Andere sumerische Herrscher. Uruk. Lugalzaggisi

[497] 390. Gleichartige Vorgänge, wie sie sich in Lagaš abgespielt haben, werden wir, wenn die übrigen Ruinenhügel Sinears einmal eine ähnliche Ausbeute ergeben sollten, in zahlreichen Städten des alten Sumererlandes kennen lernen; und wenn einmal Djocha, der Hügel, der Umma bedeckt, erforscht ist, wird sich das einseitige Bild, das Tello bietet, vielfach beleben und berichtigen. Zur Zeit vermögen wir nur die eine Tatsache zu erkennen, daß unter den sumerischen Orten allmählich Uruk, die Stadt der Nanaia und des gewaltige Heros Gilgameš, dem sie den Bau ihrer Mauer zuschreibt, in die erste Stelle rückt und den Kampf gegen die Semiten immer wieder von neuem aufnimmt. Ob schon der Besieger des Enbi-ištar und Enšagkušanna (§ 382) von hier ausgegangen sind, wissen wir nicht. Wohl aber kennen wir einen König, der sich Lugal-kigub-nidudu schreibt, der die Anerkennung Ellils gefunden hat, und dem dieser »Herrentum und Königtum vereinigt, aus Uruk ein Herrentum, aus Ur ein Königtum gemacht hat«. Zum Dank dafür hat er und sein Sohn und Mitregent Lugalkisalsi, der gleichfalls den Titel »König von Uruk, König von Ur« führt, nach Nippur mehrere Steingefäße und große Steinblöcke geweiht, die später von Šarganišarri von Akkad und Pursin benutzt worden sind. Ob es sich bei ihm um ein wirkliches Oberkönigtum über das ganze Land handelt, was allerdings einen Kampf mit Kiš voraussetzen würde, oder nur um ein lokales Königtum, wie das Urukaginas von Lagaš, wissen wir nicht.


Die Denkmäler: HILPRECHT, Bab. Exped. I no. 23-25. 86-89. pl. XVII. XVIII, vgl. I 2 p. 46. 57f. TH.-D. S. 156. Grüner Onyx des Lugalkisalsi aus Warka: BANKS, American J. of Semitic phil. XXI 62. [In der Stele Lugalkisalsis, die Gudea errichtet Cyl. A 23, 9, muß der Name appellative Bedeutung haben.] Die beiden Könige müssen in die Zeit vor Lugalzaggisi gehören.

[497] 391. Nach der SCHEILschen Königsliste ist auf die hier nur in sagenhaften Umrissen erscheinende Dynastie von Kiš der König Lugalzaggisi von Uruk gefolgt, mit einer Regierung von 25 Jahren (um 2800 v. Chr.). Er hat also dem Reich von Kiš und damit der Herrschaft der Semiten im Norden ein Ende gemacht. Lugalzaggisi war vorher schon bekannt. Er ist der Sohn des Ukuš, Patesi von Umma. Vermutlich hat er, wie Urukagina von Lagaš, die Oberherrschaft von Kiš abgeschüttelt und dann zunächst noch als Patesi von Umma den alten Rivalen seiner Vaterstadt niedergeworfen, wobei ihm die von Urukagina durch seine Reformen hervorgerufene Opposition behilflich gewesen sein mag. Urukagina wurde besiegt und seiner Stadt die frühere Unbill gründlich heimgezahlt: die Leute von Umma metzelten die Bewohner in den Tempeln und Palästen nieder, steckten diese in Brand, zerschlugen die Götterstatuen und raubten das Silber und die edlen Steine. Wir besitzen noch eine Tontafel, auf der ein Schreiber aus Lagaš alle diese Schandtaten aufzählt und die Strafe auf das Haupt der Nisaba (§ 371), der Schutzgöttin des Geschlechts Lugalzaggisi's, herabruft, während, wie er versichert, den König Urukagina keine Schuld treffe. – Nach diesem Erfolg mag Lugalzaggisi seine Macht zunächst im Euphratgebiet weiter ausgedehnt und seine Residenz in die alte Königsstadt Uruk verlegt haben. Dann hat er dem Reich von Kiš ein Ende gemacht, und Ellil von Nippur hat ihm das »Königtum des Landes (kalama)« verliehen. In der großen Inschrift, die auf zahlreichen von ihm nach Nippur geweihten Steinvasen steht, redet er, ganz anders als Urukagina von Lagaš, durchaus als Vertreter des echten Sumerertums: er häuft die Titulaturen, die ihn in Beziehung zu den Göttern setzen, ist nicht nur »König von Uruk, König des Landes«, sondern auch Priester des Anu, Prophet der Nisaba, »Großpatesi Ellils« (vgl. § 389 A.). In den Heiligtümern von Sumer (Kiengi) machte man ihn zum Patesi der Länder (kurkura), in Uruk zum Oberpriester«; und so hat er für sie und ihre Götter gesorgt und sie mit Freude erfüllt, Uruk, Ur, Larsa, [498] Umma, Nippur und andere. Von den Städten des Nordens dagegen, die in den Händen der Semiten waren, nennt er keine einzige. Untertan müssen sie ihm gewesen sein; denn nicht nur ganz Sinear hat er beherrscht, sondern an der Spitze eines Heeres, »zahlreich wie die Kräuter«, um dessen Erhaltung und Nahrung er zu Ellil betet, hat er die Welt weithin unterworfen. »Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hat er erobert, vom unteren Meer des Tigris und Euphrat bis zum oberen Meer Ellil ihm die Wege geebnet«. Somit ist er jedenfalls bis zum Mittelmeer vorgedrungen; sein Machtbereich ist weit größer als der der Könige von Kiš, er ist der erste der von Sinear ausgegangenen großen Eroberer, von dem wir Kunde haben. Aber er hat die gewonnene Machtstellung nur kurze Zeit behaupten können; nach 25jähriger Regierung ist er einer neuen und entscheidenden Erhebung der Semiten von Akkad erlegen.


Die Inschrift Lugalzaggisis, TH.-D. S. 152f., ist von HILFRECHT, Bab. Exped. I 87, mit großer Mühe und Sorgfalt aus den zahlreichen Bruchstücken hergestellt. Der Bericht aus Tello: TH.-D. S. 56f. (Rev. d'Assyr. VI 26 = Nouv. fouilles p. 45, vgl. p. 214f.) – Zu der umstehenden Übersicht vgl. die Liste der Dynastien von Opis und Kiš § 381 A.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 81965, Bd. 1/2, S. 497-499.
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