Gagern [3]

[5] Gagern, Heinrich Wilhelm August, Freiherr von, geb. 1799, Bruder des Vorigen, war 1815 als Lieutenant bei Waterloo, studierte hierauf die Rechte zu Heidelberg, Göttingen u. Jena, half die deutsche Burschenschaft gründen, wurde hessendarmstädt. Beamter u. gehörte als Abgeordneter in der Ständekammer sowie als polit. Schriftsteller der Opposition an, weßhalb er 1833 pensionirt wurde. Als mit 1846 die unverkennbaren Zeichen der nahenden Erschütterungen sich kund gaben, trat auch G. wieder auf den Schauplatz und war einer der Leiter der liberalen Bestrebungen im südwestl. Deutschland, deren Organ die in Heidelberg herauskommende »Deutsche Zeitung« war. Bei dem nach der Februarrevolution 1848 eingetretenen Umschlag in der Haltung der deutschen Regierungen wurde er 5. März hessendarmstädt. Minister, wohnte den Versammlungen der liberalen Koryphäen in Heidelberg u. Bensheim bei, drängte mit ihnen im Vorparlamente zu Frankfurt die Heckerʼsche Partei zurück, war sodann bis zum 15. Dezbr. Präsident des Parlaments u. setzte die Wahl des Erzherzogs Johann zum Reichsverweser durch. Sein Plan, einen deutschen Bundesstaat unter preuß. Hegemonie als Kaiserthum aufzurichten, das österreich. Kaiserthum aber auszuschließen, dasselbe jedoch durch einen unauflöslichen Bund an Deutschland (»Kleindeutschland«) anzuschließen, mußte sowohl an dem Widerstande der »großdeutschen Partei«, welche von keiner solchen Zerklüftung des Reichs wissen wollte, als an dem der Anhänger der Dynastien u. der Republikaner scheitern. Am 21. März 1849 nahm er als Minister seine Entlassung, trat am 20. Mai aus dem Parlamente, war dann in Gotha und Erfurt thätig, trat nach der Schlacht von Idstedt als Major in das schlesw.-holstein. Heer und privatisirt seit 1852 in Heidelberg.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 5.
Lizenz:
Faksimiles:
5
Kategorien: