sein. Die andere Verleumdung ergibt sich aus der von Antiochos verbreiteten Anklage, der Gesetzgeber Mose habe den Judäern menschenfeindliche und schändliche Gesetze gelehrt (bei Diodorus, Eclogae 34): ἐπίβουλος, Diese bestehen darin: τὸ μƞδενὶ ἄλλῳ ἔϑνει τραπέζƞς κοινωνεῖν τὸ παράπαν, μƞδ᾽ εὐνοεῖν (das.). Diese Anschuldigung wurde von Antiochos verbreitet; aber aus eigener Erfahrung konnte er es nicht wissen, es muß ihm also beigebracht worden sein. Der Urheber der Anschuldigung kann nur Menelaos gewesen sein, welcher Antiochos den Rat erteilt hatte, die Juden zu zwingen, den väterlichen Kultus aufzugeben (Jos. Altert. XII, 9, 7): πείσαντα (Μενέλαον) αὐτοῠ τὸν πατέρα (᾽Λντίοχον Ἐπιφανῆ) τοὺς Ἰουδαίους ἀναγκάσαι τὴν πάτριον ϑρƞσκείαν καταλιπεῖν. Makkab. II, 5, 15 nennt Menelaos Verräter am Gesetze und Vaterland (vgl. Monatsschr. Jahrg. 1872, S. 199f.). Antiochos' Haß gegen das Gesetz des Judentums und die Wut seiner Schergen, die Pentateuchrollen zu zerstören, wurden ohne Zweifel durch Menelaos' Angebereien entflammt.


25 Aus Makkab. II, 4, 27-29 geht hervor, daß eine syrische Besatzung stets in der Akra lag; das. 5, 5b heißt es, Menelaos habe Zuflucht in die Akra genommen.


26 Aus Daniel 11, 24 geht mit Entschiedenheit hervor, daß Antiochos gleich nach seinem Regierungsantritt Ägyptens Eroberung im Schilde führt; denn לעו תיבשחמ בשחי םירצבמ übersetzt Theodotion richtig: ἐπ᾽ Αἴγυπτον λογιεῖται, d.h. בשחי םירצמ לעו. Allerdings mögen Philometors Vormünder auch den Plan verfolgt haben, ihm Cölesyrien zu entreißen, wie aus Porphyrius – Hieronymus (zu Daniel 11, 22) und Makkab. II, 4, 21 hervorgeht. Aber das schließt nicht aus, daß Antiochos seinerseits Eroberungspläne hegte. Es lag in seinem Plane, die Römer glauben zu machen, er unternehme nur einen Defensivkrieg.


27 Vergl. über das Datum Note 16.

28 Polybius 28, 17. Darauf hat Stark (Gaza 432) aufmerksam gemacht, daß Philometor nach der Niederlage seines Heeres nach Samothracien entfloh. Bestätigt wird die Flucht durch die Angabe Diodors de virtutibus II. p. 579 bis 580 ed. Wesseling.


29 Daniel 11, 27 wird mit Recht auf die Falschheit Antiochos' und Philometors gegeneinander trotz ihres Friedensschlusses bezogen.


30 Polybius 29, 10 u.a. St.


31 Josephus Altert. XIII, 13, 1.


32 Makkab. II, 5, 1-5.


33 Angedeutet in Daniel 11, 28: לע ובבלו..וצרא בשיו שדק תירב. Makkab. II, 5, 11b: ὅϑεν ἀναζεύξας ἐξ Αἰγύπτου τεϑƞριωμένος τῇ ψυχῇ.


34 Makkab. I, 1, 20-24; II, 5, 11-16.


35 Das. I, 1, 25: καὶ ἐλάλƞσεν ὑπερƞφανείαν μεγάλƞν. Darauf spielt Daniel öfter an; 7, 25: ןילמו ללמי אילע דצל; 8, 25: דמעי םירש רש לעו; 11, 36: לא לעו תואלפנ רבדי םילא.


36 Diodorus, Eclogae No. 34; Josephus contra Apionem II, 8, vergl. Monatsschrift, Jahrg. 1872. S. 194 f.


37 Josephus das. 8.


38 Makkab. I, 1, 26-28.


39 Über die Zeit des zweiten Feldzuges s. Note 16.


