Theater [1]

[447] Theater (v. gr. Theātron), 1) Platz für die. welche einem Schauspiel zusehen od. einer musikalischen Aufführung zuhören; 2) bes. in einem dazu errichteten Gebäude der für die Zuschauer u. Zuhörer bestimmte Theil; 3) das ganze Gebäude, worin Schauspiele, insbesondere dramatische, aufgeführt werden. Schon die Alten kannten die Th., u. bei den Griechen u. noch mehr bei den Römern hatten fast jede Stadt ihr eignes Th. Diese Th. waren gewöhnlich dem Dionysos (Bakchos) heilig, in ihnen wurden dramatische u. musikalische Spiele u. Wettkämpfe, panegyrische Reden, auch außerordentliche, später alle Volksversammlungen gehalten. Anfangs waren die Th. sehr einfach, ja man sagt, sie seien zuweilen auf einem Karren gefahren (s.u. Thespis). Plätze für die Zuschauer gab es da noch nicht, u. es galt schon für eine besondere Verbesserung, als in Athen ein hölzernes Gerüst (Ikria) aufgestellt worden war, worauf ein Theil der Zuschauer stehend über ihre Vorderleute hinwegsehen konnte. Eins der größten griechischen Th. war das nach Einsturz dieser Ikria zu Athen auf der Südseite der Akropolis in der Gegend Limnai od. im heiligen Bezirk des Dionysos gegen 500 v. Chr. begonnene u. nach 136 Jahren unter Verwaltung des Redners Lykurgos vollendete Dionysostheater.

I. Das griechische Th. war nach oben offen,[447] ungeschützt gegen Sonne u. Regen, u. die Schauspiele wurden dort am hellen Tage aufgeführt. Man wählte zur Anlage von Th-n gern solche Orte, wo den Zuschauern sich neben u. über der Bühne ein weiter Blick über das Meer od. eine schöne Landschaft eröffnete, namentlich auch solche Punkte, wo man zum Anbringen der Sitzplätze für die Zuschauer eine Anhöhe benutzen konnte. Das ganze Th. bestand aus drei Theilen: dem Theatron, einem halbkreisförmigen Raum für die Zuschauer; der Skene od. Bühne, einem an die Enden jenes Halbkreises angeschobenen Querbau; endlich der Orchestra, dem zwischen beiden liegenden kreisförmigen Platz, um deren oberen Halbkreis die Sitzreihen lagen, an dem unteren die Skene. Die Orchestra lag tief, die Skene war 10–12 Fuß über derselben erhaben u. ebenso hoch die erste Reihe der Sitze. A) Das Theatron bestand aus, über einander sich amphitheatralisch erhebenden Sitzstufen (Hedrai) von 1 Fuß 5 Zoll Höhe u. 2 Fuß 5 Zoll bis 3 Fuß 10 Zoll Breite. Dieselben waren gewöhnlich aus dem lebendigen Felsen in den verschiedensten Profilen ausgearbeitet; wo die Anhöhe nicht felsig war, wurde das Theatron zum Theil aus Quadern erbaut u. oft die Sitzplätze mit Marmorplatten überkleidet, auf welche man bei der Vorstellung noch Sitzpolster legte. Der ganze Zuschauerraum war durch Gänge (Diazomata), welche concentrisch mit den Sitzstufen durch den Raum führten, in 2–3 Abtheilungen geschieden. Außerdem waren die so entstandenen Stockwerke durch Treppen (Anabathmoi), welche stralenförmig aus der Orchestra, von der ersten Sitzstufe, von dem ersten u. endlich vom zweiten Diazoma aufwärts bis zu den obersten Stufen führten, in keilförmige Abtheilungen (Kerkides) getrennt. Das Dionysostheater in Athen hatte 36 Sitzreihen, welche durch zwei Diazomata in drei Ränge zu 12 Reihen abgetheilt waren. Durch den untersten Rang führten acht Treppen u. zogen sich in gerader Linie auch durch die beiden oberen Ränge hindurch; weil aber die zweite Abtheilung der Sitzreihen zu groß wurde, so waren in derselben zwischen den ersten acht Treppen noch fünf neue angebracht u. so in den obersten, wo noch mehre waren. Die einzelnen Kerkides waren für besondere Klassen der Zuschauer bestimmt; sie waren nach den Göttern, od. in monarchischen Staaten nach den Mitgliedern der königlichen Famille benannt, deren Namen an dem Umgang eingegraben waren, welcher unter der betreffenden Kerkis hinlief. Die unterste Sitzreihe (Xylonproton, d.i. das erste Holz), war für die Personen bestimmt, welche durch die sogenannte Proedrie (s.d.) geehrt waren, die entferntesten für die am