Chlor

[98] Chlor, Chlorine, Chlorine, ein einfacher Stoff, findet sich niemals frei, sondern vorzüglich an Natron gebunden, als Chlornatrium in Steinsalz, Seewasser und Salzsoolen etc. Das Chlor wurde von Scheele im Jahr 1774 bei Behandlung des Braunsteins mit Salzsäure entdeckt und von ihm dephlogistisirte Salzsäure genannt; Bertholet betrachtete diesen Körper als oxydirte Salzsäure, bis endlich Gay-Lussac und Thenard, und später Davy durch ihre Versuche bestimmt wurden, diesen Körper als einen einfachen zu betrachten; letzterer gab ihm, seiner grünlichgelben Farbe wegen, den Namen C. Das C. wird aus Salzsäure mittelst Braunstein oder aus Kochsalz, Braunstein und Schwefelsäure dargestellt. Es ist bei gewöhnlicher Temperatur gasförmig, läßt sich jedoch bei einem Druck von 4–5 Atmosphären zu einer tropfbaren, grünlichgelben Flüssigkeit von 1,33 spec. Gewicht verdichten; es hat einen eigenthümlichen erstickenden Geruch und wirkt so heftig auf die Athmungswerkzeuge, daß Husten, Beklemmung, und beim öfteren Einathmen Blutspeien und Schwindsucht veranlaßt werden können. Das C. wird bei fieberhaften und contagiösen Krankheiten sowohl äußerlich als innerlich angewendet; auch als Bleichmittel, hiezu besonders aber der aus ihm bereitete C.kalk, welcher zugleich, nachdem man das C. mittelst Schwefelsäure aus ihm entwickelt, als Gestank zerstörendes und desinficirendes Mittel dient. Ferner sind viele Verbindungen des C.s mit andern Körpern sowohl als Arzneimittel als zu ökonom. und techn. Zwecken sehr nützlich; eine der wichtigsten ist die Verbindung des C.s mit Natron (Chlornatrium), das Kochsalz, welches schon gebildet in der Natur als Steinsalz, in Salzquellen und in dem Meerwasser vorkommt; sodann die Salzsäure, Acidum hydrochloricum, Acidum muriaticum, Spiritus Salis acidus, eine Verbindung des C.s mit Wasserstoff, welche, durch Zersetzung des Kochsalzes mittelst Schwefelsäure gewonnen, wieder zur Bereitung verschiedener chem. Präparate und zu techn. Zwecken dient.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 98.
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