Fußnoten

1 Italica wird durch Scipio das geworden sein, was in Italien forum et concihabulum civium Romanorum hieß; ähnlich ist später Aquae Sextiae in Gallien entstanden. Die Entstehung überseeischer Bürgergemeinden beginnt erst später mit Karthago und Narbo; indes ist es merkwürdig, daß in gewissem Sinne doch auch dazu schon Scipio den Anfang machte.


2 Die Chronologie des Viriathischen Krieges ist wenig gesichert. Es steht fest, daß Viriathus' Auftreten von dem Kampf mit Vetilius datiert (Appian Hisp. 61; Liv. 52; Oros. 5, 4) und daß er 615 [139] umkam (Diodor Vat. p. 110 u.a.m.); die Dauer seines Regiments wird auf 8 (Appian Hisp. 63), 10 (Justin 44, 2), 11 (Diodor p. 597), 15 (Liv. 54; Eutrop. 4, 16; Oros. 5, 4; Flor. 1, 33) und 20 Jahre (Vellei. 2, 90) berechnet. Der erste Ansatz hat deswegen einige Wahrscheinlichkeit, weil Viriathus' Auftreten sowohl bei Diodor (p. 591; Vat. p. 107. 108) wie auch bei Orosius (5, 4) an die Zerstörung von Korinth angeknüpft wird. Von den römischen Statthaltern, mit denen Viriathus schlug, gehören ohne Zweifel mehrere der nördlichen Provinz an, da Viriathus zwar vorwiegend, aber nicht ausschließlich in der südlichen tätig war (Liv. 52); man darf also nicht nach der Zahl dieser Namen die Zahl der Jahre seiner Feldherrnschaft berechnen.


3 Der Zug der Küste ist im Laufe der Jahrhunderte so verändert worden, daß man an der alten Stätte die ehemaligen Lokalverhältnisse nur unvollkommen wiedererkennt. Den Namen der Stadt bewahrt das Kap Kartadschena, auch von dem dort befindlichen Heiligengrab Ras Sidi bu Said genannt, die in den Golf hineinragende östliche Spitze der Halbinsel und ihr höchster 393 F. über dem Meere gelegener Punkt.


4 Die von Beulé (Fouilles à Carthage, 1861) mitgeteilten Tiefmaße sind in Metern und in griechischen Fuß (1 = 0.309):


Fußnoten

oder, wie Diodor (p. 522) angibt, 22 Ellen (1 griechische Elle = 11/2 Fuß), während Livius (bei Oros. 4,22) und Appian (Pun. 95), die eine andere minder genaue Stelle des Polybios vor Augen gehabt zu haben scheinen, die Mauertiefe auf 30 Fuß ansetzen. Die dreifache Mauer Appians, über die bisher durch Florus 1,31 eine falsche Vorstellung verbreitet war, ist die Außenmauer, die Vorder- und die Hintermauer der Kasematten. Daß dies Zusammentreffen nicht zufällig ist und wir hier in der Tat die Überreste der berühmten karthagischen Mauer vor uns haben, wird jedem einleuchten; Davis' Einwürfe (Carthage and her remains p. 370 fg.) zeigen nur, daß gegen die wesentlichen Ergebnisse Beulés auch mit dem besten Willen wenig auszurichten ist. Nur muß man festhalten, daß die alten Berichterstatter die Angaben, um die es sich handelt, sämtlich nicht von der Burgmauer geben, sondern von der Stadtmauer an der Landseite, von der die Mauer an der Südseite des Burghügels ein integrierender Teil war (Oros. 4, 22). Dazu stimmt, daß die Ausgrabungen auf dem Burghügel gegen Osten, Norden und Westen nirgends Spuren von Befestigungen, dagegen an der Südseite ebenjene großartigen Mauerreste gezeigt haben. Es ist kein Grund vorhanden dieselben als Überreste einer besonderen von der Stadtmauer verschiedenen Burgbefestigung anzusehen; weitere Grabungen in entsprechender Tiefe – das Fundament der an der Byrsa aufgefundenen Stadtmauer liegt 56 Fuß unter dem heutigen Boden – werden vermutlich längs der ganzen Landseite gleiche oder doch ähnliche Fundamente zu Tage fördern, wenn auch wahrscheinlich da, wo die ummauerte Vorstadt Magalia sich an die Hauptmauer an lehnte, die Befestigung entweder von Haus aus schwächer gewesen oder früh vernachlässigt worden ist. Wie lang die Mauer im ganzen war, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen; doch ergibt sich, da 300 Elefanten hier Stallung fanden und auch deren Futtermagazine und vielleicht noch andere Räumlichkeiten sowie die Tore in Anrechnung zu bringen sind, schon hieraus eine sehr ansehnliche Längenentwicklung. Daß die innere Stadt, in deren Mauer die Byrsa einbegriffen war, zumal im Gegensatz zu der besonders ummauerten Vorstadt Magalia zuweilen selber Byrsa genannt wird (App. Pun. 117; Nepos bei Servius Aen. 1, 368), ist leicht begreiflich.


5 So rechnet Appian a.a.O.; Diodor giebt, wahrscheinlich mit Einrechnung der Zinnen, die Höhe auf 40 Ellen oder 60 Fuß. Der erhaltene Überrest ist noch 12-16 Fuß (4-5 Meter) hoch.


6 Die bei der Ausgrabung zu Tage gekommenen hufeisenförmigen Säle haben eine Tiefe von 14, eine Breite von 11 griech. Fuß; die Weite der Eingänge wird nicht angegeben. Ob diese Maße und die Verhältnisse des Korridors ausreichen, um in ihnen Elefantenställe zu erkennen, bleibt durch genauere Ermittelung festzustellen. Die Zwischenmauern, die die Säle voneinander scheiden, haben die Dicke von 1.1 Meter = 31/2 Fuß.

7 Oros. 4, 22. Reichlich 2000 Schritte oder – wie Polybios gesagt haben wird – 16 Stadien sind ungefähr 3000 Meter. Der Burghügel, auf dem jetzt die Kirche des h. Ludwig steht, mißt oben etwa 1400, auf der halben Höhe etwa 2600 Meter im Umkreis (Beulé p. 22); auf den unteren Umfang wird jene Angabe recht gut auskommen.


8 Sie trägt jetzt das Fort Goletta.


9 Daß dieses phönikische Wort das kreisförmig ausgegrabene Bassin bezeichnet, zeigt sowohl Diodor 3, 44 wie die Bedeutung Becher, in der die Griechen dasselbe verwenden. Es paßt also nur auf den inneren Hafen Karthagos und davon brauchen es auch Strabon 17, 2, 14 (wo es eigentlich für die Admiralinsel gesetzt ist) und Fest. ep. v. cothones p. 37. Appian Pun. 127 bezeichnet nicht ganz genau den viereckigen Vorhafen des Kothon als Teil desselben.


10 Οἶος πέπνυται, τοὶ δὲ σκιαὶ ἀίσσουσιν.


11 Als Handelsstraße zwischen dem Adriatischen und Schwarzen Meer, als diejenige nämlich, in deren Mitte die kerkyräischen Weinkrüge den thasischen und lesbischen begegnen, kennt diese Straße schon der Verfasser der pseudoaristotelischen Schrift, von den merkwürdigen Dingen'. Auch heute noch läuft dieselbe wesentlich in gleicher Richtung von Durazzo, die Berge von Bagora (Kandavisches Gebirge) am See von Ochrida (Lychnitis) durchschneidend, über Monastir nach Salonik.


12 Aus den sabinischen Ortschaften, aus Parma, ja aus Italica in Spanien (S. 4) sind noch mehrere mit Mummius' Namen bezeichnete Basen bekannt, die einst solche Beutegaben trugen.


13 Die Frage, ob Griechenland im J. 608 [146] römische Provinz geworden sei oder nicht, läuft in der Hauptsache auf einen Wortstreit hinaus. Daß die griechischen Gemeinden durchgängig ›frei‹ blieben (C.I. Gr. 1543, 15; Caesar b.c. 3, 5; Appian Mithr. 58; Zonar. 9, 31), ist ausgemacht; aber nicht minder ist es ausgemacht, daß Griechenland damals von den Römern ›in Besitz genommen ward‹ (Tac. ann. 14, 21; 1 Makkab. 8, 9, 10); daß von da an jede Gemeinde einen festen Zins nach Rom entrichtete (Pausan. 7, 16, 6, vgl. Cic. de prov. cons. 3, 5), die kleine Insel Gyaros zum Beispiel jährlich 150 Drachmen (Strabon 10, 485); daß die ›Ruten und Beile‹ des römischen Statthalters fortan auch in Griechenland schalteten (Polyb. 38, 1 c, vgl. Cic. Verr. l. 1, 21, 55) und derselbe die Oberaufsicht über die Stadtverfassungen (C.I. Gr. 1543) sowie in gewissen Fällen die Kriminaljurisdiktion (C.I. Gr. 1543; Plut. Cim. 2) fortan ebenso übte wie bis dahin der römische Senat; daß endlich die makedonische Provinzialära auch in Griechenland im Gebrauch war. Zwischen diesen Tatsachen ist keineswegs ein Widerspruch oder doch kein anderer als derjenige, welcher überhaupt in der Stellung der freien Städte liegt, welche bald als außerhalb der Provinz stehend (z.B. Sueton Caes. 25; Colum. 11, 3, 26), bald als der Provinz zugeteilt (z.B. Joseph, ant. Iud. 14, 4, 4) bezeichnet werden. Der römische Domanialbesitz in Griechenland beschränkte sich zwar auf den Korinthischen Acker und etwa einige Stücke von Euböa (C.I. Gr. 5879) und eigentliche Untertanen gab es dort gar nicht; allein darum konnte dennoch, wenn man auf das tatsächlich zwischen den griechischen Gemeinden und dem makedonischen Statthalter bestehende Verhältnis sieht, ebenso wie Massalia zur Provinz Narbo, Dyrrhachion zur Provinz Makedonien, auch Griechenland zu der makedonischen Provinz gerechnet werden. Es finden sich sogar noch viel weitergehende Fälle: Das Cisalpinische Gallien bestand seit 655 [89] aus lauter Bürger- oder latinischen Gemeinden und ward dennoch durch Sulla Provinz; ja in der Cäsarischen Zeit begegnen Landschaften, die ausschließlich aus Bürgergemeinden bestehen und die dennoch keineswegs aufhören Provinzen zu sein. Sehr klar tritt hier der Grundbegriff der römischen provincia hervor; sie ist zunächst nichts als das ›Kommando‹ und alle Verwaltungs- und Juris diktionstätigkeit des Kommandanten sind ursprünglich Nebengeschäfte und Korollarien seiner militärischen Stellung. – Andererseits muß dagegen, wenn man die formelle Souveränität der freien Gemeinden ins Auge faßt, zugestanden werden, daß durch die Ereignisse des J. 608 [146] Griechenlands Stellung staatsrechtlich sich nicht änderte; es waren mehr faktische als rechtliche Verschiedenheiten, daß statt der Achäischen Eidgenossenschaft jetzt die einzelnen Gemeinden Achäas als tributäre Klientelstaaten neben Rom standen und daß seit Einrichtung der römischen Sonderverwaltung in Makedonien diese anstatt der hauptstädtischen Behörden die Oberaufsicht über die griechischen Klientelstaaten übernahm. Man kann demnach, je nachdem die tatsächliche oder die formelle Auffassung überwiegt, Griechenland als Teil des Kommandos von Makedonien ansehen oder auch nicht; indes wird der ersteren Auffassung mit Recht das Übergewicht eingeräumt.


14 Ein merkwürdiger Beleg dafür ist die Benennung der feinen griechischen Bronze- und Kupferwaren, die in der Ciceronischen Zeit ohne Unterschied ›korinthisches‹ oder ›delisches Kupfer‹ genannt werden. Die Bezeichnung ist in Italien begreiflicherweise nicht von den Fabrikations-, sondern von den Exportplätzen hergenommen (Plin. h.n. 34, 2, 9); womit natürlich nicht geleugnet wird, daß dergleichen Gefäße auch in Korinth und Delos selbst fabriciert wurden.


15 Mehrere vor kurzem (Münchener Sitzungsberichte 1860 S. 180 fg.) bekannt gewordene Schreiben der Könige Eumenes II und Attalos II an den Priester von Pessinus, welcher durchgängig Attis heißt (vgl. Polyb. 22, 20), erläutern diese Verhältnisse sehr anschaulich. Das älteste derselben und das einzige datierte, geschrieben im 34. Regierungsjahre des Eumenes am 7. Tage vor dem Ende des Gorpiäos, also 590/1 [164/3] d. St., bietet dem Priester militärische Hilfe an um den (sonst nicht bekannten) Pesougern von ihnen besetztes Tempelland zu entreißen. Das folgende, ebenfalls noch von Eumenes, zeigt den König als Partei in der Fehde zwischen dem Priester von Pessinus und dessen Bruder Aiorix. Ohne Zweifel gehörten beide Handlungen des Eumenes zu denjenigen, die in den J. 590 [164] fg. in Rom zur Anzeige kamen als Versuche desselben sich in die gallischen Angelegenheiten auch fernerhin zu mengen und dort seine Parteigenossen zu stützen (Polyb. 31, 6, 9. 32, 3, 5). Dagegen geht aus einem der Schreiben seines Nachfolgers Attalos hervor, wie sich die Zeiten geändert und die Wünsche herabgestimmt hatten. Der Priester Attis scheint auf einer Zusammenkunft in Apameia von Attalos abermals die Zusage bewaffneter Hilfe erhalten zu haben; nachher aber schreibt ihm der König, daß in einem deswegen abgehaltenen Staatsrat, dem Athenäos (sicher der bekannte Bruder des Königs), Sosandros, Menogenes, Chloros und andere Verwandte (ἀναγκαῖοι) beigewohnt hätten, nach langem Schwanken endlich die Majorität dem Chloros dahin beigetreten sei, daß nichts geschehen dürfe ohne die Römer vorher zu befragen; denn selbst wenn ein Erfolg erreicht werde, setzte man sich dem Wiederverlust und dem bösen Verdacht aus, ›den sie auch gegen den Bruder‹ (Eumenes II) ›gehegt hätten‹.