40 Sehr gut ist diese Situation gezeichnet Daniel 11, 30 .שדק תירב לע םעזו בשו האכנו


41 Makkab. I, 1, 29-30; II, 8, 24-26. Nur die letzte Quelle gibt den Umstand an, daß der Mord am Sabbat stattgefunden, nennt den Namen des Truppenführers und gibt die Zahl der Truppen übertreibend auf 22 000 Mann an.


42 Folgt aus Daniel 11, 30b.


43 Makkab. I, 1, 32.


44 S. Note 16 und 17.


45 Makkab. I, 1, 33-36. Josephus Altert. XII, 5, 4.


46 Was sich aus dem Gange der Tatsachen ergibt, bezeugt Josephus ausdrücklich, daß Menelaos Antiochos den Gedanken insinuiert habe, die Judäer gewaltsam zu hellenisieren (Altert. XII, 7, 9; s.o. S. 280, Anm.).


47 Makkab. I, 1, 47.


48 Makkab. I, 43, 45, 48. Unter βδελύξαι τὰς ψυχὰς αὐτῶν ἐν παντὶ ἀκαϑάρτῳ καὶ βεβƞλώσει kann nur die Übertretung der Speisegesetze verstanden sein. Hebr. lautete wohl der Halbvers אמט לכב םתושפנ לעגל לוגפו. Das. V. 62 ist dieses ausgedrückt durch φαγεῖν κοινά.


49 Das. 51 καὶ ἐποίƞσεν ἐπισκόπους ἐπὶ πάντα τὸν λαόν.


50 Makkab. II, 6, 1 γέροντα Ἀϑƞναῖον emendiert Grotius richtig in Ἀντιόχειον, wie das. 9, 15 Ἀϑƞναίοις statt Ἀντιοχείοις.


51 Diodorus, Eclogae No. 34.


52 Das. τῷ μὲν ἀπὸ τούτων (κρεῶν) ζυμῷ τὰς ἱερὰς αὐτῶν βίβλους ... καταῤῥᾶναι. Die Mischna (Taanit IV, 7) hat eine Tradition erhalten, daß an demselben Tage, an dem das Götzenbild im Tempel aufgestellt wurde, auch die Thora verbrannt worden sei, nämlich am 17. Tammus: סומוטסופא ףרש ... זומתב רשע העבשב לכיהב םלצ דימעהו הרותה תא. Ob der Name dessen, der die Thora verbrannt und die Bildsäule aufgestellt, richtig gegeben ist סומוטסופא, ist zweifelhaft; es mag der Name des γέρων Ἀντιόχειος gewesen sein.


53 Es ist befremdlich genug, daß die Historiker und Ausleger des Makkabäerbuches und Daniels die Tatsache in Abrede stellen, daß ein Götzenbild auf den Altar gestellt wurde. Nicht bloß die Mischna bezeugt es לכיהב םלצ דימעה (vor. Note), sondern auch Eusebius und Hieronymus. Eusebius (Chronik z. Olymp. 153): in templo Jovis Olympii simulacrum erigebat (arm. Übersetzung), bei Syncellus (542, 41): καὶ τὸν ναὸν βεβƞλοῖ Διὸς Ὀλυμπίου βδέλυγμα ἀναστƞλώσας ἐν αὐτῷ. – Hieronymus zu Daniel: Volunt autem eos significari, qui ab Antiocho missi sunt ut ... auferrent cultum dei, et templo Hierusalem Jovis Olympii simulacrum et Antiochi statuas ponerent, quas nunc abominationem desolationis vocat. Es steht auch eigentlich im Makkabäerb. I, 1, 54: ᾠκοδόμƞσαν βδέλυγμα ἐρƞμώσεως ἐπὶ τὸ ϑυσιαστἠριον. Es kann ja unmöglich bedeuten, daß sie auf den Altar noch einen Altar gebaut hätten. Wozu das? Und wenn auch, Altäre sind überall im Lande errichtet worden, warum soll gerade dieser Afteraltar םמושמ ץוקש genannt worden sein? Weist ja auch das Beispiel in Daniel von dem goldenen Götzenbilde, das anzubeten alle gezwungen worden seien, darauf hin, daß von Antiochos die Adoration einer Statue befohlen worden sein muß. Der Übersetzer des Makkab. hat die Forscher irre geführt mit der Übersetzung: ᾠκοδόμƞσαν. Im Original kann nur gestanden haben: םמושמ ץוקש וניכיו, dieser las aber ונביו. Daher der Irrtum, der sich schon bei Josephus findet. Die Bezeichnung bei Daniel für dieses Faktum bedeutet nicht »bauen«, sondern etwas »auf den Altar setzen, stellen, geben« (8, 13): תת םמש עשפהו; (11, 31): םמשמ ץוקש ונתנו; (12, 19): םמש ץוקש תתלו. Das. (9, 27) muß man notwendig lesen [[חבזמה] ףנכ לעו םמשמ (ץוקש) םיצוקש. Sachgemäß bezieht der Talmud die Tradition vom Aufstellen des Bildnisses im Tempel auf diesen Danielschen Vers (Ta`sanit p. 28b). םמש ץוקש תתלו ביתכד ?ןלנמ .םלצ דימעה.


