Edessa

[496] Edessa, jetzt Orfah, Stadt im nördl. Mesopotamien, nordöstl. 25 M. von Aleppo, Sitz eines armenischen Bischofs, 50000 E., darunter 2000 Christen und 500 Juden, die übrigen Mohammedaner; Baumwolleweberei, Saffiangerberei, Handel. – Manche suchen hier Abrahams Heimath; Ur in Chaldäa u. eine Sage bei Barhebräus macht den Nimrod zum Erbauer von E., doch wurde die Stadt erst nach der Zeit Alexanders d. Gr. bekannt, von Seleukus Nikator zu Ehren der macedon. Stadt E. also genannt und war seit 137 v. Chr. die Hauptstadt des kleinen Reiches Osrhoëne, dessen Beherrscher Abgar (Akbar, Mächtige) genannt und welches zu Trajans Zeit von den Römern abhängig, unter Commodus Colonie wurde und dem [496] Namen nach wohl bis 216 n. Chr. fortbestand. Die Sage, daß der Abgar Uchomo mit Christus Briefe gewechselt, Eusebius Behauptung, derselbe sei durch den hl. Thaddäus bekehrt worden, sowie die Ehrennamen E. sancta, benedicta u.s.f. bestätigen, daß E. sehr früh christlich wurde. Schon im 2. Jahrh. wurde hier die Bibel übersetzt, im 4. stiftete Ephraim der Syrer, der erste Exeget Syriens, eine berühmte Schule, neben ihr bestand eine vielbesuchte pers. Staatsschule, deren Lehrer sich dem Nestorianismus ergaben und E. wurde ein Hauptschauplatz der Bewegungen der orientalischen Kirche. Die Staatsschule wurde 431 vom Bischof von E. geschlossen, um 489 aufgehoben, während aus Ephraims Schule Jakob Saragusensis (st. 503) die edessenische Mundart zur herrschenden Syriens machte. E. wurde 609 von den Persern, 641 von den Arabern erobert und theilte die Schicksale des Chalifenstaates, bis 1040 die Seldschucken und byzantin. Kaiser sich darum stritten, 1097 die Kreuzfahrer die Grafschaft E. schufen, Balduin damit belehnten und sie zu einem Bollwerke ihrer Eroberungen machten. Emadeddin Zengi, der Herrscher von Mosul oder Niniveh, erstürmte E., es blieb für die Christen verloren und kam nach verschiedenen Herrschaftswechseln und Verwüstungen 1637 von den Persern an die osmanischen Türken.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 496-497.
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