16 In demselben Testament gab der König seiner Stadt Pergamon die ›Freiheit‹, das heißt die δημοκρατία das städtische Selbstregiment. Laut einer merkwürdigen kürzlich dort gefundenen Urkunde (Staatsrecht 33 S. 726) beschloß nach Eröffnung des Testaments, aber vor dessen Bestätigung durch die Römer der also konstituierte Demos den bisher vom Bürgerrecht ausgeschlossenen Klassen der Bevölkerung, insbesondere den im Census aufgeführten Paröken und den in Stadt und Land wohnhaften Soldaten, auch den Makedoniern, das städtische Bürgerrecht zu verleihen, um also ein gutes Einverständnis in der gesamten Bevölkerung herbeizuführen. Offenbar wollte die Bürgerschaft, indem sie die Römer vor die vollendete Tatsache dieser umfassenden Ausgleichung stellte, vor dem eigentlichen Eintreten der römischen Herrschaft sich gegen dieselbe in Verfassung setzen und den fremden Gebietern die Möglichkeit nehmen die Rechtsverschiedenheiten innerhalb der Bevölkerung zur Sprengung der Gemeindefreiheit zu benutzen.


17 Diese seltsamen ›Heliopoliten‹ sind, nach der mir von einem Freunde geäußerten wahrscheinlichen Meinung, so zu fassen, daß die befreiten Sklaven als Bürger einer umgenannten oder auch vielleicht für jetzt nur gedachten Stadt Heliopolis sich konstituierten, die ihren Namen von dem in Syrien hochverehrten Sonnengott empfing.


18 Von ihm rühren die Münzen her mit der Aufschrift ›Shekel Israel‹ und der Jahreszahl des ›heiligen Jerusalem‹ oder ›der Erlösung Sions‹. Die ähnlichen mit dem Namen Simons, des Fürsten (Nessi) Israel, gehören nicht ihm, sondern dem Insurgentenführer Bar-Kochba unter Hadrian.


19 Im J. 537 wurde das die Wiederwahl zum Konsulat beschränkende Gesetz auf die Dauer des Krieges in Italien (also bis 551) suspendiert (I, 792; Liv. 27,6). Nach Marcellus' Tode 546 aber sind Wiederwahlen zum Konsulat, wenn die abdicierenden Konsuln von 592 nicht mitgerechnet werden, überhaupt nur vorgekommen in den J. 547. 554. 560. 579. 585. 586. 591. 596. 599. 602; also nicht öfter in diesen sechsundfünfzig als zum Beispiel in den zehn Jahren 401-410. Nur eine von diesen, und eben die letzte, ist mit Verletzung des zehnjährigen Intervalls (I, 312) er folgt; und ohne Zweifel ist die seltsame Wahl des Marcus Marcellus Konsul 588 und 599 zum dritten Konsulat für 602, deren nähere Umstände wir nicht kennen, die Veranlassung der gesetzlichen Untersagung der Wiederwahl zum Konsulat überhaupt (Liv. ep. 56) geworden; zumal da dieser Antrag, als von Cato unterstützt (p. 55 Jordan), vor 605 eingebracht worden sein muß.


20 Auch damals wurde es geltend gemacht, daß die Menschenrasse daselbst durch besondere Dauerhaftigkeit sich vorzugsweise zum Sklavenstand eigne. Schon Plautus (trin. 542) preist ›den Syrerschlag, der mehr verträgt als ein andrer sonst‹.


21 Auch die hybrid griechische Benennung des Arbeitshauses (ergastulum, von ἐργάζομαι nach Analogie von stabulum, operculum) deutet darauf, daß diese Wirtschaftsweise aus einer Gegend des griechischen Sprachgebiets und in einer noch nicht hellenisch durchgebildeten Zeit den Römern zukam.


22 Noch jetzt finden sich vor Castrogiovanni, da wo der Aufgang am wenigsten jäh ist, nicht selten römische Schleuderkugeln mit dem Namen des Konsuls von 621: L. Piso L.f. cos.


23 Die bisher nur aus Cicero (de l. agr. 2, 31, 82; vgl. Liv. 42, 2, 19) teilweise bekannte Tatsache wird jetzt durch die Fragmente des Licinianus p. 4 wesentlich vervollständigt. Die beiden Berichte sind dahin zu vereinigen, daß Lentulus die Possessoren gegen eine von ihm festgesetzte Entschädigungssumme expropriierte, bei den wirklichen Grundeigentümern aber nichts ausrichtete, da er sie zu expropriieren nicht befugt war und sie auf Verkauf sich nicht einlassen wollten.


24 Hierher gehört eine Rede contra legem iudiciariam Ti. Gracchi, womit nicht, wie man gesagt hat, ein Gesetz über Quästionengerichte gemeint ist, sondern das Supplementargesetz zu seiner Ackerrogation: ut triumviri iudicarent, qua publicus ager, qua privatus esset (Liv. ep. 28; oben S. 86).


25 Die Restriktion, daß die Kontinuierung nur statthaft sein solle, wenn es an andern geeigneten Bewerbern fehle (Appian b.c. 1, 21), war nicht schwer zu umgehen. Das Gesetz selbst scheint nicht den älteren Ordnungen anzugehören (Staatsrecht 13, 473), sondern erst von den Gracchanern eingebracht zu sein.


26 So die bei der Ankündigung seiner Gesetzvorschläge gesprochenen Worte: ›Wenn ich zu euch redete und von euch begehrte, da ich von edler Herkunft bin und meinen Bruder um euretwillen eingebüßt habe und nun niemand weiter übrig ist von des Publius Africanus und des Tiberius Gracchus Nachkommen als nur ich und ein Knabe, mich für jetzt feiern zu lassen, damit nicht unser Stamm mit der Wurzel ausgerottet werde und ein Sprößling dieses Geschlechts übrig bleibe: so möchte wohl solches mir von euch bereitwillig zugestanden werden‹.


27 So möchte die Angabe Appians (Hisp. 78), daß sechsjähriger Dienst berechtige den Abschied zu fordern, auszugleichen sein mit der bekannteren des Polybios 6, 19, über welche Marquardt (Handbuch 6, 381) richtig urteilt. Die Zeit, wo beide Neuerungen aufkamen, läßt sich nicht weiter bestimmen, als daß die erste wahrscheinlich schon im J. 603 (Nitzsch Gracchen S. 231), die zweite sicher schon zu Polybios' Zeit bestand. Daß Gracchus die Zahl der gesetzlichen Dienstjahre herabsetzte, scheint aus Asconius in Cornel. p. 68 zu folgen; vgl. Plutarch Ti. Gracch. 16. Dio fr. 83. 7 Bekk.


28 Daß er und nicht Tiberius der Urheber dieses Gesetzes ist, zeigt jetzt Fronto in den Briefen an Verus z.A. Vgl Gracchus bei Gell. 11, 10; Cie. de rep. 3, 29 und Verr. 3, 6, 12; Vellei. 2. 6.


29 Die zunächst durch diese Veränderung des Richterpersonals veranlaßte neue Gerichtsordnung für die ständige Kommission wegen Erpressungen besitzen wir noch zum großen Teil: sie ist bekannt unter dem Namen des Servilischen oder vielmehr Acilischen Re petundengesetzes.


30 Dies und das Gesetz ne quis iudicio circumveniatur dürften identisch sein


31 Auf diesen Handel um den Besitz von Phrygien, welches nach der Einziehung des Attalischen Reiches von Manius Aquillius den Königen von Bithynien und von Pontos zu Kauf geboten und von dem letzteren durch Mehrgebot erstanden ward (S. 55), bezieht sich ein noch vorhandenes längeres Redebruchstück des Gracchus. Er bemerkt darin, daß von den Senatoren keiner umsonst sich um die öffentlichen Angelegenheiten bekümmere, und fügt hinzu: in Beziehung auf das in Rede stehende Gesetz (über die Verleihung Phrygiens an König Mithradates) teile der Senat sich in drei Klassen: solcher die dafür seien, solcher die dagegen seien und solcher die stillschwiegen – die ersten seien bestochen von König Mithradates, die zweiten von König Nikomedes, die dritten aber seien die feinsten, denn diese ließen sich von den Gesandten beider Könige bezahlen und jede Partei glauben, daß in ihrem Interesse geschwiegen werde.


32 Er ist großenteils noch vorhanden und bekannt uuter dem jetzt seit dreihundert Jahren fortgepflanzten falschen Namen des Thorischen Ackergesetzes.


33 Das zeigt, wie bekannt, der weitere Verlauf. Man hat dagegen geltend gemacht, daß bei Valerius Maximus 6, 9, 13 Quintus Caepio Patron des Senats genannt werde; allein teils beweist dies nicht genug, teils paßt was daselbst erzählt wird schlechterdings nicht auf den Konsul des J. 648 und es muß hier eine Irrung sein, sei es nun im Namen oder in den berichteten Tatsachen.


34 Vielfältig wird angenommen, daß die Einrichtung der Provinz Kilikien erst erfolgte nach der kilikischen Expedition des Publius Servilius 676 [78] fg., allein mit Unrecht, denn schon 662 [92] finden wir Sulla (Appian Mithr. 57; b.c. 1, 77; Victor 75), 674 [80]. 675 [79] Gnaeus Dolabella (Cic. Verr. I. 1, 16, 44) als Statthalter von Kilikien, wonach nichts übrig bleibt als die Einrichtung der Provinz in das J. 652 [102] zu setzen. Hierfür spricht ferner, daß in dieser Zeit die Züge der Römer gegen die Korsaren, wie zum Beispiel die balearischen, ligurischen, dalmatischen, regelmäßig gerichtet erscheinen auf Besetzung der Küstenpunkte, von wo der Seeraub ausging; natürlich, denn da die Römer keine stehende Flotte hatten, war das einzige Mittel dem Seeraub wirksam zu steuern die Besetzung der Küsten. Übrigens ist daran zu erinnern, daß der Begriff der provincia nicht unbedingt Besitz der Landschaft in sich schließt, sondern an sich nichts ist als ein selbständiges militärisches Kommando; es ist sehr möglich, daß die Römer zu nächst in dieser rauhen Landschaft nichts nahmen als Station für Schiffe und Mannschaft. – Das ebene Ostkilikien blieb bis auf den Krieg gegen Tigranes bei dem Syrischen Reich (Appian Syr. 48); die ehemals zu Kilikien gerechneten Landschaften nördlich des Tauros, das sogenannte kappadokische Kilikien und Kataonien gehörten jenes seit der Auflösung des Attalischen Reiches (Justin 37, 1; oben S. 54), dieses wohl schon seit dem Frieden mit Antiochos zu Kappadokien.


35 Der Stammbaum der numidischen Fürsten ist folgender:


Fußnoten

36 In der spannenden und geistreichen Darstellung dieses Krieges von Sallust ist die Chronologie mehr als billig vernachlässigt. Der Krieg ging im Sommer 649 [105] zu Ende (c. 114); wenn also Marius seine Kriegführung als Konsul 647 [107] begann, so führte er dort das Kommando in drei Campagnen. Allein die Erzählung schildert nur zwei, und mit Recht. Denn eben wie Metellus allem Anschein nach zwar schon 645 [109] nach Afrika ging, aber, da er spät eintraf (c. 37. 44) und die Reorganisation des Heeres Zeit kostete (c. 44), seine Operationen erst im folgenden Jahr begann, trat auch Marius, der gleichfalls in Italien längere Zeit sich mit Kriegsvorbereitungen aufhielt (c. 84), entweder als Konsul 647 [107] spät im Jahre und nach beendigtem Feldzug oder auch erst als Prokonsul 648 [106] den Oberbefehl an; so daß also die beiden Feldzüge des Metellus 646 [108]. 647 [107], die des Marius 648 [106]. 649 [105] fallen. Dazu paßt, daß Metellus erst im Jahre 648 [106] triumphierte (Eph. epigr. IV p. 257). Dazu paßt ferner, daß die Schlacht am Muthul und die Belagerung von Zama nach dem Verhältnis, in dem sie zu Marius' Bewerbung um das Konsulat stehen, notwendig in das Jahr 646 [108] gesetzt werden müssen. Von Ungenauigkeiten ist der Schriftsteller auf keinen Fall freizusprechen; wie denn Marius sogar noch 649 [105] bei ihm Konsul genannt wird. – Die Verlängerung des Kommandos des Metellus, die Salluslius 62, 10 berichtet, kann sich nach dem Platze, an dem sie steht, nur beziehen auf das Jahr 647 [107]; als im Sommer 646 [108] auf Grund des Sempronischen Gesetzes die Provinzen der für 647 [107] zu wählenden Konsuln festzusetzen waren, bestimmte der Senat zwei andere Provinzen und ließ also Numidien dem Metellus. Diesen Senatsschluß stieß das 72, 7 erwähnte Plebiscit um. Die folgenden in den besten Handschriften beider Familien lückenhaft überlieferten Worte sed paulo.... decreverat: ea res frustra fuit müssen entweder die den Konsuln vom Senat bestimmten Provinzen genannt haben – etwa sed paulo [ante uti consulibus Italia et Gallia provinciae essent senatus] decreverat – oder, nach der Ergänzung der Vulgatbandschriften: sed paulo [ante senatus Metello Numidiam] decreverat.