54 Vergl. die Abhandlung im Programm des Breslauer jüd. theol. Seminars, Jahrg. 1862: Dauer der gewaltsamen Hellenisierung, wo nachgewiesen ist, daß die Entweihung nicht am 25. Khislew, sondern am 17. Tammus stattgefunden haben muß; sonst käme die 31/2 Jahre dauernde Entweihung, welche von der ältesten Quelle bezeugt ist, nicht heraus; vergl. weiter.


55 Makkab. II, 6, 4.


56 Aus Makkab. I, 4, 42 geht hervor, daß Priester an der Apostasie beteiligt waren.


57 Makkab. II, 6, 6b οὔτε ἁπλῶς Ἰουδαῖον ὁμολογεῖν εἶναι.


58 Es folgt zwar schon aus dem oben angeführten Zitat und aus Makkabäus I, 1, 41 εἶναι πάντας λαὸν ἕνα, daß es verboten war, sich der eigenen Sprache zu bedienen; es ist aber deutlicher aus einer anderen Quelle belegt, würde aber zu weitläufig sein, hier daraus den Nachweis zu führen.


59 Es ist nicht daran zu zweifeln, daß die auswärtigen Judäer demselben Zwang unterlagen. Das I. Makkab. hebt besonders hervor, Antiochos habe für sein ganzes Reich geschrieben, das Gesetz aufzugeben (1. 41 f.) und viele von Israel opferten demgemäß den Götzen. Dieses kann sich nur auf Auswärtige beziehen; denn von denen in Jerusalem und Juda ist erst später die Rede (V. 44 f.). Dann sagt es deutlich der, allerdings in seiner gegenwärtigen Gestalt unverständliche V. (M. II, 6, 8): ψἠφισμα δὲ ἐξέπεσεν εἰς τὰς ἀστυγείτονας πόλεις Ἑλλƞνίδας Πτολεμαίων ὑποτιϑεμένων τὴν αὐτὴν ἀγωγὴν κατὰ τῶν Ἰουδαίων ἄγειν καὶ σπλαγχνίζειν. Nicht bloß der Plural Πτολεμαίων ὑποτιϑεμένων ist unsinnig, sondern auch die bereits von Hugo Grotius vorgezogene L.-A. des alexandrinischen Textes im Singular Πτολεμαίου ὑποτιϑεμένου gibt keinen Sinn. Welcher Ptolemaios soll befohlen haben, die Juden in den griechischen Städten zu zwingen? Und warum gerade dieser und nicht Antiochos? Die syrische Version hat die richtige L.-A. erhalten: אממעד תנידמל ףא אנדקופ רדשו ןוהל ווה ןיצלא תוכדד סיאמלוטפלו (אינויל .l) ןוהל ןיברקד אידויל d.h. ψἠφισμα ἐξέπεσε ... καὶ εἰς Πτολεμαΐδα, ὑποτιϑέμενον. Dieses Partizip bezieht sich auf ψἠφισμα; auf diese bedeutende Hafenstadt Akko, wo reiche und angesehene Judäer gewohnt haben, war es besonders abgesehen, sie zum Hellenismus zu zwingen. – Das Verhalten der Samaritaner in dieser Zeit läßt sich nicht bestimmen, die Briefe bei Josephus (Altert. XII, 15, 5) sind entschieden apokryph.


