Wochentage

[1087] Wochentage. Dass die Woche, d.i. der Zeitabschnitt von Mondviertel zu Mondviertel, den alten Germanen schon vor der Einführung des Christentums bekannt war, zeigt schon der deutsche Name dafür, got. vikô ahd. wehhâ, mhd. woche und wuche, welches Wort mit weichen und Wechsel, auch mit lat. vicis = Wechsel verwandt ist und soviel als Zeitwechsel (Mondwechsel) bedeutet. Doch scheint bei Benennung der Wochentage, ebenfalls schon vor Einführung des Christentums, römischer Einfluss, vielleicht über Gallien her, gewaltet zu haben. Von den ursprünglich wahrscheinlich ägyptischen und um den Schluss des 2. Jahrhunderts bei den Römern völlig eingebürgerten astrologischen Namen der sieben Wochentage wurden die für Sonntag und Montag beibehalten, die übrigen aber durch die Namen der entsprechenden germanischen Gottheiten bezeichnet. Dem römischen Mars entsprach der deutsche Ziu oder Er, daher ahd. Ziestac, d.i. Ziwestac, oberdeutsch Zistig, bayerisch Ertag, Erchtag, Eritag. Merkur wurde mit Wodan übertragen, daher durch alle niederdeutschen und nordischen Sprachen bis heute der Tag Gudestag, Gudenstag, niederl. Woensdach, angels. Vôdenes dag, engl. Wednes dag, altnordisch Odhinsdago, schwedisch und dänisch Onsdag heisst, dessen altdeutscher Name Wôdanes tag gelautet haben wird, während in Oberdeutschland sich früh ein abstraktes, die mittawecha, später der mittwoche, mit ergänzend hinzugedachtem Tag zeigte, bis jetzt nicht vor dem 10. Jahrhundert nachgewiesen. Dies Jovis wurde überall zum Tag des Donar, ahd. Toniris tac, mhd. doners-, donres-, dunrestac, engl, thursdag, altnord. thôrsdagr, schwedisch und dänisch torsdag. Dies Veneris würde zum Tag der Frîa, nordisch Frigg, der Gemahlin Wodans, und nicht, wie man früher annahm, der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit; denn nach ihr, der altnord. Freyja, ahd. Frouwâ benannt, würde der Tag nicht frîatac sondern frouwûntac heissen müssen. Beim letzten Wochentage gehen die germanischen Sprachen wieder auseinander; den dies Saturni bewahrte das Niederländische, Angelsächsische, Englische und Westfälische (Satersdag), während sich im Norden ein langardagr, d.i. Badetag, festsetzte, und in Oberdeutschland die Namen Samstag oder Sonnabend; das letztere Wort heisst ahd. der sunnûn âband, mhd. der sunnen âbent und »lässt die Sonne an dem Vorabend des ihr geweihten Tages, des Sonntages, als zur Ruhe gehend erscheinen, um dann an diesem, dem ersten der Woche, gleichsam mit ihrem Laufe[1087] neu zu beginnen«. Der Samstag hingegen, ahd. sambaztac und samiztac, mhd. samtez-, samez-, samztac neben sames-, samis-, samstac, franz. samedi, ist dem lat. sabbati dies entsprungen. Gemäss ihren altheidnischen Patronen haben die Wochentage, nur etwas umgebildet durch christliche, besonders römisch-katholische Einrichtungen, vielfach ihre alten Beziehungen erhalten. Allgemein gilt der Sonntag als glücklicher Tag und wird daher besonders zu Trauungen gewählt; Sonntagskinder sind Glückskinder und können, wie der Sonne nichts unverborgen ist, vieles andern Menschen verborgene sehen und erkennen. Der Montag übernimmt ebenso die Bedeutung des Mondes, der mit der Nacht, der Veränderlichkeit, der Dunkelheit verwandt ist; er ist also meist ein Unglückstag; am Montag darf man nichts unternehmen, was dauernd sein soll, nicht Wäsche waschen, in keine neue Wohnung ziehen, nicht Hochzeit machen, die Ernte beginnen, einen Dienst oder eine Reise antreten u. dgl. Insofern aber der Mond, bei fast allen Völkern, als Förderer der Fruchtbarkeit gilt, besonders als zunehmender, ist der Montag günstig für alles, was wachsen soll, also zum pflanzen. Der Dienstag, einst dem Gott des Krieges, des Schwertes und des Gerichtes geheiligt, ist wichtig für Gerichts- und Vertragssachen, daher er auch früher dingstac, d.h. Gerichtstag, genannt wurde; deshalb wird er auch für Trauungen und zum Antreten eines Dienstes günstig geachtet. Der Mittwoch, dem Gott des Sturmes und Ungewitters gehörend, ist ein Unglückstag; am Abend fahren die Hexen aus, nichts was von Dauer sein soll, darf angefangen werden; getraut werden an diesem Tage nur gefallene Mädchen und Witwen. Vor allen andern Tagen unheilvoll ist der Donnerstag; manche Arbeit ist untersagt, weil der Tag ein heidnischer Festtag war: kein Holz darf gehauen, kein Mist ausgeführt, abends nicht gesponnen werden; man muss sorgfältig allen Zauberschutz beobachten, denn die Hexen halten Umzug. Sofern Donar auch Gott der rechtlichen Ordnung ist und durch seinen Hammer Gesetz und Vertrag festigt, ist der Donnerstag früher, zum Teil auch jetzt noch, Gerichtstag. Der Freitag ist der verhängnisvollste Wochentag; je nachdem aber die heidnische oder die christliche Überlieferung überwiegt, gilt er als der glücklichste oder, aber seltener, als der unglücklichste Tag. Er eignet sich vor allem zu Hochzeiten; Freitagskinder, am Sonntag getauft, gelten den Sonntagskindern gleich. Der Sonnabend gehörte wahrscheinlich dem Frô; an diesem Tag soll die Sonne scheinen, wenn auch nur zu Mittag drei Minuten lang; denn die Mutter Gottes will ihr Hemd trocknen. Am Abend darf nicht gesponnen werden; denn was man da spinnt wird in der Nacht wieder verdorben oder weggenommen. Grimm, Mythologie 111; Zacher in Ersch und Gruber, Artikel Germanien, Seite 373; Wuttke, Volksaberglaube, §. 66–72. Rochholtz, die deutschen Wochentage, in deutscher Glaube und Brauch, Berlin 1867, II., 1–64.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1087-1088.
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