37 Jetzt Bedschah an der Medscherda.


38 Die Örtlichkeit ist nicht wiedergefunden. Die frühere Annahme, daß Thelepte (bei Feriana, nördlich von Capsa) gemeint sei, ist willkürlich und die Identifikation mit einer auch heute Thala genannten Örtlichkeit östlich Capsa auch nicht gehörig begründet.


39 Sallusts politisches Genregemälde des Jugurthinischen Krieges, in der sonst völlig verblaßten und verwaschenen Tradition dieser Epoche das einzige in frischen Farben übrig gebliebene Bild, schließt mit Jugurthas Katastrophe, seiner Kompositionsweise getreu, poetisch, nicht historisch; und auch anderweitig fehlt es an einem zusammenhängenden Bericht über die Behandlung des Numidischen Reiches. Daß Gauda Jugurthas Nachfolger ward, deuten Sallust c. 64 und Dio fr. 79, 4 Bekk. an und bestätigt eine Inschrift von Cartagena (Orell. 630), die ihn König und Vater Hiempsals II. nennt Daß im Westen die zwischen Numidien einer- und dem römischen Afrika und Kyrene andererseits bestehenden Grenzverhältnisse unverändert blieben, zeigt Caesar b.c. 2, 38. b. Afr. 43, 77 und die spätere Provinzialverfassung. Dagegen liegt es in der Natur der Sache und wird auch von Sallust c. 97. 102. 111 angedeutet, daß Bocchus' Reich bedeutend vergrößert ward; womit es unzweifelhaft zusammenhängt, daß Mauretanien, ursprünglich beschränkt auf die Landschaft von Tingis (Marocco), in späterer Zeit sich erstreckt auf die Landschaft von Caesarea Provinz Algier) und die von Sitifis (westliche Hälfte der Provinz Constantine). Da Mauretanien zweimal von den Römern vergrößert ward, zuerst 649 [105] nach Jugurthas Auslieferung, sodann 708 [46] nach Auflösung des Numidischen Reiches, so ist wahrscheinlich die Landschaft von Caesarea bei der ersten, die von Sitifis bei der zweiten Vergrößerung hinzugekommen.


40 Wenn Cicero, indem er dies den Africanus schon im J. 625 [129] sagen läßt (de rep. 3, 9), nicht einen Anachronismus sich hat zu Schulden kommen lassen, so bleibt wohl nur die im Text bezeichnete Auffassung möglich. Auf Norditalien und Ligurien bezieht diese Verfügung sich nicht, wie schon der Weinbau der Genuaten im J. 637 [117] (I, 844 A.) beweist; ebensowenig auf das unmittelbare Gebiet von Massalia (Just. 43, 4; Poseidon, fr. 25 Müll; Strabon 4, 179). Die starke Ausfuhr von Öl und Wein aus Italien nach dem Rhonegebiet im siebenten Jahrh. der Stadt ist bekannt.


41 In der Auvergue. Ihre Hauptstadt, Nemetum oder Nemossus, lag nicht weit von Clermont.


42 Die Schlacht bei Vindalium stellen zwar der Livianische Epitomator und Orosius vor die an der Isara; allein auf die umgekehrte Folge führen Florus und Strabon 4, 191 und sie wird bestätigt teils dadurch, daß Maximus nach dem Auszug des Livius und Plinius h.n. 7, 50 die Gallier als Konsul besiegte, teils besonders durch die Kapitolinischen Fasten, nach denen nicht bloß Maximus vor Ahenobarbus triumphierte, sondern auch jener über die Allobrogen und den Arvernerkönig, dieser nur über die Arverner. Es ist einleuchtend, daß die Schlacht gegen Allobrogen und Arverner früher stattgefunden haben muß als die gegen die Arverner allein.


43 Aquae ward nicht Kolonie, wie Livius ep. 61 sagt, sondern Kastell (Strabon 4, 180; Vellei. 1, 15; Madvig opusc. I, 303). Dasselbe gilt von Italica (S. 4) und vielen anderen Orten – so ist zum Beispiel Vindonissa rechtlich nie etwas anderes gewesen als ein keltisches Dorf, aber dabei zugleich ein befestigtes römisches Lager und eine sehr ansehnliche Ortschaft.


44 S. 41. Die Pirusten in den Tälern des Drin gehörten zur Provinz Makedonien, streiften aber hinüber in das benachbarte Illyricum (Caesar b.G. 5, 1).


45 »Zwischen dem Herkynischen Walde (d.h. hier wohl der rauhen Alb), dem Rhein und dem Main wohnten die Helvetier«, sagt Tacitus (Germ. 28), »weiterhin die Boier.« Auch Poseidonios (bei Strabon 7, 293) gibt an, daß die Boier zu der Zeit, wo sie die Kimbrer abschlugen, den Herkynischen Wald bewohnten, d.h. die Gebirge von der rauhen Alb bis zum Böhmerwald. Wenn Caesar sie »jenseit des Rheines« versetzt (b.G. 1, 5), so ist dies damit nicht in Widerspruch, denn da er hier von helvetischen Verhältnissen ausgeht, kann er sehr wohl die Landschaft nordöstlich vom Bodensee meinen; womit vollkommen übereinstimmt, daß Strabon (7, 292) die ehemals boische Landschaft als dem Bodensee angrenzend bezeichnet, nur daß er nicht ganz genau als Anwohner des Bodensees die Vindeliker daneben nennt, da diese sich dort erst festsetzten, nachdem die Boier diese Striche geräumt hatten. Aus diesen ihren Sitzen waren die Boier von den Marcomanen und anderen deutschen Stämmen schon vor Poseidonios' Zeit, also vor 650 [100] vertrieben; Splitter derselben irrten zu Caesars Zeit in Kärnten umher (Caesar b.G. 1, 5) und kamen von da zu den Helvetiern und in das westliche Gallien; ein andrer Schwarm fand neue Sitze am Plattensee, wo er dann von den Geten vernichtet ward, die Landschaft aber, die sogenannte »boische Einöde«, den Namen dieses geplagteste aller keltischen Völker bewahrte. Vgl. I, 668 A.


46 Galli Karni heißen sie in den Triumphalfasten, Ligures Taurisci (denn so ist statt des überlieferten Ligures et Caurisci zu schreiben) bei Victor.


47 Der Quästor von Makedonien M. Annius P.f., dem die Stadt Lete (Aivati 4 St. nordwestlich von Thessalonike) im J. 29 [118] der Provinz, d. St. 636 diesen Denkstein setzte (Dittenberger syll. 247), ist sonst nicht bekannt; der Prätor Sex. Pompeius, dessen Fall darin erwähnt wird, kann kein anderer sein als der Großvater des Pompeius, mit dem Caesar stritt, der Schwager des Dichters Lucilius. Die Feinde werden bezeichnet als Γαλατῶν ἔϑνος. Es wird hervorgehoben, daß Annius aus Schonung gegen die Provinzialen es unterließ ihre Kontingente aufzubieten und mit den römischen Truppen allein die Barbaren zurücktrieb. Allem Anschein nach hat Makedonien schon damals eine faktisch stehende römische Besatzung erfordert.

48 Ist Quintus Fabius Maximas Eburnus Konsul 638 [116] nach Makedonien gegangen (C.I. Gr. 1534; Zumpt comm. epigr. 2, 167), so muß auch er dort einen Mißerfolg erlitten haben, da Cicero in Pison. 16, 38 sagt; ex (Macedonia) aliquot praetorio imperio, consulari quidem nemo rediit, qui incolumis fuerit, quin triumpharit; denn die für diese Epoche vollständige Triumphalliste kennt nur die drei makedonischen Triumphe des Metellus 643 [110], des Drusus 644 [111] und des Minucius 648 [106].


49 Da nach Frontinus (2, 4, 3), Velleius und Eutrop die von Minucius besiegte Völkerschaft die Skordisker waren, so kann es nur ein Fehler von Florus sein, daß er statt des Margos (Morawa) den Hebros (die Maritza) nennt.


50 Von dieser Vernichtung der Skordisker, während die Mäder und Dardaner zum Vertrag zugelassen wurden, berichtet Appian (Illyr. 5), und in der Tat sind seitdem die Skordisker aus dieser Gegend verschwunden. Wenn die schließliche Überwältigung im 32. Jahr ἀπὸ τῆς πρώτης ἐς Κελτοὺς πείρας stattgefunden hat, so scheint dies von einem zweiunddreißigjährigen Krieg zwischen den Römern und den Skordiskern verstanden werden zu müssen, dessen Beginn vermutlich nicht lange nach der Konstituierung der Provinz Makedonien (608 [146]) fällt und von dem die oben verzeichneten Waffenereignisse (636 [118]-647 [107]) ein Teil sind. Daß die Überwindung kurz vor dem Ausbruch der italischen Bürgerkriege, also wohl spätestens 663 [91] erfolgt ist, geht aus Appians Erzählung hervor . Sie fällt zwischen 650 [104] und 656 [98], wenn ihr ein Triumph gefolgt ist, denn vor- und nachher ist das Triumphalverzeichnis vollständig; indes ist es möglich, daß es aus irgend einem Grunde zum Triumph nicht kam. Der Sieger ist weiter nicht bekannt; vielleicht ist es kein anderer als der Konsul des Jahres 671 [83], da dieser infolge der Cinnanisch-Marianischen Wirren füglich verspätet zum Konsulat gelangt sein kann.


51 Denn der Bericht, daß an den Küsten der Nordsee durch Sturmfluten große Landschaften weggerissen und dadurch die massenhafte Auswanderung der Kimbrer veranlaßt worden sei (Strabon 7, 293), erscheint zwar uns nicht wie denen die ihn aufzeichneten märchenhaft, allein ob er auf Überlieferung oder Vermutung sich gründet, ist doch nicht zu entscheiden.


52 Die gewöhnliche Annahme, daß die Tougener und Tigoriner mit den Kimbrern zugleich in Gallien eingerückt seien, läßt sich auf Strabon 7,293 nicht stützen und stimmt wenig zu dem gesonderten Auftreten der Helvetier. Die Überlieferung über diesen Krieg ist übrigens in einer Weise trümmerhaft, daß eine zusammenhängende Geschichtserzählung, völlig wie bei den Samnitischen Kriegen, nur Anspruch machen kann auf ungefähre Richtigkeit.


