Die Vasallen der Hyksos. Siebzehnte Dynastie

[323] 309. Während wir von den xoitischen Königen der vierzehnten Dynastie keinerlei weitere Kunde besitzen, haben sich wenigstens von einigen Herrschern aus der langen Reihe der Thebaner der siebzehnten Denkmäler erhalten. Freilich sind sie eben so sporadisch und armselig, wie in der letzten Reihe der dreizehnten Dynastie; und alle Spuren, darunter auch die wenigen im Turiner Papyrus von ihnen erhaltenen Zahlen, weisen darauf hin, daß auch jetzt noch die Thronwechsel eben so rasch erfolgten, wie unter jener. Mehrfach kehren Namen der elften Dynastie wieder, drei Antefs (von denen [323] zwei Brüder waren), zwei Mentuḥoteps, auch ein Sesostris IV. Ihre Herrschaft scheint im wesentlichen auf Theben und dessen Nachbarschaft (Abydos, Koptos) beschränkt gewesen zu sein, wenn sie auch gelegentlich einmal weiter nach Norden vordringen mochten. Daß umgekehrt die Hyksoskönige mehrfach Spuren in Gebelên südlich von Theben hinterlassen haben, wurde schon erwähnt; vielleicht haben sie hier an dem isolierten Felsen im Niltal ein Fort gebaut. Weiter im Süden in Elkab schalteten die lokalen Dynastien (§ 302) so gut wie selbständig; und daß es auch sonst selbständige Machthaber in Oberaegypten gab, von denen gewiß manche den Königstitel führten, steht durch ein urkundliches Zeugnis fest. König Nubcheperrê Antef (VIII?), der an den Tempeln von Abydos und Koptos gebaut hat, hat im dritten Jahr seiner Regierung ein Ächtungsdekret gegen einen hohen Beamten von Koptos, Teti Sohn des Minḥotep, und seine ganze Familie bis auf die spätesten Generationen erlassen – vermutlich hatte er einen Usurpationsversuch gemacht. Sein Name soll in allen Urkunden des Tempels und der Archive getilgt werden, seine Einkünfte vom Tempelgut werden dem Grafen von Koptos (vermutlich seinem Nachfolger) zugewiesen. Sollte irgend ein Kommandant oder Graf es wagen, sich für ihn beim König zu verwenden, so sollen »seine Leute, seine Habe und seine Felder« an den Gott Min von Koptos fallen, und keiner seiner Verwandten soll sein Amt erhalten dürfen. »Jeder König aber und jeder Machthaber, der sich des Geächteten annimmt, nicht soll er die weiße und die rote Krone tragen, noch auf dem Thron des Horus der Lebendigen sitzen.« Hier ist deutlich ausgesprochen, daß es damals selbständige Könige in Aegypten gab, auf die Antef durch seinen Fluch zu wirken sucht, denen er aber nicht befehlen kann; ja der Wortlaut des Textes zwingt eigentlich zu der Annahme, daß die Königswürde von diesen selbständigen Machthabern auf gesetzmäßigem Wege gewonnen werden kann, daß also eine Art Wahlkönigtum bestanden hat, vielleicht mit einer auf kurze Zeit befristeten Besetzung des Königsamts.


