Marcianus, S. (47)

[105] 47S. Marcianus (26. Oct.), Martyrer zu Nicomedia. Vgl. S. Lucianus43. Da die von Asseman bekannt gemachten syrischen Acten über diese beiden Martyrer viel schätzbarer sind, als die lateinischen, über deren dunkle und barbarische Schreibart auch Tillemont klagt, obwohl sie in der Hauptsache übereinstimmen, so geben wir aus denselben um so lieber einen Auszug, als hiedurch der Artikel Lucianus43 ergänzt wird. Unbekannt bei den Griechen, was auffallend ist, sind diese hl. Martyrer beinahe in allen lateinischen Martyrologien hoch gefeiert. Das römische gedenkt ihrer am 26. October. Sie litten unter Decius; das Jahr ist ungewiß. Zuerst erzählen die Acten ihre Bekehrung. Sie waren einst, heißt es, ohne Hoffnung und ohne Gott, weil sie den unreinen Götzen dienten und die bösen Geister anriefen, zugleich auch, weil sie mit andern Sünden befleckt waren, die den ewigen Tod als Strafe herbeiziehen. Sie verführten durch die Hilfe der bösen Geister, mit denen sie verschworen waren, die Seelen Vieler. Alle Christen mieden ihren Anblick: »ihre große Ruchlosigkeit war auf ihren Gesichtern zu lesen.« In derselben Stadt befand sich um jene Zeit eine keusche und gläubige Dienerin Gottes, welche ihre Jungfrauschaft um Gottes willen bewahrte. Schön von Gestalt, war sie noch schöner und liebenswürdiger wegen ihres Glaubens. Auch ihr stellten die Wüstlinge mit ihren Zauberkünsten nach. Aber die Dämonen vermochten nichts über sie, »denn sie war in die Rüstung ihres Glaubens gehüllt und mit dem Zeichen des Kreuzes bewaffnet.« Als Lucian und Marcian dieß aus dem Munde der ihnen untergebenen bösen [105] Geister vernahmen, fielen sie vor Schrecken auf die Erde und waren dem Tode nahe. Dann trieben sie die Dämonen weg, und indem sie dem Lichte folgten, das plötzlich in ihren Herzen aufgegangen war, bekehrten sie sich vom Irrthum zum wahren Glauben. »Es ist«, dachten sie sich, »für uns viel besser und heilsamer, den wahren Gott und seinen Sohn Jesus Christus zu erkennen und anzubeten, der die Teufel überwindet und die Dämonen unterwirft«. In dieser rechten Erkenntniß verharrten sie nun die ganze Zeit ihres Lebens, verbrannten ihre Zauberbücher und die Geräthschaften ihrer finstern Kunst und wandelten als Bekehrte in aller Keuschheit und Rechtschaffenheit. Sie zogen aber aus der Stadt in die Wüste, um in strenger Buße ihre Sünden zu bekennen. Nach einiger Zeit wollten sie den Glauben, der ihnen eine Kraft Gottes geworden war zum Heile, auch Andern bringen: »wohin sie immer gingen oder wer ihnen immer begegnete, verkündeten sie Gottes Wort.« Endlich wurden sie ergriffen und vor den Richter geführt. Sein Name ist in den syrischen Acten nicht angegeben; er ist uns aber aus den lateinischen bekannt: er hieß Sabinus und war Proconsul von Bithynien. Er ließ sie auf's heftigste foltern und mit eisernen Kämmen zerfleischen. Da bekannten sie noch einmal ihre frühere Schuld und sprachen: »Ehedem waren wir Bösewichte und lebten in der äußersten Gottlosigkeit. Als ob Alle unsere Feinde wären, fügten wir Allen Böses zu. Wir thaten keuschen Frauen Gewalt. Hättest du uns damals gefoltert und hingerichtet, so wäre es recht gewesen, wir hätten es verdient. Allein du duldetest, daß wir Böses thaten, und peinigest uns, da wir Gutes thun. Doch wir danken dafür dem Herrn, denn Er hat uns die früher begangenen Lasterthaten verziehen und uns gewürdiget, zu diesem Tode um seinetwillen zu gelangen, damit auch wir des Lebens theilhaftig werden mit jenen, die allezeit Gutes gethan haben. Peinige uns nur, boshafter Tyrann, denn wir weigern uns nicht, deine Wuth auszuhalten.« Nach dieser Rede gebot der Richter, sie von der Folter abzunehmen und dem Feuer zu übergeben. Er war aber der Meinung, sie seien wegen der Größe der ausgestandenen Marter nicht im Stande, zu gehen. Allein sobald sie das Feuer erblickten, liefen sie eiligst hin und warfen sich selbst freiwillig hinein. Zugleich sangen sie Gott Preis- und Siegeslieder dafür, daß Er ihnen geholfen, sie bekehrt und dieses seligen Endes würdig gemacht hatte59. †


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 105-106.
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