53 Hierher gehört ohne Zweifel das Fragment Diodors Vat. p. 122.


54 Die Amtsentsetzung des Prokonsuls Caepio, mit der die Vermögenseinziehung verbunden war (Liv. ep. 67), ward wahrscheinlich unmittelbar nach der Schlacht von Arausio (6. Okt. 649 [105]) von der Volksversammlung ausgesprochen. Daß zwischen der Absetzung und der eigentlichen Katastrophe einige Zeit verstrich, zeigt deutlich der im J. 650 gestellte auf Caepio gemünzte Antrag, daß Amtsentsetzung den Verlust des Sitzes im Senat nach sich ziehen solle (Asconius in Cornel. 78). Die Fragmente des Licinianus (p. 10: Cn. Manilius ob eandem causam quam et Caepio L. Saturnini rogatione e civitate est cito [?] eiectus; wodurch die Andeutung bei Cic. de or. 2, 28, 125 klar wird, lehren jetzt, daß ein von Lucius Appuleius Saturninus vorgeschlagenes Gesetz diese Katastrophe herbeigeführt hat. Es ist dies offenbar kein anderes als das Appuleische Gesetz über die geschmälerte Majestät des römischen Staates (Cic. de or. 2, 25, 107. 49, 201) oder wie der Inhalt desselben schon früher (2 S. 193 der ersten Aufl.) bestimmt ward, Saturninus' Antrag auf Niedersetzung einer außerordentlichen Kommission zur Untersuchung der während der kimbrischen Unruhen vorgekommenen Landesverrätereien. Die Untersuchungskommission wegen des Goldes von Tolosa (Cic. de n.d. 3, 30, 74) entsprang in ganz ähnlicher Weise aus dem Appuleischen Gesetz, wie die dort weiter genannten Specialgerichte über eine ärgerliche Richterbestechung aus dem Mucischen von 613 [141], die über die Vorgänge mit den Vestalinnen aus dem Peducäischen von 641 [113], die über den Jugurthinischen Krieg aus dem Mamilischen von 644 [110]. Die Vergleichung dieser Fälle lehrt auch, daß von dergleichen Specialkommissionen, anders als von den ordentlichen, selbst Strafen an Leib und Leben erkannt werden konnten und erkannt worden sind. Wenn anderweitig der Volkstribun Gaius Norbanus als derjenige genannt wird, der das Verfahren gegen Caepio veranlaßte und dafür später zur Verantwortung gezogen ward (Cic. de or. 2, 40, 167. 48, 199. 4, 200. or. part. 30, 105 u.a. St.), so ist dies damit nicht in Widerspruch; denn der Antrag ging, wie gewöhnlich, von mehreren Volkstribunen aus (Ad Herenn. 1, 14, 24. Cic. de or. 2, 47, 197), und da Saturninus bereits tot war, als die aristokratische Partei daran denken konnte Vergeltung zu üben, hielt man sich an den Kollegen. Was die Zeit dieser zweiten und schließlichen Verurteilung Caepios anlangt, so ist die gewöhnliche sehr unüberlegte Annahme, welche dieselbe in das J. 650 [95], zehn Jahre nach der Schlacht von Arausio setzt, bereits früher zurückgewiesen worden. Sie beruht lediglich darauf, daß Crassus als Konsul, also 659 [95] für Caepio sprach (Cic. Brut. 44, 162); was er aber offenbar nicht als dessen Sachwalter tat, sondern als Norbanus wegen seines Verfahrens gegen Caepio im J. 659 [95] von Publius Sulpicius Rufus zur Verantwortung gezogen ward. Früher wurde für diese zweite Anklage das J. 650 [104] angenommen; seit wir wissen, daß sie aus einem Antrag des Saturninus hervorging, kann man nur schwanken zwischen dem J. 651 [103], wo dieser zum ersten (Plutarch Mar. 14. Oros. 5, 17. App. 1, 28. Diodor p. 608. 631) und 654 [100], wo er zum zweiten Male Volkstribun war. Ganz sicher entscheidende Momente finden sich nicht, aber die sehr überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht für das erstere Jahr, teils weil dies den Unglücksfällen in Gallien näher steht, teils weil in den ziemlich ausführlichen Berichten über Saturninus' zweites Tribunat Quintus Caepio des Vaters und der gegen diesen gerichteten Gewaltsamkeiten nicht gedacht wird. Daß die infolge der Urteilssprüche wegen der unterschlagenen tolosanischen Beute an den Staatsschatz zurückgezahlten Summen von Saturninus im zweiten Tribunat für seine Kolonisationspläne in Anspruch genommen werden (De viris ill. 73, 5 und dazu Orelli ind. legg. p, 137), ist an sich nicht entscheidend und kann überdies leicht durch Verwechselung von dem ersten afrikanischen auf das zweite allgemeine Ackergesetz des Saturninus übertragen worden sein. – Daß späterhin, als Norbanus belangt ward, dies eben auf Grund des von ihm mitveranlaßten Gesetzes geschah, ist eine dem römischen politischen Prozeß dieser Zeit gewöhnliche Ironie (Cic. Brut. 89, 305) und darf nicht etwa zu dem Glauben verleiten, als sei das Appuleische Gesetz schon, wie das spätere Cornelische, ein allgemeines Hochverratsgesetz gewesen.


55 Diese Darstellung beruht im wesentlichen auf dem verhältnismäßig zuverlässigsten Livianischen Bericht in der Epitome (wo zu lesen ist: reversi in Galliam in Vellocassis se Teutonis coniunxerunt) und bei Obsequens, mit Beseitigung der geringeren Zeugnisse, die die Teutonen schon früher, zum Teil, wie Appian Celt. 13, schon in der Schlacht von Noreia, neben den Kimbrern auftreten lassen. Damit sind verbunden die Notizen bei Caesar b.G. 1, 33. 2, 4. 29, da mit dem Zug der Kimbrer in die römische Provinz und nach Italien nur die Expedition von 652 gemeint sein kann.


56 Man hat nicht wohl getan von der Überlieferung abweichend das Schlachtfeld nach Verona zu verlegen; wobei übersehen ward, daß zwischen den Gefechten an der Etsch und dem entscheidenden Treffen ein ganzer Winter und vielfache Truppenbewegungen liegen, und daß Catulus nach ausdrücklicher Angabe (Plut. Mär. 24) bis auf das rechte Poufer zurückgewichen war. Auch die Angaben, daß am Po (Hier. chron.) und daß da, wo Stilicho später die Geten schlug, d.h. bei Cherasco am Tanaro, die Kimbrer geschlagen wurden, führen, obwohl beide ungenau, doch viel eher nach Vercellae als nach Verona.


57 Es ist nicht möglich genau zu unterscheiden, was dem ersten und was dem zweiten Tribunat des Saturninus angehört; um so weniger als derselbe in beiden offenbar dieselben Gracchischen Tendenzen verfolgte. Das afrikanische Ackergesetz setzt die Schrift de viris ill. 73, 1 mit Bestimmtheit in 651 [103]: und es paßt dies auch zu der erst kurz vorher erfolgten Beendigung des Jngurthinischen Krieges. Das zweite Ackergesetz gehört unzweifelhaft in das Jahr 654 [100]. Das Majestäts- und das Getreidegesetz sind nur vermutungsweise jenes in 651 [103] (S. 180 A.), dieses in 654 [100] gesetzt worden.


58 Dahin führen alle Spuren. Der ältere Quintus Caepio war 648 [106] Konsul, der jüngere 651 [103] oder 654 [100] Quästor, also jener um oder vor 605 [149], dieser um 624 [130] oder 627 [127] geboren; daß jener starb ohne Söhne zu hinterlassen (Strabon 4, 188), widerspricht nicht, denn der jüngere Caepio fiel 664 [90] und der ältere, der im Exil zu Smyrna sein Leben beschloß, kann gar wohl ihn überlebt haben.


59 Diese Ziffern sind den Censuszahlen der Jahre 639 [115] und 684 [70] entnommen; waffenfähige Bürger zählte man in jenem Jahr 394336, in diesem 910000 (nach Phlegon fr. 13 Müll., welchen Satz Clinton und dessen Ausschreiber fälschlich auf den Census von 668 [86] beziehen; nach Liv. ep. 98 wurden – nach der richtigen Lesung – 900000 Köpfe gezählt). Die einzige zwischen diesen beiden bekannte Zählungsziffer, die des Census von 668 [86], der nach Hieronymus 463000 Köpfe ergab, ist wohl nur deshalb so gering ausgefallen, weil er mitten in der Krise der Revolution stattfand. Da ein Steigen der Bevölkerung Italiens in der Zeit von 639 [115] bis 684 [70] nicht denkbar ist und selbst die Sullanischen Landanweisungen die Lücken, die der Krieg gerissen, höchstens gedeckt haben können, so darf der Überschuß von reichlich 500000 Waffenfähigen mit Sicherheit auf die inzwischen erfolgte Aufnahme der Bundesgenossen zurückgeführt werden. Indes ist es möglich und sogar wahrscheinlich, daß in diesen verhängnisvollen Jahren der Gesamtstand der italischen Bevölkerung vielmehr zurückging; rechnet man das Gesamtdeficit auf 100000 Waffenfähige, was nicht übertrieben erscheint, so kommen für die Zeit des Bundesgenossen krieges in Italien auf zwei Bürger drei Nichtbürger.


60 Die Eidesformel ist erhalten (bei Diodor V at. p. 128); sie lautet: ›Ich schwöre bei dem kapitolinischen Jupiter und bei der römischen Vesta und bei dem angestammten Mars und bei der zeugenden Sonne und bei der nährenden Erde und bei den göttlichen Gründern und Mehrern (den Penaten) der Stadt Rom, daß mir Freund sein soll und Feind sein soll wer Freund und Feind ist dem Drusus; ingleichen daß ich weder meines eigenen noch des Lebens meiner Kinder und meiner Eltern schonen will, außer insoweit es dem Drusus frommt und den Genossen dieses Eides. Wenn ich aber Bürger werden sollte durch das Gesetz des Drusus, so will ich Rom achten als meine Heimat und Drusus als den größten meiner Wohltäter. Diesen Eid will ich abnehmen so vielen meiner Mitbürger als ich vermag; und schwöre ich recht, so gehe es mir wohl, schwöre ich falsch, so gehe es mir übel!‹ – Indes wird man wohltun diesen Bericht mit Vorsicht zu benutzen; er rührt entweder her aus den gegen Drusus von Philippus gehaltenen Reden (worauf die sinnlose von dem Auszugmacher der Eidesformel vorgesetzte Überschrift ›Eid des Philippus‹ zu führen scheint) oder im besten Fall aus den später über diese Verschwörung in Rom aufgenommenen Kriminalprozeßakten; und auch bei der letzteren Annahme bleibt es fraglich, ob diese Eidesformel aus den Inkulpaten her aus- oder in sie hineininquiriert ward.


61 Selbst aus unserer dürftigen Kunde, worunter Diodor p. 538 und Strabon 5, 4, 2 noch das Beste geben, erhellt dies sehr bestimmt; wie denn zum Beispiel der letztere ausdrücklich sagt, daß die Bürgerschaft die Beamten wählte. Daß der Senat von Italia in anderer Weise gebildet werden und andere Kompetenz haben sollte als der römische, ist wohl behauptet, aber nicht bewiesen worden. Man wird bei der ersten Zusammensetzung natürlich für eine einigermaßen gleichmäßige Vertretung der insurgierten Städte gesorgt haben; allein daß die Senatoren von Rechts wegen von den Gemeinden deputiert werden sollten, ist nirgends überliefert. Ebensowenig schließt der Auftrag an den Senat die Verfassung zu entwerfen die Promulgation durch den Beamten und die Ratifikation durch die Volksversammlung aus.


62 Die Schleuderbleie von Asculum beweisen, daß auch im Heere des Strabo die Gallier sehr zahlreich waren.


63 Wir haben noch einen römischen Senatsbeschluß vom 22. Mai 676 [78], welcher dreien griechischen Schiffskapitänen von Karystos, Klazomenä und Miletos für die seit dem Beginn des Italischen Krieges (664 [90]) geleisteten treuen Dienste bei ihrer Entlassung Ehren und Vorteile zuerkennt. Gleichartig ist die Nachricht Memnons, daß von Herakleia am Schwarzen Meer für den italischen Krieg zwei Trieren aufgeboten und dieselben im elften Jahre mit reichen Ehrengaben heimgekehrt seien.


64 Daß diese Angabe Appians nicht übertrieben ist, beweisen die Schleuderbleie von Asculum, die unter andern die fünfzehnte Legion nennen.


65 Das Julische Gesetz muß in den letzten Monaten des J. 664 [90] erlassen sein, da während der guten Jahreszeit Caesar im Felde stand; das Plautische ist wahrscheinlich, wie in der Regel die tribunicischen Anträge, unmittelbar nach dem Amtsantritt der Tribune, also Dec. 664 [90] oder Jan. 665 [89] durchgebracht worden.


66 Schleuderbleie mit dem Namen der Legion, die sie warf, auch wohl mit Verwünschungen der ›entlaufenen Sklaven‹ – demnach römische – oder mit der Aufschrift entweder: ›triff die Picenter‹ oder ›triff den Pompeius‹ – jene römische, diese italische – finden sich von jener Zeit her noch jetzt zahlreich in der Gegend von Ascoli.


67 Dieser Epoche müssen die seltenen Denare mit Safinim und G. Mutil in oskischer Schrift angehören; denn solange die Italia von den Insurgenten festgehalten ward, konnte kein einzelner Gau als souveräne Macht Münzen mit dem eignen Namen schlagen.


