Hebe

[1200] HEBE, es, Gr. Ἥβη, ης.

1 §. Namen. Solcher kömmt von dem Ebräischen Eb, Kraft, her, nach welchem er eigentlich so viel, als Kraft des Alters heißt; Voss. Etymol. in Pubes, s. p. 483. Lateinisch wird solche Göttinn eigentlich Iuventus genannt, welche dann in der Bedeutung mit vorhergehenden auf eins ankömmt. Agroetius ap. Gyrald. Syntagm. X. p. 335. Es soll aber Hebe nur ein Namen seyn, den ihr die Neuern gegeben, da sie sonst von den Alten Ganymeda genannt worden Pausan. Cor. c. 13. p. 188.

2 §. Aeltern. Nach einigen waren diese Jupiter und Juno. Homer. Od. Λ. 602. Nach andern war es Juno allein, welche sie gebar, da sie auf einem Gastgebothe des Apollo viel wilden Sallat gegessen hatte, nachdem sie sonst vorher allerdings unfruchtbar gewesen war. Nat. Com. l. II. c. 5.

3 §. Wesen und Schicksal. Sie war ungemein schön, und zwar werden insonderheit ihre schönen und weissen Knöchel gerühmet, woher sie auch καλλίσφυρος genannt wird. Homer. Od. Λ. 622. & ej. Hymn. in Hercul. λεοντόθυμον v. 8. Cf. Gyrald. Synt. X. p. 334. Hiernächst wurde sie vom Jupiter zu seiner und der übrigen Götter Mundschenkinn bestellet. Homer. Il. Δ. v. 2. Als sie aber bey solcher Verrichtung eines Males fiel, und den Göttern alles hinwies, was sie hatte, so entließ sie Jupiter ihrer Verrichtung, und setzete dafür den Ganymedes an ihre Stelle. Serv. ad Virg. Aen. I. v. 28. Cf. Nat. Com. l. c. Man will noch ein Denkmaal dieser Begebenheit in einer erhobenen Arbeit entdecken, wo Hebe um. Verzeihung bittet, ihren Dienst aber nicht wieder erhält, weil Ganymedes schon angekommen. Winkelm. monumenti antichi p. 15. mon. 16. Als na, hher Herkules mit unter die Götter versetzet worden, und Juno ihn für ihren Sohn angenommen, so bekam er solche Hebe zur [1200] Gemahlinn, und zeugete noch mit ihr den Alexiares und Anicetus. Apollod. l. II. c. 7. Cf. Homer. Od. Λ. v. 602.

4 §. Verehrung. Man verehrete sie als die Göttinn der Jugend. Muret. ad Catull. Epigr. 69. v. 116. Sie hatte nicht nur mit dem Herkules ihren Altar zu Athen; Pausan. Att. c. 19. p. 33. sondern auch ihren besondern Tempel zu Phlius, Id. Corinth. c. 12. & 13. p. 188. und Sicyon, wo man sie aber Dia nannte. Strabo L. VIII. p. 382. Zu Rom hatte sie ihre Kapelle unter dem Namen der Juventas mit in dem Tempel der Minerva auf dem Capitolio. Victor. Reg. VIII. & ad eum Nardin. V. c. 15. p. 305. Außerdem hatte sie einen besondern Tempel in dem großen Rennkreise, welchen ihr M. Livius gelobte, C. Licinius Lucullus aber erbauete. Liv. l. XXXVI c. 36. Sie war es auch, welche mit dem Terminus, bey Erbauung des Capitolii, nicht von ihrer Stelle weichen wollte, welches man für ein sehr gutes Zeichen für das römische Wesen hielt. Id. lib. V. c. 54.

5 §. Bildung. Sie wurde als ein junges schönes Frauenzimmer, in einem bunten und mit Rosen ausgezierten Kleide vorgestellet; Coqueus ad Augustin. de C. D. l. IV. c. 11. Dabey hatte sie insonderheit schöne weiße Füße. Theocrit. ap. Gyrald. Synt. X. p. 336. & Homer. Od. Λ. v. 602. Sie muß auch etwas von einer goldenen Krone oder Frauenzimmerputze auf dem Kopfe gehabt haben, weil man sie χρυσοστέφανον nennet. Hesiod. Theog. v. 17. Jedoch setzen ihr einige nur einen Kranz von Bluhmen dafür auf. Chartar. Imag. 7. Man findet sie noch auf einigen geschnittenen Steinen, wo ein leichtes Gewand über ihre Schultern hängt und sie den Nectar der Götter credenzet. Gori gem. ant. in mus. Flor. tab. XXXIX. n. 9. Lipperts Dactyl. I Taus. 649 N. Sie soll es auch seyn, die auf einigen andern Jupiters Adler füttert und liebkoset. Ebend. N. 40. und 41.

6 §. Deutung. Sie schenkete den Göttern ihr Getränk ein, weil in dem Himmel nichts veraltet. Heraclides Allegor. Homer. p. 448. Sie ist dem Herkules [1201] vermählet, weil die Stärke und Jugend sich am besten znsammen schicken. Voss. Theol. gent. l. III. c. 20. Daß aber Jupiter an ihre Stelle den Ganymedes erkieset, soll bedeuten, daß Fürsten und Herren auch der schönsten Dinge überdrüßig zu werden pflegen, und an ihren Bedienten nicht leiden können, wenn sie sich, wie Hebe mit ihrem Fallen, ungeziemend aufführen. Nat. Com. l. II. c. 5.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1200-1202.
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