Oper

[742] Oper. Dieselbe hat Namen und Ursprung aus Italien, wo sich am Ende des 16. Jahrhunderts im Gegensatze zur ausschliesslichen Pflege des Kontrapunktes, die damals herrschte, eine besondere Teilnahme an individueller Behandlung der Melodie und des Textes kundgab, zum Teil in der Absicht, damit die verloren gegangene Musik der alten Griechen zu erneuern. Es galt zu dem Ende einen melodisch herausgebildeten und dem Texte entsprechenden Sologesang zu erwecken. Als erstes derartiges Stück gilt die im Jahre 1597 zu Florenz aufgeführte Dafne des Ottavio Rinuccini, mit Musik von Pari. Im Jahr 1600 wurde unter Schaustellung eines ausserordentlichen Prunkes die von denselben Meistern herrührende Oper Euridice zur Vermählungsfeier Heinrich IV. mit Maria von Medici aufgeführt. Das erste grosse Talent, das an dieser neuen musikalisch-dramatischen Gattung arbeitete, war Claudio Monteverde, erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, durch welchen das Interesse für die Oper erst ein allgemeines wurde; seitdem wurden in allen grösseren Städten Italiens Opernaufführungen veranstaltet.

Als erste deutsche Oper gilt die[742] von Opitz nach dem genannten italienischen Vorbild bearbeitete Daphne; ein gewisser H. Schütz, der sich in Italien ausgebildet hatte, setzte sie in Musik. Die Aufführung geschah 1627 zu Torgau bei Gelegenheit der Vermählung einer sächsischen Prinzessin. Seitdem blieb die Oper in Deutschland vorläufig in gänzlicher Abhängigkeit von Italien: die Stoffe waren biblische, mythologische, allegorische, mit Vorliebe der Schäferwelt entnommene, die hauptsächlichen Veranlassungen Feste an Höfen und andern Orten, die vorzüglichsten Dichter David Schirmer, Andr. Gryphius, Sigmund von Birken und J. Schwieger. Gegen das Ende des 17. Jahrhunderts, als die Oper in einzelnen Städten, namentlich in Hamburg, festere Sitze gewann und damit ein allgemeines Unterhaltungsmittel der höhern Stände wurde, erweiterte sich die Oper nach Form und Inhalt. Neben den älteren Stoffen, die auch in den Nebenarten der Oper, den Balletten, Maskeraden, Serenaten, Pastorellen, Oratorien, Kantaten zur Darstellung gelangten, wurden historische Stoffe beliebt, daneben solche, die der Wirklichkeit und der Gegen wart entnommen waren. Die Ausstattung wurde immer prächtiger. Musik, Malerei, Architektur, Tanzkunst und Mechanik unterstützten sich gegenseitig. Worauf es die Dichter abgesehen hatten, war die Entfaltung von Verwandlungen, Wolkenfahrten, Illuminationen u. dgl. Unter den zahlreichen Dichtern dieser späteren Periode werden hervorgehoben: Christian Richter. H. Postel und J.U. von König. Vom Jahr 1678, dem Eröffnungsjahr der Hamburger Oper, bis 1728, wurden hier gegen 300 Opern gegeben, der Komponist Keyser komponierte 107 Stücke. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts erlosch diese Oper, teils weil der tiefere Ernst der Zeit ihrer überdrüssig wurde, teils infolge von öffentlicher Kritik, der sie namentlich Gottsched unterzog. Vgl. den Art. Musik.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 742-743.
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