[324] Jahreszahlen sind im Papyrus nur wenige erhalten: in fr. 125 und 127 dreimal je 1 Jahr, in fr. 163 die Folge: 2 J. (Dynastiewechsel), 2 J., 3 J., 3 J., 2 J., daneben allerdings in fr. 126 Zl. 8 vielleicht 12 J. – In den Anfang der Dynastie gehört fr. 108 (hinter die Hyksoskönige von fr. 112 und 123 zu setzen); die hier auf einander folgenden drei Namen sind auch sonst bekannt: 1. Snefer ... re' = Karnak no. 45 und 56 = Snefer-jeb-re' Sesostris IV. Ann. du serv. II 272, vgl. 281; Statue: § 298 A.; 2. Men.. re' = Mencha'u-re' 'An-jeb MARIETTE, Abydos II 37 (DE ROUGÉ, Inscr. 15). 3. ... uaḥ-re' = Suaḥ-en-re' Karnak 49, bei NAVILLE, Deir el bahari II 10 c Suaḥ-en-rê' Senebmaiu; der Eigenname auch in Gebelên PSBA. 15, 494, no. 16. – Über die Antefs dieser Zeit STEINDORFF, ÄZ. 33, 82ff. [ihre Särge auch bei BIRCH, ÄZ. VII 49ff.]. Die beiden ersten stehen im Turiner Papyrus XI fr. 126; der dritte steht vielleicht mit ihnen in keiner Verbindung und kann auch vor ihnen eingereiht werden. 1. Sešeš-re'-up-ma'at Antef VI. 'o (d.i. »der ältere«): Sarg (im Louvre), Kalksteinpyramide (SHARPE, Eg. inscr. I 47. STEINDORFF, ÄZ. 33, 84) und Eingeweidekasten aus seinem im Pap. ABBOT erwähnten Grabe in Theben. Der Sarg ist ihm von seinem Bruder gestiftet: 2. Sešeš-re'-her-ḥri-ma'at Antef VII.; Sarg gleichfalls im Louvre. – 3. Nubcheperre' Antef VIII. (Karnak no. 28; GAUTHIER, Bull. de l'inst. fr. d'archéol. orientale V 36f. will ihn in zwei Könige zerlegen): PETRIE, Abydos I 56. II 32, 3, vgl. I 57. PETRIE, Koptos 6. 7; das Dekret pl. 8 ist in das von Sesostris I. gebaute Tempeltor eingehauen. Aus seinem Grabe in Theben (gleichfalls im Pap. ABBOT) sind zwei Obelisken (MARIETTE, Mon. div. 50 a), der Sarg (in London) und das Diadem (in Leiden) erhalten. Seine Gemahlin wird die Königin Sebekemsaf (NEWBERRY, PSBA. 24, 285ff.) sein, deren Grab zu Anfang der achtzehnten Dynastie von der wohl von ihr abstammenden Königin A'aḥḥotep restauriert wird: BOURIANT, Rec. 9, 93 (SETHE, Urk. der 18. Dyn. 29ff.). [PETRIES Lesung seines Vornamens, sowie eines »Königs der 'Amu« auf Skarabaeen von Herakleopolis, Ehnasja 1994, p. 4, pl. IX A, no. 15. 20, ist unhaltbar.] Ein König Antef dieser Zeit auch auf der Tafel von Karnak no. 23. – Im Turiner Papyrus fr. 126 steht noch ein dritter Sešeš ..., der wohl Sešeš-ke-re' Amenemḥet Senibf (NEWBERRY, Scarabs 7, 3) sein wird. – Weiter gehören wahrscheinlich hierher (manche dieser Könige können auch an den Schluß der 13. Dynastie § 301 A. gehören, und umgekehrt): Ner(?)-ke-re' LD. II 150f, Text I S. 15 (Theben, J. 1). – Secha'-en-re' Mentuhotep VII. NAVILLE, Deir el bahari I pl. 12 i und j. II 10 e; Mer-'anch-re' Mentuḥotep VIII. Statue: § 298 A. – Mer-ḥotep-re' Ini: Scarabaeus des Louvre, PETRIE, Hist. I 220. – Cher-jeqer (mit Horusnamen, aber ohne Vornamen) auf einem Tempelblock aus Abydos: PETRIE, Abydos II 32, 1. – Ferner einige Skarabaeen, wie Nefer-cheper-re' und Nub-jeb-re' MARIETTE, Catal. d'Abydos 1414. [325] 1415. 1423 u.a. Ein Prinz Amenḥotep, Stele in Drah abulnegga: NEWBERRY, PSBA. 24, 358. – Lokale Dynasten sind vielleicht Sebakai (ohne Vornamen) auf einem Zauberstab aus Abydos: MACIVER and MACE, El Amrah and Abydos pl. 43; S-beka?-ke-re' auf einem Scarabaeus aus Kahun: PETRIE, Illahun pl. 8, 36. NEWBERRY, Scarabs 7, 6. 44, 7; Ḥotep-jeb-re' Akau-ḥor-neẕ-ḥri-atef in Atawla gegenüber von Siut: DARESSY, Rec. 16, 133. – Weiter gehören hierher aus der Tafel von Karnak no. 43 Ses(?)-user-tauire' (= Ses ... re' Tur. Pap. XI fr. 126, 4); no. 38 und 57 Suaẕ-en-re', der sich zusammen mit einem Nefer-ke-re' [auf einem Scarabaeus bei GRIFFITH, PSBA. 19, 293 mit Ne-ma'at-re', d.i. wahrscheinlich Chenẕer (§ 300 A.) verbunden]-beide als verstorben bezeichnet-und dem Dynasten A'aḥmes Binpu aus dem Anfang der 18. Dynastie auf der Harpokratesstatue MARIETTE, Mon. div. 48 b findet. Sodann no. 26 Snecht-en-re' und 25 Sqenjen-re' vom Ende der Dynastie (§ 310), die beide auch auf dem Altar CLOT-BEYS in Marseille BRUGSCH, Ber. Berl. Ak. 1858, 69f. in gleicher Folge wiederkehren. An sie schließt sich auf dem Altar Uaẕ-cheper-rê' Kamose, der letzte König der 17. Dynastie. Verwandt ist der Königsname Uaẕeṭ bei NEWBERRY, Scarabs 23, 7-9; über König Uaẕ-ke-re' in Unternubien s. § 277 A. – Ein weiterer König dieser Zeit vielleicht auf einer Steinperle bei STEINDORFF, ÄZ. 44, 96. – In der im übrigen aus Africanus entnommenen Dynastieliste des Barbarus werden die Dynastien 13-18 [infolge der Auslassung von Dynastie 11 beim Barbarus als 12-17 gezählt] bezeichnet als Bubastani, Taniti, Sebenniti, Memfiti, Iliopoliti, Ermupoliti. Das stammt nicht aus Manetho, sondern muß aus einer anderen Quelle eingedrungen sein (§ 151 A.). Vielleicht waren in dieser noch mehrere lokale Dynastien der Hyksoszeit genannt: die Taniten scheinen den Hyksos zu entsprechen, die auch im Sothisbuch als Taniten bezeichnet waren (Sync. p. 193; Aeg. Chronol. S. 83, 1, vgl. S. 84f.), die Hermopoliten den Königen der 18. Dynastie, deren Namen den Kult der Mondgötter l'oḥ und Thout von Hermopolis bezeugen; weiteres läßt sich nicht ermitteln.


310. Weitere Aufschlüsse lassen sich aus den dürftigen Denkmälern nicht gewinnen, und so läßt sich der Weg, auf dem die Macht der Thebaner erstarkt ist, nicht erkennen. Die Thronwechsel sind bis zum Schluß der Dynastie sehr rasch erfolgt. Den Abschluß der langen Reihe bilden zwei oder drei schon erwähnte Könige mit dem gleichen Namen Seqenjen-rê' Ta'a, Zeitgenossen des 'Aqenjen-rê' Apôpi III. (§ 308), und ihr Nachfolger Kamose. Unter einem der Ta'as, vermutlich dem letzten, der den Beinamen qen »der Tapfere« [326] führt, ist der Krieg mit den Hyksos ausgebrochen, etwa um 1590 v. Chr., der zur Wiederaufrichtung der Herrlichkeit des Pharaonenreichs geführt hat. In diesem Kampfe haben sich offenbar die unabhängigen Dynasten und Könige Oberaegyptens den thebanischen Herrschern angeschlossen und untergeordnet, sei es freiwillig, sei es gezwungen; daher tragen mehrere von ihnen den Königstitel, der ihnen belassen worden ist, noch unter den Pharaonen der mit der Vertreibung der Hyksos beginnenden achtzehnten Dynastie.

Mit dieser Wiederherstellung eines mächtigen aegyptischen Reichs beginnt aber zugleich die Zeit, in der die Geschichte der Völker der orientalischen Welt sich so innig verschlingt, daß sie nicht mehr isoliert betrachtet werden dürfen. Ehe wir daher die weitere Geschichte Aegyptens verfolgen können, müssen wir uns nunmehr der Entwicklung dieser anderen Völker und Kulturen zuwenden.


Die Könige Seqenjenre' Ta'a, welche sonst nur durch ihre Gräber (Pap. ABBOT; PETRIE, Hist. II 6; MARIETTE, Mon div. 51 b. 52 c; Rec. 11, 159 = SETHE, Urk. der 18. Dyn. 12f.) und eine Mumie bekannt sind, heißen mit vollen Eigennamen: 1. Ta'a; 2. Ta'a 'o »der große«, d.i. der ältere, also wohl der Bruder des folgenden; 3. Ta'a qen »der Tapfere« (so in der Königsliste von Der el Medîne). Möglich wäre, daß no. 1 und 2 identisch sind. Weiteres über den letzten und über Kamose [Sarg DARESSY rec. IX 61; Speer PETRIE, Hist. II 14; SETHE, Urk. der 18. Dyn. 13; Kamose und Amosis an der Felswand von Toškeḥ in Unternubien: WEIGALL, Ant. of Lower Nubia pl. 65] s. im nächsten Band.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 81965, Bd. 1/2, S. 323-329.
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