Großbritannisches (engl.) Theater

[171] Großbritannisches (engl.) Theater. Das engl. Drama entwickelte sich wie im übrigen christl. Europa aus den sog. Mysterien (Miracles plays) und den späteren allegorischen Darstellungen (Moral plays), die besonders an den Höfen beliebt waren. Heywood verband mit denselben »Interludes«, Zwischenspiele, dramatisirte Scenen aus dem wirklichen Volksleben, u. um 1550 brachten Udall die erste eigentliche Komödie, Northon [171] u. Sackville die erste Tragödie auf die Bühne. Unter Königin Elisabeth hob sich die dramatische Kunst durch Lodge, Kyd, besonders aber durch Greene und Marlowe, die Vorgänger von Shakespeare, der auf die einfache Bühne, die technisch und künstlerisch wenig od. gar nicht ausgestattet war, seine dramat. Meisterwerke brachte. Unter Karl II. wurde das französ. Theater nach England verpflanzt und herrschte daselbst, bis Garrik gegen die Mitte des vorigen Jahrh. eine engl. Schule gründete. Er führte zur natürlichen Darstellung zurück, verbannte die Uebertreibung wie die Gemeinheit und führte die Nation durch seine Darstellung Shakespearʼscher Rollen zur Kenntniß ihres größten Dichters. Auf Garrick folgten John Kemble und Mrs. Siddons, Kean, Macready, als der letzte, der als großer tragischer Schauspieler gilt; an Komikern war England immer reicher und mag noch treffliche besitzen. Seit ungefähr 30 Jahren ist das engl. Theater im Sinken begriffen, wovon die vorherrschende Richtung auf das Praktische und die Thätigkeit der Engländer auf dem großen Weltschauplatze die hauptsächliche Ursache sein mag.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 171-172.
Lizenz:
Faksimiles:
171 | 172
Kategorien: