Leonardus a Portu Mauritio, S. (6)

[770] 6S. Leonardus a Portu Mauritio, (26. al. 27. Nov.), ein Priester aus dem Orden des hl. Franciscus von der strengen Observanz und berühmter Missionär, war zu Porto Maurizio, einer zwischen Genua und Nizza im Meerbusen von Genua gelegenen Seestadt, am 20. Dec. 167694 geboren und hatte in der hl. Taufe den Namen Paulus Hieronymus erhalten. Schon zwei Jahre nach seiner Geburt verlor er seine Mutter Anna Maria Benza; doch sein gottesfürchtiger Vater Dominicus Casanuova trug alle Sorge dafür, den kleinen Paulus in der Furcht Gottes zu erziehen, wobei besonders sein Großvater thätig war. Schon als kleiner Knabe hatte er ein kindliches Zutrauen zur Himmelskönigin und führte öfters seine kleinen Kameraden zu einem Gnadenbilde Mariä, welches nicht weit von Porto Maurizio entlegen war. Als er zu studiren anfing, machte er einen trefflichen Fortgang, weßhalb sein Oheim Augustin Casanuova den 12jährigen Knaben nach Rom berief, wo er im römischen Collegium unter den Jesuiten studirte und durch seinen Eifer im Gottesdienste, seinen Fleiß und seine Eingezogenheit bald allen Jünglingen als ein Muster der Tugend vorleuchtete. Im Alter von 17 Jahren trat er in die Congregation des Jesuiten P. Cavavita und erhielt dort den Auftrag, die Kleinen zu katechisiren und die in der Stadt müssig herumstehende Jugend an den Sonn-und Feiertagen in die Predigten zu treiben. Nach Vollendung seiner Studien trat er in das Franciscaner-Kloster des hl. Bonaventura zu Rom, wo er am 2. Oct. 1669 unter dem Namen Leonardus eingekleidet wurde und am Schutzengelfeste 1670 die feierliche Profeß ablegte. Hier beobachtete er alle seine Pflichten auf's Genaueste, gehorchte auf den leisesten Wink seiner Obern und ergriff jede Gelegenheit, sich abzutödten und selbst zu verläugnen. Das Gebet und besonders auch die Andacht zur seligsten Jungfrau war ihm seine liebste Beschäftigung. Aus Liebe zu seinen Nebenmenschen hätte er sehr gewünscht, in die Länder der Ungläubigen als Missionär geschickt zu werden; allein es ward ihm nicht gestattet, weder an der Mission nach China Antheil zu nehmen, noch an der Bekehrung der Irrlehrer im Lucernerthale zu arbeiten. Noch als Diakon hielt er auf Befehl seines Vorstehers im Erziehungshause des hl. Johannes von Lateran die Fastenpredigten mit solchem Eifer und Nachdruck, daß alle Herzen gerührt wurden und viele seiner Zuhörer noch in ihrem spätesten Alter von diesen Predigten mit Bemunderung sprachen. Zum Priester geweiht, ward ihm das Lehramt der Philosophie übertragen. Da erkrankte er aber sehr gefährlich am Blutsturze (haemoptysis) und konnte weder durch die Kunst der Aerzte, noch durch das milde Klima Neapels und seiner Vaterstedt Heilung finden. Nach 5 Jahren endlich fand er sie vollständig, nachdem er der seligsten Jungfrau gelobt hatte, er würde nach erhaltener [770] Gesundheit sein ganzes Leben zur Beer einige Predigten in seiner Vaterstadt, namentlich über das Leiden des Herrn, und benützte dann diese Gelegenheit, mit gesammelten Almosen und Beiträgen seiner Verwandten den Kreuzweg in einzelnen Kapellen vor dem Kloster daselbst zu errichten und die Kreuzwegandacht einzuführen, was er dann an vielen andern Orten that, später namentlich im Colosseum zu Rom, wobei auch Papst Benedict XIV. ihn unterstützte. Im 30. Jahre seines Lebens erhielt er vom Bischofe von Albegna (Kirchenprovinz Genua) die Erlaubniß, in seiner Diöcese Beicht zu hören und zu predigen, was er mit großem Eifer that. Im Mai 1708 begann er die eigentliche Mission in den Gegenden von Avallo, Caramagna etc. Nachdem er einige Zeit allein diesem Geschäfte mit bestem Erfolge obgelegen, ward er nach Florenz geschickt, wo der Großherzog Cosmus III. über die Früchte des apostolischen Wirkens dieses Mannes ganz in Erstaunen gerieth, da eine allgemeine Verbesserung der Sitten in die Augen fiel. Besonders wußte er zur damaligen Zeit der Pest und einer großen Trockenheit das Volk von Florenz durch seine Predigten und Andachtsübungen zu Gottvertrauen und Lebensänderung zu bewegen. Für diejenigen, die ein zurückgezogenes Leben führen) wollten, stiftete er in der Nähe von Florenz ein sehr armes Kloster, dem er mit Genehmigung des Papstes Clemens XI. Regeln vorschrieb, und in welches er sich selbst manchmal, zurückzog, um sich im innigsten Umgange mit Gott wieder Kraft zu seinen apostolischen Arbeiten zu sammeln. Den jetzt durchzog er fast 44 Jahre lang die Staaten, Städte, Dörfer, Inseln, ja alle Bisthümer Italiens, um überall den Samen des göttlichen Wortes auszustreuen. Er durchwanderte die rauhesten Gegenden bei Schnee und Regen, und bis in die letzten Jahre seines Lebens allzeit mit bloßen Füßen. Er trug immer nur die abgetragensten Kleider, fastete ununterbrochen und gönnte sich nur kurze Ruhe auf hartem Lager. Dabei setzte er auf sich selbst ein gänzliches Mißtrauen, empfahl sich immer dem Gebete Anderer, desonders frommer Klosterfrauen; desto mehr vertraute er aber auf Jesus, zu dem er unzähligemal aufrief: »O mein Jesu, Barmherzigleit!« – Unzählbar waren die Bekehrungen, die er mit Gottes Gnade bewirkte. Mißbräuche wurden abgeschafft, Aergernisse gehoben, die Sitten allgemein verbessert; die Andacht und Gottesfurcht blühte wieder in allen Ständen. Seine apostolische Thätigkeit war so groß, daß er den Namen eines »Apostels von Rom und Italien« sich verdiente. Wie er die Andacht des heil. Kreuzweges und der ewigen Anbetung Jesu Christi im allerheiligsten Altars-Sacramente auf's Eifrigste förderte, so auch die vom heiligsten Herzen Jesu, von welchem er die erste Bruderschaft errichtete. Im J. 1736 war er Quardian von St. Bonaventura in Rom, predigte aber doch in Neapel und in Florenz. Als er über Loretto nach Rom zurückgekehrt war, fragte er den Papst Benedict XIV., ob er nun als alter Mann nur an seine Seele denken, oder zu predigen fortfahren solle, worauf der Papst erwiederte, daß er wie ein tapferer Krieger sterben solle im Kampfe mit der Hölle. Darauf übertrug er ihm Missionen in mehreren Kirchen von Rom. Dann predigte er wieder in Terracina und Genua, im J. 1744 in Corsica, wo viele tödtliche Feindschaften durch ihn versöhnt wurden, ferner in Bologna, Ferrara, Ancona, Toscana etc. etc. Im J. 1749 hielt er in Rom auf mehreren öffentlichen Plätzen Missionspredigten, denen theilweise auch Papst Benedict XIV. beiwohnte, und in diesem Jahre war es, daß er im Colosseum die Kreuzweg-Andacht einführte, die noch heute dort gehalten wird. Im J. 1751 ging er mit Erlaubniß des Papstes wieder nach Lucca und dann nach Florenz, wo er mit großem Enthusiasmus aufgenommen und von den Bischöfen sehr ehrenvoll empfangen wurde. Hierauf begab er sich nach dem Wunsche des Papstes in die Berge von Bologna, um dort dem Volke die christlichen Wahrheiten zu predigen. Dabei war er aber in seinem hohen Alter von fast 75 Jahren oft so entkräftet, daß er sich nicht mehr aufrecht halten konnte. Auch auf der Kanzel fiel er einige Male ermattet nieder. Wenn er aber dann wieder predigte, so drangen seine lebhaften Worte wie Pfeile durch die Herzen. Bei dieser seiner letzten Mission sagte er zu seinen Gefährten, er werde nun keine mehr halten. Auf dem Rückwege nach Rom besuchte er Loretto, wo er das Opfer des Papstes überbrachte. In Tolentino zeigten sich die ersten Spuren der Krankheit, und er schleppte sich [771] noch über Foligno nach Rom. Vor den Thoren dieser Stadt angekommen, sagte er: »Nun werde ich bald sterben.« Am 26. November95 gelangte er mit seinen Gefährten gegen Abend in's Kloster des hl. Bonaventura. Man mußte ihn sogleich in's Krankenzimmer bringen. Er beichtete und empfing das heiligste Sacrament. Alle Umstehenden waren über seine Andacht gerührt und vergossen häufige Thränen. Er dankte Gott für die Gnade, in Mitte seiner Ordensbrüder sterben zu dürfen. Er übte sich noch in brünstigen Anmuthungen der Liebe zu Gott und rief die seligste Jungfrau an, als ob sie gegenwärtig wäre. Man merkte, daß seine Auflösung nahe sei, und ertheilte ihm die hl. Oelung. Er blieb bei vollem Verstande und entschlief endlich ganz sanft an einem Freitage vor Mitternacht den 26. Nov. 1751, nachdem er 74 Jahre 11 Monate und 6 Tage gelebt hatte; von diesen hat er 55 im Orden und 44 in der apostolischen Mission zugebracht. Man sah den Pater Leonhard schon in seinem Leben als einen Heiligen an, und nach seinem Tode verbreitete sich sein Ruf rings umher, so daß schon am 14. Juli 1765 der Proceß seiner Seligsprechung eingebracht wurde. Auf die vielen Wunder hin, die man auf seine Anrufung erhielt, ward er vom Papse Pius VI., der ihn persönlich gekannt und hoch geschätzt hatte, am 19. Juni 1796 unter die Zahl der Seligen und endlich von Papst Pius IX. am 29. Juni 1867 als dem Tage, an welchem vor 1800 Jahren die hhl. Apostelfürsten Petrus und Paulus in Rom den Martertod erlitten, zugleich mit dem sel. Erzbischof und Martyrer Josaphat von Polotzk (s. B. Josaphatus3), dem sel. Canonicus und Martyrer Petrus d'Arbues von Saragossa in Spanien, den sel. 19 Martyrern von Gorkum (s. B. Nicolaus Pichius), dem sel. Bekenner Paulus vom Kreuze (a Cruce), der sel. Maria Franzisca von den 5 Wunden (a quinque Vulneribus) und der sel. Jungfrau Germana Cousin (s. B. Germana5) feierlich in die Zahl der Heiligen aufgenommen, nachdem im J. 1836 der Proceß seiner Heiligsprechung begonnen worden war, und Papst Gregorius XVI. am 16. April 1839 ein auf die Fürbitte des hl. Leonardus an einer Laura Cardelli gewirktes Wunder, dann im Aug. 1866 Papst Pius IX. ein zweites an einer Elisabeth Bouzouró gewirktes Wunder approbirt hatte. Der Leib des hl. Leonhard befindet sich in der Kirche des Klosters zum hl. Bonaventura in Rom. Sein Fest wird in Italien am 27. Nov. gefeiert, an welchem Tage es auch in den neuesten Brevieren sich findet; doch im römischen Franciscaner-Martyrologium steht es auch am 26. Nov. als an seinem Sterbtage. Er hat auch mehrere Schriften, meisi asketischen Inhalts, geschrieben, welche bei W.W. (XII. 721) näher angegeben sind. †


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 770-772.
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