68 Dediticiis, sagt Licinianus p. 15 unter dem J. 667 [87], omnibus [ci]vita[s] data; qui polliciti mult[a] milia militum vix XV.. cohortes miserunt; worin der Livianische Bericht (epit. 80: Italicis populis a senatu civitas data est) in teilweise schärferer Fassung wiedererscheint. Dediticii sind nach römischem Staatsrecht diejenigen peregrinischen Freien (Gaius I, 13-15. 25. Ulp. 20, 14. 22, 2), die den Römern untertan geworden und zu keinem Bündnis zugelassen worden sind. Sie behalten nicht bloß Leben, Freiheit und Eigentum, sondern können auch in Gemeinden mit eigener Verfassung konstituiert sein. Ἀπόλιδες, nullius certae civitatis cives (Ulp. 20, 14; vgl. Dig. 48, 19, 17, 1) sind nur die durch rechtliche Fiktion den dediticii gleichgestellten Freigelassenen (ii qui dediticiorum numero sunt, nur mißbräuchlich und bei besseren Schriftstellern selten geradezu dediticii genannt: Gai. 1, 12. Ulp. 1, 14. Paul. 4, 12, 6) ebenso wie die verwandten liberti Latini Iuniani. Aber die dediticii sind dennoch dem römischen Staate gegenüber insofern rechtlos, als nach römischem Staatsrecht jede Dedition notwendig unbedingt ist (Polyb. 21, 1. vgl. 20, 9. 10. 36, 2) und alle ihnen ausdrücklich oder stillschweigend zugestandenen Rechte nur precario, also auf beliebigen Widerruf zugestanden werden (Appian Hisp. 44), der römische Staat also, was er auch gleich oder später über seine Dediticier verhängen mag, niemals gegen sie eine Rechtsverletzung begehen kann. Diese Rechtlosigkeit hört erst auf durch Abschließung eines Bündnisvertrages (Liv. 34, 57). Darum erscheinen deditio und foedus als staatsrechtlich sich ausschließende Gegensätze (Liv. 4, 30. 28, 34. Cod. Theod. 7, 13, 16 und dazu Gothofr.) und nichts andres ist auch der den Juristen geläufige Gegensatz der Quasidediticier und der Quasilatiner, denn die Latiner sind eben die Föderierten im eminenten Sinn (Cic. pro Balb 24, 54). – Nach dem älteren Staatsrecht gab es, mit Ausnahme der nicht zahlreichen infolge des Hannibalischen Krieges ihrer Verträge verlustig erklärten Gemeinden (I, 800), keine italischen Dediticier; noch in dem Plautischen Gesetz von 664/5 [90/89] schloß die Bezeichnung: qui foederatis civitatibus adscripti fuerunt (Cic. pro Arch. 4, 7) wesentlich alle Italiker ein. Da nun aber unter den dediticii, die 667 [87] nachträglich das Bürgerrecht empfingen, doch nicht füglich bloß die Brettier und Picenter verstanden sein können, so wird man annehmen dürfen, daß alle Insurgenten, soweit sie die Waffen niedergelegt und nicht nach dem Plautisch-Papirischen Gesetz das Bürgerrecht erworben hatten, als Dediticier behandelt oder, was dasselbe ist, daß ihre durch die Insurrektion von selbst kassierten Verträge (darum qui foederati fuerunt in der angeführten Ciceronischen Stelle) ihnen bei der Ergebung nicht rechtlich erneuert wurden.


69 Klar ist es nicht, was das ›Zwölftelgesetz‹ der Konsuln Sulla und Rufus von 666 [88] in dieser Hinsicht vorschrieb; die einfachste Annahme bleibt aber darin eine Erneuerung des Gesetzes von 397 [867] (I, 282) zu sehen, so daß der höchste erlaubte Zinsfuß wieder 1/12 des Kapitals für das zehnmonatliche oder 10% für das zwölfmonatliche Jahr ward.


70 Die als phrygisch angeführten Wörter Βαγαῖος = Zeus und der alte Königsname Μάνις sind unzweifelhaft richtig auf das zendische bagha = Gott und das deutsche Mannus, indisch Manus zurückgeführt worden. Lassen, Ztschr. der Deutschen morgenländ. Gesellschaft Bd. 10 S. 329f.


71 Sie sind hier zusammengefaßt, da sie freilich zum Teil erst zwischen den ersten und den zweiten, zum Teil aber doch schon vor den ersten Krieg mit Rom fallen (Memn. 30; Justin 38, 7 a.E.; App. Mithr. 13; Eutrop 5, 5) und eine Erzählung nach der Zeitfolge sich hier nun einmal schlechterdings nicht durchführen läßt. Auch das neu gefundene Dekret von Chersonesos (S. 274 A.) hat in dieser Hinsicht keinen Aufschluß gegeben. Danach ist Diophantos zweimal gegen die taurischen Skythen gesandt worden; aber daß die zweite Schilderhebung derselben mit dem Beschluß des römischen Senats zu Gunsten der skythischen Fürsten (S. 227) in Verbindung steht, erhellt aus der Urkunde nicht und ist nicht einmal wahrscheinlich.


72 Es hat viele Wahrscheinlichkeit, daß die ungemeine Trockenheit, die vornehmlich jetzt den Ackerbau in der Krim und in diesen Gegenden überhaupt erschwert, sehr gesteigert worden ist durch das Schwinden der Wälder des mittleren und südlichen Rußland, die ehemals bis zu einem gewissen Grad die Küstenlandschaft gegen den austrocknenden Nordostwind schützten.


73 Das kürzlich aufgefundene Ehrendekret der Stadt Chersonesos für diesen Diophantos (Dittenberger syll. n. 252) bestätigt die Überlieferung durchaus. Es zeigt uns die Stadt in nächster Nähe – den Hafen von Balaklava müssen die Taurer, Simferopol die Skythen damals in der Gewalt gehabt haben – bedrängt teils von den Taurern an der Südküste der Krim, teils und vor allem von den Skythen, die das ganze Innere der Halbinsel und das angrenzende Festland in der Gewalt haben; es zeigt uns ferner, wie der Feldherr des Königs Mithradates nach allen Seiten hin der Griechenstadt Luft macht, die Taurer niederschlägt und in ihrem Gebiet eine Zwingburg (wahrscheinlich Eupatorion) errichtet, die Verbindung zwischen den westlichen und den östlichen Hellenen der Halbinsel herstellt, im Westen die Dynastie des Skiluros, im Osten den Skythenfürsten Saumakos überwältigt, die Skythen bis auf den Kontinent verfolgt und endlich sie mit den Reuxinalern – so heißen hier, wo sie zuerst auftreten, die späteren Roxolaner – in der großen Feldschlacht besiegt, deren auch die schriftliche Überlieferung gedenkt. Eine formelle Unterordnung der Griechenstadt unter den König scheint nicht stattgefunden zu haben; Mithradates erscheint nur als schützender Bundesgenosse, der gegen die als unbesiegbar geltenden (τοὺς ἀνυποστάτους δοκοῦντας εἰμεν) Skythen für die Griechenstadt die Schlachten schlägt, welche wahrscheinlich zu ihm ungefähr in dem Verhältnis gestanden hat wie Massalia und Athen zu Rom. Die Skythen dagegen in der Krim werden Untertanen (ὑπάκοοι) des Mithradates.


74 Die Chronologie der folgenden Ereignisse ist nur ungefähr zu bestimmen. Um 640 [114] etwa scheint Mithradates Eupator tatsächlich die Regierung angetreten zu haben; Sullas Intervention fand 662 [92] statt (Livius epit. 70), womit die Berechnung der Mithradatischen Kriege auf einen Zeitraum von dreißig Jahren (662-691 [92-63]) zusammenstimmt (Plinius h.n. 7, 26, 97). In die Zwischenzeit fallen die paphlagonischen und kappadokischen Successionshändel, mit denen die von Mithradates wie es scheint in Saturninus' erstem Tribunat 651 [103] (S. 198) in Rom versuchte Bestechung (Diod. 631) wahrscheinlich schon zusammenhängt. Marius, der 655 [99] Rom verließ und nicht lange im Osten verweilte, traf Mithradates schon in Kappadokien und verhandelte mit ihm wegen seiner Übergriffe (Cic. ad Brut. 1, 5; Plut. Mar. 31); Ariarathes VI. war also damals schon ermordet.


75 Ein vor kurzem in dem Dorfe Aresli südlich von Synnada gefundener Senatsbeschluß vom J. 638 [116] (Viereck sermo Graecus quo senatus Romanus usus sit S. 51) bestätigt sämtliche von dem König bis zu seinem Tode getroffenen Anordnungen und zeigt also, daß Großphrygien nach dem Tode des Vaters nicht bloß dem Sohn genommen ward, was auch Appian berichtet, sondern damit geradezu unter römische Botmäßigkeit kam.


76 Die Urheber der Gefangennehmung und Auslieferung des Aquillius traf fünfundzwanzig Jahre später die Vergeltung, indem sie nach Mithradates' Tode dessen Sohn Pharnakes an die Römer übergab.


77 Man muß sich erinnern, daß seit dem Bundesgenossenkrieg auf die Legion, da sie nicht mehr von italischen Kontingenten begleitet ist, mindestens nur die halbe Mannzahl kommt wie vordem.


78 Die Chronologie dieser Ereignisse liegt wie alle Einzelheiten überhaupt in einem Dunkel, das die Forschung höchstens bis zur Dämmerung zu zerstreuen vermag. Daß die Schlacht von Chäroneia, wenn auch nicht an demselben Tage wie die Erstürmung von Athen (Pausan. 1, 20), doch bald nachher, etwa im März 668 [86], stattfand, ist ziemlich sicher. Daß die darauf folgende thessalische und die zweite böotische Campagne nicht bloß den Rest des J. 668 [86], sondern auch das ganze J. 669 [85] in Anspruch nahmen, ist an sich wahrscheinlich und wird es noch mehr dadurch, daß Sullas Unternehmungen in Asien nicht genügen um mehr als einen Feldzug auszufüllen. Auch scheint Licinianus anzudeuten, daß Sulla für den Winter 668/9 [86/5] wieder nach Athen zurückging und hier die Untersuchungen und Bestrafungen vornahm; worauf dann die Schlacht von Orchomenos erzählt wird. Darum ist der Übergang Sullas nach Asien nicht 669 [85], sondern 670 [84] gesetzt worden.


79 Es ist kürzlich (Waddington Zusätze zu Lebas inscr. 3, 136 a) der desfällige Beschluß der Bürgerschaft von Ephesos aufgefunden worden. Sie seien, erklären die Bürger, in die Gewalt des ›Königs von Kappadokien‹ Mithradates geraten, erschreckt durch die Masse seiner Streitkräfte und die Plötzlichkeit seines Angriffs; wie aber die Gelegenheit dazu sich darbiete, erklärten sie ›für die Herrschaft (ἡγεμονία) der Römer und die gemeine Freiheit‹ ihm den Krieg.


80 Die Angabe, daß Mithradates den Städten, die seine Partei ergriffen hatten, im Frieden Straflosigkeit ausbedungen habe (Memnon 35), erscheint schon nach dem Charakter des Siegers wie des Besiegten wenig glaublich und fehlt auch bei Appian wie bei Licinianus. Die schriftliche Abfassung des Friedensvertrages ward versäumt, was später zu vielen Entstellungen benutzt ward.


81 Auch die armenische Tradition kennt den ersten Mithradatischen Krieg. König Ardasches von Armenien, berichtet Moses von Khorene, begnügte sich nicht mit dem zweiten Rang, der ihm im Persischen (Parthischen) Reich von Rechts wegen zukam, sondern zwang den Partherkönig Arschagan, ihm die höchste Gewalt abzutreten, worauf er in Persien sich einen Palast bauen und daselbst Münzen mit eigenem Bildnis schlagen ließ und den Arschagan zum Unterkönig Persiens, seinen Sohn Dicran (Tigranes) zum Unterkönig Armeniens bestellte, seine Tochter Ardaschama aber vermählte mit dem Großfürsten der Iberer Mihrdates (Mithradates), der von dem Mihrdates, Satrapen des Dareios und Statthalters Alexanders über die besiegten Iberer, abstammte und in den nördlichen Bergen sowie über das Schwarze Meer befahl. Ardasches nahm darauf den König der Lydier Krösus gefangen, unterwarf das Festland zwischen den beiden großen Meeren (Kleinasien) und ging über das Meer mit unzähligen Schiffen, um den Westen zu bezwingen. Da in Rom damals Anarchie war, fand er nirgends ernstlichen Widerstand, aber seine Soldaten brachten einander um und Ardasches fiel von der Hand seiner Leute. Nach Ardasches' Tode rückte sein Nachfolger Dicran gegen die Armee der Griechen (d.i. der Römer), die jetzt ihrerseits in das armenische Land eindrangen; er setzte ihrem Vordringen ein Ziel, übergab seinem Schwager Mithradates die Verwaltung von Madschag (Mazaka in Kappadokien) und des Binnenlandes nebst einer ansehnlichen Streitmacht und kehrte zurück nach Armenien. Viele Jahre später zeigte man noch in den armenischen Städten Statuen griechischer Götter von bekannten Meistern, Siegeszeichen aus diesem Feldzug. – Man erkennt hier verschiedene Tatsachen des ersten Mithradatischen Kriegs ohne Mühe wieder, aber die ganze Erzählung ist augenscheinlich durcheinandergeworfen, mit fremdartigen Zusätzen ausgestattet und namentlich durch patriotische Fälschung auf Armenien übertragen. Ganz ebenso wird später der Sieg über Crassus den Armeniern beigelegt. Diese orientalischen Nachrichten sind mit um so größerer Vorsicht aufzunehmen, als sie keineswegs reine Volkssage sind, sondern teils die Nachrichten des Josephus, Eusebius und andrer den Christen des fünften Jahrhunderts geläufiger Quellen darin mit den armenischen Traditionen verschmolzen, teils auch die historischen Romane der Griechen und ohne Frage auch die eigenen patriotischen Phantasien des Moses dafür ansehnlich in Kontribution gesetzt sind. So schlecht unsere occidentalische Überlieferung an sich ist, so kann die Zuziehung der orientalischen in diesem und in ähnlichen Fällen, wie zum Beispiel der unkritische Saint-Martin sie versucht hat, doch nur dahin führen sie noch stärker zu trüben.


82 Die ganze folgende Darstellung beruht wesentlich auf dem neu aufgefundenen Bericht des Licinianus, der eine Anzahl früher unbekannter Tatsachen mitteilt und vor allem die Folge und Verknüpfung dieser Vorgänge deutlicher, als bisher möglich war, erkennen läßt.


83 S. 247. Daß eine Bestätigung durch die Komitien nicht stattfand, geht aus Cic. Phil. 12, 11, 27 hervor. Der Senat scheint sich der Form bedient zu haben die Frist des Plautisch – Papirischen Gesetzes (S. 238) einfach zu verlängern, was ihm nach Herkommen (I, 317) freistand und tatsächlich hinauslief auf Erteilung des Bürgerrechts an alle Italiker.