60 Die Erzählung von dem Märtyrertum Eleasars und der Mutter mit den sieben Söhnen, Makkab. II, 6, 9-31 und noch ausführlicher M. IV, 5-6, 8-12 (dies letztere auch in die talmudische Literatur übergegangen) wird allgemein als durchweg sagenhaft erklärt. Als Beweis wird dafür geltend gemacht, daß das erste Makkab. das Faktum vollständig mit Stillschweigen übergeht. Allein das ist lediglich ein Scheinbeweis; dieses Buch erzählt nur die Begebenheiten in Judäa in dieser Zeit. Jenes Märtyrertum lassen aber beide Quellen in Syrien vorgehen, und zwar in Antiochien, in Gegenwart des Königs. Das IV. Makkab. beginnt die Erzählung mit der Einleitung: Προκαϑίσας γὲ μετὰ τῶν συνέδρων ὁ τύραννος Ἀντίοχος ἐπί τινος ὑψƞλοῠ τόπου καὶ τῶν σιρατευμάτων αὐτῷ παρεστƞκότων ... Ἐλεάζαρος ... παρἠχϑƞ πλƞσίον αὐτοῠ. Kap. 8: Ταῠτα διαταξαμένου τοῠ τυράννου παρῆσαν ἀγόμενοι μετα μƞτρὸς ἑπτὰ ἀδελφοί. II. Makkab. 7, 1: Συνέβƞ δὲ καὶ ἑπτὰ ἀδελφοὺς μετὰ τῆς μƞτρὸς ... ἀναγκάζεσϑαι ὑπὸ τοῠ βασιλέως. Auch der Umstand spricht dafür, daß der Vorfall in Antiochien gesetzt wird, da beide Quellen angeben, einige Hofleute, die mit Eleasar von früherer Zeit lange bekannt waren, ihm zugeredet hätten (das. 6, 21; IV, 6). Der Kern der Erzählung kann also geschichtlich sein.

61 Makkab. II, 6, 7a. Auch in I, 1, 58 ist angedeutet, daß die Aufseher von Monat zu Monat Nachforschungen hielten. ἐν παντὶ μƞνὶ καὶ ἐν ταῖς πόλεσι.


62 Das. II, 6, 7b.


63 Das. I, 1, 53; II, 6, 11.


64 Das. I, 1, 57. εἴ τις συνευδόκει τῷ νόμῳ bedeutet, ins Hebräische zurückübersetzt, הרותב ץפח רשא לכו, d.h. wer sich mit dem Gesetze beschäftigte.


65 Das. I, 1, 60; II, 6, 10. Daniel 11, 32 ויהלא יעדי םעו ושעו וקיזחי.


66 Das. I, 1, 62-63.


67 Daniel 11, 33 םיברל וניבי םע יליכשמו, d.h. sie belehren das Volk. Das. 12, 3 םיבכוככ םיברה יקידצמו. Von diesen ist die Rede Makkab. I, 2, 29 πολλοὶ ζƞτοῠντες δικαιοσύνƞν καὶ κρίμα, d.h. ישקבמ םיבר טפשמו קדצ; diese waren in die Schlupfwinkel der Wüste »hinabgezogen«. Näher sind sie bezeichnet das. 2, 42: συναγωγὴ Ἀσιδέων (Ἀσιδαίων) πᾶς ἑκουσιαζόμενος τῷ ϑεῷ. Wenn es das. V. 31 heißt, es wurde den Männern des Königs verkündet, daß Männer, welche den Befehl des Königs vereitelten, in die Schlupfwinkel der Wüste hinabgestiegen sind, so sind eben die Chaßidäer darunter zu verstehen; οἵτινες διεσκέδασαν τὴν ἐντολἠν bedeutet תירב ורפה רשא ךלמה. Fritzsche hat den Vers mißverstanden. Die in den Höhlen haben nicht bloß selbst das Gesetz des Königs nicht befolgt, sondern es auch bei anderen vereitelt. Syrer richtig: ולטב.


68 Daniel 8, 10. םיבכוכה ןמו אבצה ןמ הצרא לפתו; die »Sterne« bedeuten die םיברה יקידצמ, die »Belehrenden« nach 11, 35. Vergl. Note 17.


69 Makkab. I, 2, 32-38; II, 6, 11. Dieser Vorfall ist noch vor Mattathias Aufstand zu setzen, das. V. 29, τότε κατέβƞσαν ist Plusquamperfekt. ודרי זא, und wird nur an dieser Stelle angeführt, um Mattathias Beschluß, sich am Sabbat zu verteidigen, zu motivieren. In Daniel ist dieses Faktum angedeutet in 11, 33 םימי הזבבו יבשב הבהלבו ברחב ולשכנו ... םע יליכשמו.


70 Psalm 74, vergl. Note 17.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1902], Band 2.2, S. 296.
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