Walküren

[1062] Walküren, Walkyrien, altnord. valkyrja, ahd. walachuriâ, zusammengesetzt aus altnordisch der valr = Gesamtheit der Todeswahl, d.h. der für Walhalla erwählten und daher in der Schlacht gefangenen Krieger, Gesamtheit der vom Schlachtentod betroffenen, dann der Kampfplatz, das Schlachtfeld selbst; und aus einer den Sinn von »Wählende, Auswählende, Empfangnehmerin« tragenden Ableitung des Verbs küren oder kiesen, das Ganze also ein aus zwei sinnverwandten Wurzeln bestehendes Wort. Die Walküren haben ausser dem Amte der Totenwahl dasjenige der Schenkmädchen Odhins und der Einherier: sie dienen in Walhall, bringen das Trinken und verwahren das Tischzeug und die Metschalen. In beiderlei Hinsicht sind sie Vervielfältigungen der Freia, erscheinen aber auch als Vollstreckerinnen des Willens Odhins. Wie die Nornen wirken sie auf das Geschick, aber mehr in bezug auf die Schlacht, wie sie denn auch Walmädchen, Schild- und Helmmädchen heissen. Eine der Walküren heist Mist = Nebel, Wolke; auf Wolkenrossen schweben sie über dem Schlachtfelde und Tau träuft von den Mähnen ihrer Rosse in tiefe Thäler. Wenn sie Luft und Wasser reiten, legen die Walküren Schwanenhemden an oder verwandeln sich in Schwäne, wobei das Anfügen des Schwanengefieders durch den Schwanring vermittelt wird. Wie es irdische Nornen gibt, und die Gabe der Weissagung und des Zaubers auch sterblichen Frauen übertragen werden kann, so können auch Königstöchter in den Stand der Walküren treten, wenn sie kriegerisches Gewerbe ergreifen und ewige Jungfrauschaft geloben. Sie heissen dann Wunschmädchen, Adoptivtöchter Odhins. Solche Walküren sind die drei Meerweiber, die im Nibelungenlied bei der Überfahrt der Burgunder über die Donau erscheinen; in der Gudrun erscheint ein weissagender Engel in der Gestalt eines schwimmenden wilden Vogels, ursprünglich ohne Zweifel eines Schwanes; auch Brunhild ist ursprünglich eine Walküre. Der Zahl der Walküren wird verschieden angegeben, zwölf, sieben oder neun. Simrock, Mythologie.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1062.
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