84 Adflatus sidere, wie Livius (nach Obsequens 56) sagt, heißt ›von der Pest ergriffen‹ (Petronius sat. 2; Plinius n.h. 2, 41, 108; Liv. 8, 9, 12), nicht ›vom Blitz getroffen‹, wie die Späteren es mißverstanden haben.


85 Lucius Valerius Flaccus, den die Fasten als Konsul 668 [86] nennen, ist nicht der Konsul des J. 654 [100], sondern ein gleichnamiger jüngerer Mann, vielleicht des vorigen Sohn. Einmal ist das Gesetz, das die Wiederwahl zum Konsulat untersagte, von c. 603 [151] (S. 69) bis 673 [81] rechtlich in Kraft geblieben und es ist nicht wahrscheinlich, daß dasselbe, was für Scipio Aemilianus und Marius, auch für Flaccus geschah. Zweitens wird nirgends, wo der eine oder der andere Flaccus genannt wird, eines doppelten Konsulats gedacht, auch nicht wo es notwendig war wie Cic. pro Flacc. 32, 77. Drittens kann der Lucius Valerius Flaccus, der im J. 669 [85] als Vormann des Senats, also als Konsular in Rom tätig war (Liv. 83), nicht der Konsul des J. 668 [86] sein, da dieser damals bereits nach Asien abgegangen und wahrscheinlich schon tot war. Der Konsul 654 [100], Censor 657 [97] ist derjenige, den Cicero (ad Att. 8, 3, 6) unter den 667 [87] in Rom anwesenden Konsularen nennt; er war 669 [85] unzweifelhaft der älteste lebende Altcensor und also geeignet zum Vormann des Senats; er ist auch der Zwischenkönig und der Reiterführer von 672 [82]. Dagegen ist der Konsul 668 [86], der in Nikomedeia umkam (S. 296), der Vater des von Cicero verteidigten Lucius Flaccus (pro Flacc. 25, 61 vgl. 23, 55; 32, 77).


86 Nur an diesen kann hier gedacht werden, da Marcus Brutus der Vater des sogenannten Befreiers im J. 671 [83] Volkstribun war, also nicht im Felde kommandieren konnte.


87 Es wird gemeldet, daß Sulla in dem Engpaß stand, durch den Praeneste allein zugänglich war (App. 1, 90); und die weiteren Ereignisse zeigen, daß sowohl ihm als dem Entsatzheer die Straße nach Rom offen stand. Ohne Zweifel stand Sulla auf der Querstraße, die von der latinischen, auf der die Samniten herankamen, bei Valmontono nach Palestrina abbiegt; in diesem Fall kommunicierte Sulla auf der praenestinischen, die Feinde auf der latinischen oder labicanischen mit der Hauptstadt.


88 Ein anderer Name kann wohl kaum in der Korruptel Liv. 89 miam in Samnio sich verbergen; vgl. Strabon 5, 3, 10.


89 Satius est uti regibus quam uti malis legibus (ad Herenn. 2, 22).


90 Diese Gesamtzahl gibt Valerius Maximus 9, 2, 1. Nach Appian b.c. 1, 95 wurden von Sulla geächtet gegen 40 Senatoren, wozu nachträglich noch einige hinzukamen, und etwa 1600 Ritter; nach Florus 2, 9 (daraus Augustin de civ. dei 3, 28) 2000 Senatoren und Ritter. Nach Plutarch Sull. 31 wurden in den ersten drei Tagen 520, nach Orosius 5, 21 in den ersten Tagen 580 Namen in die Liste eingetragen. Zwischen all diesen Berichten ist ein wesentlicher Widerspruch nicht vorhanden, da ja teils nicht bloß Senatoren und Ritter getötet wurden, teils die Liste monatelang offen blieb. Wenn an einer andern Stelle Appian 1, 103 als von Sulla getötet oder verbannt aufführt 15 Konsulare, 90 Senatoren, 2600 Ritter, so sind hier, wie schon der Zusammenhang zeigt, die Opfer des Bürgerkriegs überhaupt und die Opfer Sullas verwechselt. Die fünfzehn Konsulare sind Quintus Catulus Konsul 652 [102], Marcus Antonius 655 [99], Publius Crassus 657 [97], Quintus Scaevola 659 [95], Lucius Domitius 660 [94], Lucius Caesar 664 [90], Quintus Rufus 666 [88], Lucius Cinna 667 [87]-670 [84], Gnaeus Octavius 667 [87], Lucius Merula 667 [87], Lucius Flaccus 668 [86], Gnaeus Carbo 669 [85]. 670 [84]. 672 [82], Gaius Norbanus 671 [83], Lucius Scipio 671 [83], Gaius Marius 672 [82], von denen vierzehn getötet, einer, Lucius Scipio, verbannt wurde. Wenn dagegen der Livianische Bericht bei Eutrop 5, 9 und Orosius 5, 22 als im Bundesgenossen- und Bürgerkrieg weggerafft (consumpti) angibt 24 Konsulare, 7 Prätorier, 6 Ädilicier, 200 Senatoren, so sind hier teils die im Italischen Kriege gefallenen Männer mitgezählt, wie die Konsulare Aulus Albinus Konsul 655 [99], Titus Didius 656 [98], Publius Lupus 664 [90], Lucius Cato 665 [89], teils vielleicht Quintus Metellus Numidicus (S. 203), Manius Aquillius, Gaius Marius der Vater, Gnaeus Strabo, die man allenfalls auch als Opfer dieser Zeit ansehen konnte, oder andere Männer, deren Schicksal uns nicht bekannt ist. Von den vierzehn getöteten Konsularen sind drei, Rufus, Cinna und Flaccus durch Militärrevolten, dagegen acht Sullanische, drei Marianische Konsulare als Opfer der Gegenpartei gefallen. Nach der Vergleichung der oben angegebenen Ziffern galten als Opfer des Marius 50 Senatoren und 1000 Ritter, als Opfer des Sulla 40 Senatoren und 1600 Ritter; es gibt dies einen wenigstens nicht ganz willkürlichen Maßstab zur Abschätzung des Umfangs der beiderseitigen Frevel.


91 Einer von diesen ist der in Ciceros Rede für Publius Quinctius öfter genannte Senator Sextus Alfenus.


92 I, 422. Es kam hierbei noch die eigentümliche Erschwerung hinzu, daß das latinische Recht sonst regelmäßig ebenwie das peregrinische die Mitgliedschaft in einer bestimmten latinischen oder peregrinischen Gemeinde in sich schloß, hier aber – ähnlich wie bei den späteren Freigelassenen latinischen und dedi ticischen Rechts (vgl. S. 247 A.) – ohne ein solches eigenes Stadtrecht auftrat. Die Folge war, daß diese Latiner die an die Stadtverfassung geknüpften Privilegien entbehrten, genau genommen auch nicht testieren konnten, da niemand anders ein Testament errichten kann als nach dem Recht seiner Stadt; wohl aber konnten sie aus römischen Testamenten erwerben und unter Lebenden unter sich wie mit Römern oder Latinern in den Formen des römischen Rechts verkehren.


93 Daß Sullas Umlage der rückständigen fünf Jahresziele und der Kriegskosten auf die Gemeinden von Asia (Appian Mithr. 62 und sonst) auch für die Zukunft maßgebend war, zeigt schon die Zurückführung der Einteilung Asias in vierzig Distrikte auf Sulla (Cassiodor chron. 670) und die Zugrundelegung der Sullanischen Repartition bei späteren Ausschreibungen (Cic. pro Flacc. 14, 32), ferner daß bei dem Flottenbau 672 [81] die hierzu verwandten Summen an der Steuerzahlung (ex pecunia vectigali populo Romano) gekürzt werden (Cic. Verr. l. 1, 35, 89). Geradezu sagt endlich Cicero (ad Q. fr. I, 1, 11, 33), daß die Griechen ›nicht im stande waren von sich aus den von Sulla ihnen auferlegten Zins zu zahlen ohne Stenerpächter‹.


94 S. 110. Überliefert ist es freilich nicht, von wem dasjenige Gesetz erlassen ward, welches die Erneuerung des älteren Privilegs durch das Roscische Theatergesetz 687 [67] nötig machte (Becker-Friedländer 4, 531), aber nach der Lage der Sache war der Urheber dieses Gesetzes unzweifelhaft Sulla.


95 Wieviele Quästoren bis dahin jährlich gewählt wurden, ist nicht bekannt. Im J. 487 [267] stellte sich die Zahl auf acht: zwei städtische, zwei Militär- und vier Flottenquästoren (I, 417. 427); wozu dann die in den Ämtern beschäftigten Quästoren (I, 545) hinzugetreten sind. Denn die Flottenquästuren in Ostia, Cales und so weiter gingen keineswegs ein und auch die Militärquästoren konnten nicht anderweitig verwendet werden, da sonst der Konsul, wo er als Oberfeldherr auftrat, ohne Quästor gewesen sein würde. Da es nun bis auf Sulla neun Ämter gab, überdies nach Sicilien zwei Quästoren gingen, so könnte er möglicherweise schon achtzehn Quästoren vorgefunden haben. Wie indes auch die Zahl der Oberbeamten dieser Zeit beträchtlich geringer als die ihrer Kompetenzen gewesen (S. 353) und hier stets durch Fristerstreckung und andere Aushilfen Rat geschafft worden ist, überhaupt die Tendenz der römischen Regierung darauf ging die Zahl der Beamten möglichst zu beschränken, so mag es auch mehr quästorische Kompetenzen gegeben haben als Quästoren und es kann selbst sein, daß in kleine Provinzen, wie zum Beispiel Kilikien, in dieser Zeit gar kein Quästor ging. Aber sicher hat es doch schon vor Sulla mehr als acht Quästoren gegeben.


96 Von einer festen Zahl der Senatoren kann genau genommen überhaupt nicht die Rede sein. Wenn auch die Censoren vor Sulla jedesmal eine Liste von 300 Köpfen anfertigten, so traten doch zu dieser immer noch diejenigen Nichtsenatoren hinzu, die nach Abfassung der Liste bis zur Aufstellung der nächsten ein kurulisches Amt bekleideten; und nach Sulla gab es so viele Senatoren als gerade Quästorier am Leben waren. Wohl aber ist anzunehmen, daß Sulla den Senat auf ungefähr 5-600 Köpfe zu bringen bedacht war; und diese Zahl ergibt sich, wenn jährlich 20 neue Mitglieder von durchschnittlich 30 Jahren eintraten und man die durchschnittliche Dauer der senatorischen Würde auf 25-30 Jahre ansetzt. In einer stark besuchten Senatssitzung der Ciceronischen Zeit waren 417 Mitglieder anwesend.


97 Darauf gehen die Worte des Lepidus bei Sallust (hist. 1, 41, 11 Dietsch): populus Romanus exutus ... iure agitandi, auf die Tacitus (ann. 3, 27) anspielt: statim turbidis Lepidi rogationibus neque multo post tribunis reddita licentia quoquo vellent populum agitandi. Daß die Tribune nicht überhaupt das Recht verloren mit dem Volke zu verhandeln, zeigt deutlicher als Cic. de leg. 3, 4, 10 das Plebiscit de Thermensibus, welches aber auch in der Eingangsformel sich bezeichnet als de senatus sententia erlassen. Daß die Konsuln dagegen auch nach der Sullanischen Ordnung ohne vorgängigen Senatsbeschluß Anträge an das Volk bringen konnten, beweist nicht bloß das Stillschweigen der Quellen, sondern auch der Verlauf der Revolutionen von 667 [87] und 676 [78], deren Führer eben aus diesem Grunde nicht Tribune, sondern Konsuln gewesen sind. Darum begegnen auch in dieser Zeit konsularische Gesetze über administrative Nebenfragen, wie zum Beispiel das Getreidegesetz von 681 [73], für die zu andern Zeiten sicher Plebiscite eingetreten sein würden.


98 Für diese Annahme gibt es keinen anderen Beweis, als daß das italische Keltenland eine Provinz in dem Sinne, wo das Wort einen geschlossenen und von einem jährlich erneuerten Statthalter verwalteten Sprengel bedeutet, in den älteren Zeiten ebenso entschieden nicht ist wie allerdings in der Caesarischen es eine ist (vgl. Licin. p. 39: Data erat et Sullae provincia Gallia cisalpina). – Nicht viel anders steht es mit der Vorschiebung der Grenze; wir wissen, daß ehemals der Aesis, zu Caesars Zeit der Rubico das Keltenland von Italien schied, aber nicht, wann die Vorrückung stattfand. Man hat zwar daraus, daß Marcus Terentius Varro Lucullus als Proprätor in dem Distrikt zwischen Aesis und Rubico eine Grenzregulierung vornahm (Orelli inscr. 570), geschlossen, daß derselbe wenigstens im Jahre nach Lucullus' Prätur 679 [75] noch Provinzialland gewesen sein müsse, da auf italischem Boden der Proprätor nichts zu schaffen habe. Indes nur innerhalb des Pomerium hört jedes prorogierte Imperium von selber auf; in Italien dagegen ist auch nach Sullas Ordnung ein solches zwar nicht regelmäßig vorhanden, aber doch zulässig, und ein außerordentliches ist das von Lucullus bekleidete Amt doch auf jeden Fall gewesen. Wir können aber auch nachweisen, wann und wie Lucullus ein solches in dieser Gegend bekleidet hat. Gerade er war schon vor der Sullanischen Reorganisation 672 [82] als kommandierender Offizier ebenhier tätig (S. 328) und wahrscheinlich, ebenwie Pompeius, von Sulla mit proprätorischer Gewalt ausgestattet; in dieser Eigenschaft wird er 672 [82] oder 673 [81] (vgl. Appian 1, 95) die fragliche Grenze reguliert haben. Aus dieser Inschrift folgt also für die rechtliche Stellung Norditaliens überhaupt nichts und am wenigsten für die Zeit nach Sullas Diktatur. Dagegen ist es ein bemerkenswerter Fingerzeig, daß Sulla das römische Pomerium vorschob (Seneca de brev. vitae 14; Dio 43, 50), was nach römischem Staatsrecht nur dem gestattet war, der nicht etwa die Reichs-, sondern die Stadt-, d.h. die italische Grenze vorgerückt hatte (I, 99).


99 Da nach Sicilien zwei, in jede andere Provinz ein Quästor gingen, überdies die zwei städtischen und die zwei den Konsuln bei der Kriegsführung beigeordneten und die vier Flottenquästoren bestehen blieben, so waren hierfür neunzehn Beamte jährlich erforderlich. Die zwanzigste Quästorenkompetenz läßt sich nicht nachweisen.


100 Die italische Eidgenossenschaft ist viel älter. (I, 428); aber sie ist ein Staatenbund, nicht, wie das Sullanische Italien, ein innerhalb des römischen Reiches einheitlich abgegrenztes Staatsgebiet.


101 Euripides Medeia 807:

Es soll mich keiner achten schwächlich und gering,

Gutmütig nicht; ich bin gemacht aus anderm Stoff,

Den Feinden schrecklich und den Freunden liebevoll.


102 Nicht die Phthiriasis, wie ein anderer Bericht sagt; aus dem einfaches Grunde, daß eine solche Krankheit nur in der Phantasie existiert


103 Exterae nationes in arbitratu dicione potestate amicitiave populi Romami (lex repet. v. 1), die offizielle Bezeichnung der nicht italischen Untertanen und Klienten im Gegensatz der italischen »Eidgenossen und Stammverwandten« (socii nominisve Latini).


104 Dieser Steuerzehnte, den der Staat von dem Privatgrundeigentum erhebt, ist wohl zu unterscheiden von dem Eigentümerzehnten, den er auf das Dominal land legt. Jener ward in Sicilien verpachtet und stand ein für allemal fest; diesen, insonderheit den des Leontinischen Ackers, verpachteten die Censoren in Rom und regulierten die zu entrichtende Ertragsquote und die sonstigen Bedingungen nach Ermessen (Cic. Verr. 3, 6, 13. 5, 21, 53; de l. agr. 1, 2, 4. 2, 18, 48). Vgl. mein Staatsrecht 3,730.


105 Das Verfahren war wie es scheint folgendes. Die römische Regierung bestimmte zunächst die Gattung und die Höhe der Abgabe: so zum Beispiel ward in Asien auch nach der Sullanisch-Caesarischen Ordnung die zehnte Garbe erhoben (Appian b, civ. 5, 4); so steuerten nach Caesars Verordnung die Juden jedes andere Jahr ein Viertel der Aussaat (Joseph. 4, 10,6 vgl. 2. 5); so ward in Kilikien und Syrien später 5 vom Hundert des Vermögens (Appian Syr. 50) und auch in Africa eine wie es scheint ähnliche Abgabe entrichtet, wobei übrigens das Vermögen nach gewissen Präsumtionen, z.B. nach der Größe des Bodenbesitzes, der Zahl der Türöffnungen, der Kopfzahl der Kinder und Sklaven abgeschätzt worden zu sein scheint (exactio capitum atque ostiorum Cicero ad fam 3, 8, 5 von Kilikien; φόρος ἐπὶ τῇ γῇ καὶ τοῖς σώμασιν Appian Pun. 135 für Africa). Nach dieser Norm wurde von den Gemeindebehörden unter Oberaufsicht des römischen Statthalters (Cic. ad Q. fr. 1, 1, 8; SC. de Asclep. 22. 23) festgestellt, wer steuerpflichtig und was von jedem einzelnen Steuerpflichtigen zu leisten sei (imperata ἐπικεφάλια Cic. ad Att 5,16); wer dies nicht rechtzeitig entrichtete, dessen Steuerschuld ward ebenwie in Rom verkauft, d.h. einem Unternehmer mit einem Zuschlag zur Einziehung übertragen (venditio tributorum Cic. ad fam. 3, 8. 5; ὠνὰς omnium venditas, ders. ad Att. 5, 16). Der Ertrag dieser Steuern floß den Hauptgemeinden zu, wie zum Beispiel die Juden ihr Korn nach Sidon zu senden hatten, und aus deren Kassen wurde sodann der festgesetzte Geldbetrag nach Rom abgeführt. Auch diese Steuern also wurden mittelbar erhoben und der Vermittler behielt, je nach den Umständen, entweder einen Teil des Ertrags der Steuer für sich oder zetzte aus eigenem Vermögen zu; der Unterschied dieser Erhebung von der anderen durch Publikanen lag lediglich darin, daß dort die Gemeindebehörde der Kontribuablen, hier römische Privatunternehmer den Vermittler machten.


106 Beispielsweise entrichtete in Judäa die Stadt Joppe 26075 römische Scheffel Korn, die übrigen Juden die zehnte Garbe an den Volksfürsten; wozu dann noch der Tempelschoß und die für die Römer bestimmte sidonische Abgabe kamen. Auch in Sicilien ward neben dem römischen Zehnten eine sehr ansehnliche Gemeindeschatzung vom Vermögen erhoben.

107 S. 160. Damit mag auch die Bemerkung des nach Cato und vor Varro lebenden römischen Landwirts Saserna (bei Colum. 1, 1, 5) zusammenhängen, daß der Wein- und Ölbau sich beständig weiter nach Norden ziehe. – Auch der Senatsbeschluß wegen Übersetzung der Magonischen Bücher (S. 80) gehört hierher.


108 In dem Hause, das Sulla als junger Mann bewohnte, zahlte er für das Erdgeschoß 3000, der Mieter des obern Stockes 2000 Sesterzen Miete (Plutarch Sull 1), was zu 2/3 des gewöhnlichen Kapitalzinses kapitalisiert ungefähr den obigen Betrag ergibt. Dies war eine wohlfeile Wohnung. Wenn ein hauptstädtischer Mietzins von 6000 Sesterzen (460 Tlr.) für das Jahr 629 [125] ein hoher genannt wird (Vell. 1, 10), so müssen dabei besondere Umstände obgewaltet haben.


109 ›Wenn wir könnten, ihr Bürger‹ – hieß es in seiner Rede – wurden wir freilich alle von dieser Last uns befreien. Da aber die Natur es so eingerichtet hat, daß weder mit den Frauen sich bequem noch ohne die Frauen. überhaupt sich leben läßt, so ziemt es sich auf dauernde Wohlfahrt mehr zu ›sehen als auf kurzes Wohlleben.‹


110 Daß vor 608 [146] keine ›griechischen Spiele‹ in Rom gegeben seien (Tac. ann. 14, 21), ist nicht genau; schon 568 [186] traten griechische ›Künstler‹ (τεχνῖται) und Athleten (Liv. 39, 22), 587 [167] griechische Flötenspieler, Tragöden und Faustkämpfer auf (Pol. 30, 13).


111 Ein ergötzliches Exempel kann man bei Cicero de officiis 3, 12. 13 nachlesen.


112 Auch in Varros Satire ›Die Aboriginer‹ wurde in spöttlicher Weise dargestellt, wie die Urmenschen sich nicht hätten genügen lassen mit dem Gott, den nur der Gedanke erkennt, sondern sich gesehnt hätten nach Götterpuppen und Götterbilderchen.


113 Cicero sagt, daß er seinen gelehrten Sklaven Dionysios rücksichtsvoller behandelt habe als Scipio den Panätios; und in gleichem Sinne hieß es bei Lucilius;

Nützlicher ist mir mein Gaul, mein Reitknecht, Mantel und Zeltdach

Als der Philosoph.


114 So hieß es im Paulus, einem Originalstück, wahrscheinlich in der Beschreibung des Passes von Pythion (I, 770):

Qua vix caprigeno géneri gradilis gréssio est.

Wo kaum

Dem bockgeschlechtigen Geschlecht gangbar der Gang.

Und in einem andern Stück wird den Zuhörern angesonnen folgende Beschreibung zu verstehen:

Vierfüßig, langsamwandelnd, ackerheimisch, rauh,

Niedrig, kurzköpfig, schlangenhalsig, starr zu schaun,

Und, ausgeweidet, leblos mit lebendigem Ton.

Worauf dieselben natürlich erwidern.

Mit dichtverzäuntem Worte schilderst du uns ab,

Was ratend schwerlich auch der kluge Mann durchschaut;

Wenn du nicht offen redest, wir verstehn dich nicht.

Es erfolgt nun das Geständnis, daß die Schildkröte gemeint ist. Übrigens fehlten solche Rätselreden auch bei den attischen Trauerspieldichtern nicht, die deshalb von der Mittleren Komödie oft und derb mitgenommen wurden.


115 Vielleicht die einzige Ausnahme ist im Mädchen von Andros (4, 5) die Antwort auf die Frage, wie es gehe:

Wie wir können, heißt's ja, da wie wir möchten es nicht geht, mit Anspielung auf die freilich auch einem griechischen Sprichwort nachgebildete Zeite des Caecilius:

Geht's nicht so, wie du magst, so lebe wie du kannst.

Das Lustspiel ist das älteste der Terenzischen und ward auf Empfehlung des Caecilius von dem Theatervorstand zur Aufführung gebracht. Der leise Dank ist bezeichnend.


116 Ein Seitenstück zu der von Hunden gehetzten weinend einen jungen Menschen um Hilfe anrufenden Hindin, die Terenz (Phorm. prol. 4) verspottet, wird man in der wenig geistreichen Plautinischen Allegorie von der Ziege und dem Affen (Merc. 2, 1) erkennen dürfen. Schließlich gehen auch dergleichen Auswüchse auf die Euripideische Rhetorik zurück (z.B. Eurip. Hec. 90).


117 Micio in den Brüdern (I, 1) preist sein Lebenslos und namentlich auch, Daß er nie eine Frau gehabt, ›was jene [die Griechen] für ein Glück halten‹.


118 Im Prolog des Selbstquälers läßt er von seinen Recensenten sich vorwerfen:

Er habe verlegt sieh plötzlich auf die Poesie,

Der Freunde Geist vertrauend, nicht aus eignem Drang;

und in dem späteren (594 [160]) zu den Brüdern heißt es:

Denn wenn Mißgünstige sagen, daß vornehme Herrn

Beim Werk ihm helfen und mitschreiben an jedem Stück,

So rechnet dies, was herber Tadel jenen scheint,

Der Dichter zum Ruhm sich: daß den Männern er gefällt,

Die euch und allem Volke wohlgefällig sind,

Die in Kriegesläuften seinerzeit mit Rat und Tat

Hilfreich erprobt ihr all' und ohne Übermut.

Schon in der Ciceronischen Zeit war es allgemeine Annahme, daß hier Laelius und Scipio Aemilianus gemeint seien; man bezeichnete die Scenen, die von denselben herrühren sollten; man erzählte von den Fahrten des armen Dichters mit seinen vornehmen Gönnern auf ihre Güter bei Rom und fand es unverzeihlich, daß dieselben für die Verbesserung seiner ökonomischen Lage gar nichts getan hätten. Allein die sagenbildende Kraft ist bekanntlich nirgends mächtiger als in der Literaturgeschichte. Es leuchtet ein, und schon besonnene römische Kritiker haben es erkannt, daß diese Zeilen unmöglich auf den damals 25 jährigen Scipio und auf seinen nicht viel älteren Freund Laelius gehen können. Verständiger wenigstens dachten andere an die vornehmen Poeten Quintus Labeo (Konsul 571 [183]) und Marcus Popillius (Konsul 581 [173]) und den gelehrten Kunstfreund und Mathematiker Lucius Sulpicius Gallus (Konsul 588 [166]); doch ist auch dies offenbar nur Vermutung. Daß Terenz dem Scipionischen Hause nahe stand, ist übrigens nicht zu bezweifeln; es ist bezeichnend, daß die erste Aufführung der ›Brüder‹ und die zweite der ›Schwiegermutter‹ stattfand bei den Begräbnisfeierlichkeiten des Lucius Paullus, die dessen Söhne Scipio und Fabius ausrichteten.


119 Dabei haben vermutlich auch äußerliche Umstände mitgewirkt. Nachdem infolge des Bundesgenossenkrieges alle italischen Gemeinden das römische Bürgerrecht erlangt hatten, war es nicht mehr erlaubt die Scene eines Lustspiels in eine solche zu verlegen und mußte der Dichter sich entweder allgemein halten oder untergegangene oder ausländische Orte auswählen. Gewiß hat auch dieser Umstand, der selbst bei der Aufführung der älteren Lustspiele in Betracht kam, auf das Nationallustspiel ungünstig eingewirkt.


