Cabinetsjustiz

[742] Cabinetsjustiz. Während in Deutschland der König persönlich zu Gericht saß und bei den Römern eine Streitsache auch in erster Instanz unmittelbar vor den Kaiser gezogen werden konnte, erlangte hingegen im neuern Staatsrecht die richterliche Gewalt in dem Sinne eine volle Selbstständigkeit, daß die Rechtssprechung ausschließlich durch das Richteramt auf Grundlage der Gesetze und der selbsteigenen Rechtsüberzeugung zu geschehen hat. Demnach ist alle Einmischung der Staatsgewalt, wodurch der gesetzliche Rechtsgang gestört würde, als Willkür von Oben, als C. verpönt (Wiener Schlußakte von 1820, §. 29 und Bundesbeschluß vom 7. Oct. 1830). – Aber nicht ist damit zu verwechseln das Oberaufsichtsrecht des Regenten über Gerichte und Justizadministration, ferner dessen Rechte in Bezug auf Gesetzgebung, auf Ernennung des Richterpersonals, auf Begnadigung und Abolition.[742]

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 742-743.
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