120 Es knüpfen sich an diesen Namen seit alter Zeit eine Reihe von Irrtümern. Das arge Versehen griechischer Berichterstatter, daß diese Possen in Rom in oskischer Sprache gespielt worden seien, wird mit Recht jetzt allgemein verworfen; allein es stellt bei genauerer Betrachtung sich nicht minder als unmöglich heraus diese in der Mitte des latinischen Stadt- und Landlebens stehenden Stücke überhaupt auf das national oskische Wesen zu beziehen. Die Benennung des ›Atellanischen Spieles‹ erklärt sich auf eine andere Weise. Die latinische Posse mit ihren festen Rollen und stehenden Späßen bedurfte einer bleibenden Scenerie; die Narrenwelt sucht überall sich ein Schildburg. Natürlich konnte bei der römischen Bühnenpolizei keine der römischen oder auch nur mit Rom verbündeten latinischen Gemeinden dazu genommen werden, obwohl die togatae in diese zu verlegen gestattet war (I, 908). Atella aber, das mit Capua zugleich im J. 543 [211] rechtlich vernichtet ward (I, 641. I, 661), tatsächlich aber als ein von römischen Bauern bewohntes Dorf fortbestand, eignete sich dazu in jeder Beziehung. Zur Gewißheit wird diese Vermutung durch die Wahrnehmung, daß einzelne dieser Possen auch in andern überhaupt oder doch rechtlich nicht mehr existierenden Gemeinden des lateinisch redenden Gebiets spielen: so des Pomponius Campani, vielleicht auch seine Atelphi und seine Quinquatria in Capua, des Novius milites Pometinenses in Suessa Pometia, während keine bestehende Gemeinde ähnlich gemißhandelt wird. Die wirkliche Heimat dieser Stücke ist also Latium, ihr poetischer Schauplatz die latinisierte Oskerlandschaft; mit der oskischen Nation haben sie nichts zu tun. Daß ein Stück des Naevius († nach 550 [200]) in Ermangelung eigentlicher Schauspieler von ›Atellanenspielern‹ aufgeführt ward und deshalb personata hieß (Festus u.d.W.), beweist hiergegen in keinem Fall; die Benennung ›Atellanenspieler‹ wird hier proleptisch stehen und man könnte sogar danach vermuten, daß sie früher ›Maskenspieler‹ (personati) hießen. – Ganz in gleicher Weise erklären sich endlich auch die ›Lieder von Fescennium‹, die gleichfalls zu der parodischen Poesie der Römer gehören und in der südetruskischen Ortschaft Fescennium lokalisiert wurden, ohne darum mehr zu der etruskischen Poesie gerechnet werden zu dürfen als die Atellanen zur oskischen. Daß Fescennium in historischer Zeit nicht Stadt, sondern Dorf war, läßt sich allerdings nicht unmittelbar beweisen, ist aber nach der Art, wie die Schriftsteller des Ortes gedenken und nach dem Schweigen der Inschriften im höchsten Grade wahrscheinlich.


121 Die enge und ursprüngliche Verbindung, in die namentlich Livius die Atellanenposse mit der Satura und dem aus dieser sich entwickelnden Schauspiel bringt, ist schlechterdings nicht haltbar. Zwischen dem Histrio und dem Atellanenspieler war der Unterschied ungefähr ebensogroß wie heutzutage zwischen dem, der auf die Bühne und dem, der auf den Maskenball geht; auch zwischen dem Schauspiel, das bis auf Terenz keine Masken kannte, und der Atellane, die wesentlich auf der Charaktermaske beruhte, besteht ein ursprünglicher in keiner Weise auszugleichender Unterschied. Das Schauspiel ging aus von dem Flötenstücke, das anfangs ohne alle Recitation bloß auf Gesang und Tanz sich beschränkte, sodann einen Text (satura), endlich durch Andronicus ein der griechischen Schaubühne entlehntes Libretto erhielt, worin die alten Flötenlieder ungefähr die Stelle des griechischen Chors einnahmen. Mit der Dilettantenposse berührt sich dieser Entwicklungsgang in den früheren Stadien nirgends.


122 In der Kaiserzeit ward die Atellane durch Schauspieler von Profession dargestellt (Friedländer in Beckers Handbuch 6, 549). Die Zeit, wo diese anfingen sich mit ihr zu befassen, ist nicht überliefert, kann aber kaum eine andere gewesen sein als diejenige, in welcher die Atellane unter die regelmäßigen Bühnenspiele eintrat, das heißt die vorciceronische Epoche (Cic. ad fam. 9, 16). Damit ist nicht im Widerspruch, daß noch zu Livius' (7, 2) Zeit die Atellanenspieler im Gegensatz der übrigen Schauspieler ihre Ehrenrechte behielten; denn damit, daß Schauspieler von Profession gegen Bezahlung die Atellane mitaufzuführen anfingen, ist noch gar nicht gesagt, daß dieselbe nicht mehr, zum Beispiel in den Landstädten, von unbezahlten Dilettanten aufgeführt ward und das Privilegium also fortwährend anwendbar blieb.


123 Es verdient Beachtung, daß die griechische Posse nicht bloß vorzugsweise in Unteritalien zu Hause ist, sondern auch manche ihrer Stücke (zum Beispiel unter denen des Sopatros ›Das Linsengericht‹, ›Bakchis‹ Freier, Des Mystakos Lohulakai', ›Die Gelehrten‹, ›Der Physiolog‹) lebhaft an die Atellanen erinnern. Auch muß diese Possendichtung bis in die Zeit hinabgereicht haben wo die Griechen in und um Neapel eine Enklave in dem lateinisch redenden Campanien bildeten; denn einer dieser Possenschreiber, Blaesus von Capreae, führt schon einen römischen Namen und schrieb eine Posse ›Saturnus‹.


124 Nach Eusebius blühte Pomponius um 664 [90] ; Velleius nennt ihn Zeitgenossen des Lucius Crassus (614 [140]-663 [91]) und Marcus Antonius (611 [143]-667 [100]) Die erste Ansetzung dürfte um ein Menschenalter zu spät sein; die um 650 [87] abgekommene Rechnung nach Victoriaten (S. 340) kommt in seinen ›Malern‹ noch vor und um das Ende dieser Periode begegnen auch schon die Mimen, welche die Atellanen von der Bühne verdrängten.


125 Lustig genug mochte sie auch hier sein. So hieß es in Novius' Phönissen:

Auf! waffne dich! mit der Binsenkeule schlag ich dich tot!

ganz wie Menanders ›falscher Herakles‹ auftritt.


126 Bisher hatte der Spielgeber die Bühne und den scenischen Apparat aus der ihm überwiesenen Pauschsumme oder auf eigene Kosten in stand setzen müssen und wird wohl nicht oft hierauf viel Geld gewendet worden sein. Im J. 580 [174] aber gaben die Censoren die Einrichtung der Bühne für die Spiele der Adilen und Prätoren besonders in Verding (Liv. 41, 27); daß der Bühnenapparat jetzt nicht mehr bloß für einmal angeschafft ward, wird zu einer merklichen Verbesserung desselben geführt haben.


127 Die Berücksichtigung der akustischen Vorrichtungen der Griechen folgt wohl aus Vitruv 5, 5, 8. Über die Sitzplätze hat Ritschl (parerg. 1, 227. XX) gesprochen; doch dürften (nach Plautus' capt. prol. 11) nur diejenigen, welche nicht capite censi waren, Anspruch auf einen solchen gehabt haben. Wahrscheinlich gehen übrigens zunächst auf diese epochemachenden Theaterspiele des Mummius (Tac. ann. 14, 21) die Worte des Horaz, daß ›das gefangene Griechenland den Sieger gefangen nahm‹.


128 Die Coulissen des Pulcher müssen ordentlich gemalt gewesen sein, da die Vögel versucht haben sollen sich auf die Ziegel derselben zu setzen (Plin. h.n. 35, 4, 23. Val. Max. 2, 4, 6). Bis dahin hatte die Donnermaschinerie darin bestanden, daß Nägel und Steine in einem kupfernen Kessel geschüttelt wurden; erst Pulcher stellte einen besseren Donner durch gerollte Steine her – das nannte man seitdem ›Claudischen Donner‹ (Festus v. Claudiana p. 57).


129 Unter den wenigen aus dieser Epoche erhaltenen kleineren Gedichten findet sich folgendes Epigramm auf diesen gefeierten Schauspieler:

Constiteram, exorientem Auroram forte salutans,

Cum subito a laeva Roscius exoritur.

Pace mihi liceat, caelestes, dicere vestra:

Mortalis visust pulchrior esse deo.

Jüngsthin stand ich, die Sonne verehrend eben im Aufgehn:

Da zur Linken mir, schau! plötzlich geht Roscius auf.

Zürnet, ihr Himmlischen, nicht, wenn was ich gedacht ich gestehe:

Schöner fürwahr als der Gott deuchte der Sterbliche mir.

Der Verfasser dieses griechisch gehaltenen und von griechischem Kunstenthusiasmus eingegebenen Epigramms ist kein geringerer Mann als der Besieger der Kimbrer Quintus Lutatius Catulus Konsul 652 [102] .


130 Quam lepide λέξεις compostae ut tesserulae omnes

Arte pavimento atque emblemate vermiculato!

Ei die niedliche Phrasenfabrik!

Gefügt so zierlich Stück für Stück

Wie die Stifte im bunten Mosaik.


131 Der Dichter rät ihm,

Quo facetior videare et scire plus quam ceteri,

Daß du gebildeter als die andern heißest und ein feinerer Mann,

– nicht pertaesum, sondern pertisum zu sagen.


132 Nunc vero a mane ad noctem, festo atque profesto

Toto itidem pariterque die populusque patresque

Iactare endo foro se omnes, decedere nusquam.

Uni se atque eidem studio omnes dedere et arti:

Verba dare ut caute possint, pugnare dolose,

Blanditia certare, bonum simulare virum se,

Insidias facere ut si hostes sint omnibus omnes.


133 Folgendes längere Bruchstück, ist charakteristisch für die stilistische und metrische Behandlung, deren Lotterigkeit sich in deutschen Hexametern unmöglich wiedergeben läßt:

Virtus, Albine, est pretium persolvere verum

Queis in versamur, queis vivimu' rebu potesse;

Virtus est homini scire id quod quaeque habeat res;

Virtus scire homini rectum, utile quid sit, honestum,

Quae bona, quae mala item, quid inutile, turpe, inhonestum,

Virtus quaerendae rei finem scire modumque;

Virtus divitiis pretium persolvere posse;

Virtus id dare quod re ipsa debetur konori,

Hostem esse atque inimicum hominum morumque malorum,

Contra defensorem hominum morumque bonorum,

Hos magni facere, his bene velle, his vivere amicum;

Commoda praeterea patriae sibi prima putare,

Deinde parentum, tertia iam postremaque nostre.

Tugend ist zahlen den rechten Preis

Zu können nach ihrer Art und Weis

Für jede Sach' in unserm Kreis;

Tugend zu wissen, was jedes Ding

Mit sich für den Menschen bring';

Tugend zu wissen, was nützlich und recht,

Was gut und übel, unnütz und schlecht;

Tugend, wenn man dem Erwerb und Fleiß

Zu setzen die rechte Grenze weiß

Und dem Reichtum den rechten Preis;

Tugend dem Rang zu geben sein Recht,

Feind zu sein Menschen und Sitten schlecht.

Freund Menschen und Sitten gut und recht;

Vor solchen zu hegen Achtung und Scheu,

Zu ihnen zu halten in Lieb' und Treu;

Immer zu sehen am ersten Teil

Auf des Vaterlandes Heil,

Sodann auf das, was den Eltern frommt,

Und drittens der eigene Vorteil kommt.


134 Dergleichen gelehrte Reisen waren übrigens bei den Griechen dieser Zeit nichts Seltenes. So fragt bei Plautus (Men. 248 vgl. 235) jemand, der das ganze Mittelländische Meer durchschifft hat:

Warum geh' ich nicht nach Hause, da ich doch keine Geschichte schreiben will?


135 Die einzige wirkliche Ausnahme, soweit wir wissen, ist die griechische Geschichte des Gnaeus Aufidius, der in Ciceros (Tusc. 5, 38, 112) Knabenzeit, also um 660 [90] blühte. Die griechischen Memoiren des Publius Rutilius Rufus (Konsul 649 [105]) sind kaum als Ausnahme anzusehen, da ihr Verfasser sie im Exil zu Smyrna schrieb.


136 Die Behauptung zum Beispiel, daß die Quästoren in der Königszeit von der Bürgerschaft, nicht vom König ernannt seien, ist ebensosicher falsch das sie den Parteicharakter an der Stirn trägt.


137 Catos Buch führte wohl den Titel de iuris disciplina (Gell. 3, 201), das des Brutus den de iure civili (Cic. pro Cluent. 51, 141; de or. 2, 55, 223); daß es wesentlich Gutachtensammlungen waren, zeigt Cicero (de or 2, 33, 142).


Quelle:
Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Berlin 1925, Bd. 2.
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