wenigsten Geachteten. Die Proedrie wurde im Th. den Feldherrn, Priestern, namentlich denen des Dionysos, fremden Gesandten, befreundeten Städten u. allen denen, welche der Staat für ihre Dienste belohnen wollte, ertheilt, aus diesem Grunde selbst den Waisen der im Kriege Gefallenen. Unter den Männern hatten die Rathsherren u. ebenso die Epheben ihre besonderen Sitze, jene das Buleutikon, diese das Ephebikon. Gewiß durften auch Weiber u. nicht blos Hetären, welche letztere die obersten Plätze (deshalb Hetairikon genannt) einnahmen, der Vorstellung zuschauen, wenigstens von Sparta weiß man, daß sie nicht ausgeschlossen waren. Sklaven u. freie Metöken durften auch ins Theater, aber sie u. die Unerwachsenen durften nur dann Platz nehmen, wenn noch Raum war. Die einzelnen Sitzplätze waren durch Linien abgegrenzt u. nummerirt. Die Nummer seines Platzes fand man auf seiner Theatermarke (Symbolon) unter dem darauf geschriebenen Namen des Dichters. Die äußersten Sitzstufen an den beiden Enden des Theatrons waren nach der Bühne zu an den Hörnern (Kerata) durch eine niedrige Brüstungsmauer begrenzt, welche in schräger Linie od. in Absätzen der Senkung der Sitze folgte. Über der obersten Sitzreihe bildete entweder ebenfalls eine Mauer, od. eine Säulenhalle eine Umschließung, welche aus akustischen Gründen der Höhe des Skenengebäudes gleichkommen mußte. Endlich erwähnt Vitruv noch Schallgefäße (Echeia) aus Thon od. Metall, welche zwischen den Sitzreihen auf Keilen aufgestellt, die Stimme der Schauspieler für die Zuhörer vernehmlicher machen sollten. Doch ist es möglich, daß diese Vorrichtung nur theoretisch war, wenigstens gab es dergleichen im Athenischen Th. nicht. B) Die Orchestra, der zwischen dem Theatron u. der Skene inne u. zwar tiefer liegende, fast kreisförmige Platz, welcher 1/51/3 des ganzen Durchmessers des Zuschauerraums einnehmend in ausdrücklicher Beziehung auf den Reigen des Chors, welcher hier agirte, seinen Namen als Tanzplatz erhielt. Vorn in demselben, der Mitte der Skene gegenüber, stand in der Konistra (eigentlich Sandplatz) die Thymele, eine altarähnliche Erhöhung mit Stufen, welche ebenso hoch wie die Bühne war. Die Thymele war der Sammelplatz des Chores, wenn er nicht sang, sondern theilnehmend der Handlung zuschaute. Dort standen auch die Flötenspieler, od. die später allgemein als Musiker genannten Thymetikol, welche Gesang u. Tanz begleiteten. Gewöhnlich stellte die Thymele einen Altar vor, doch oft auch ein Grab, bei Volksversammlungen diente sie als Rednerbühne. Sollte ein Schauspiel gegeben werden, so wurde die Konistra durch einen Breterboden etwa um die Hälfte der Höhe der Bühne, also 5–6 Fuß, erhöht. Dieser war nun der eigentliche Standort u. Tanzplatz des Chores u. wird im engern Sinne Orchestra genannt. Auf derselben waren die Bewegungen des Chors durch Linien (Grammai) vorgezeichnet. Die Orchestra wurde den Zuschauern gegenüber durch einen langen Bau abgeschlossen, dessen Front in gerader Linie hin in einem Abstand von 6–18 Fuß parallel mit derjenigen Linie lief, welche das Theatron abschloß. C) Die Skene, das Bühnengebäude, im engern Sinne die hintere decorirte Wand der Bühne, welche eine Tangente des um die Thymele beschriebenen Kreises der Orchestra bildete. Vor dieser Wand lag in Gestalt eines schmalen Oblongums (Verhältniß der Länge zur Tiefe wie 7: 1) die gedielte Bühne (Proskenion), der Ort, wo die Schauspieler agirten; hier standen oft Götterbilder, Altäre der Schutzgötter, namentlich der des Agyieus. Vor dem Proskenion war noch ein Vorbau (Logeion), wohin die Schauspieler traten, wenn sie mit dem Chor in der Orchestra sprachen od. einen Monolog hielten. Auf diesem war noch ein engerer etwas erhöhter Platz (Okribas), welcher vorzugsweise für die Action bestimmt war. Die Nebengebäude, welche sich zu beiden Seiten des Proskenion erhoben, hießen Paraskenia; die Front, welche sich unter der Bühne hinzog, Hyposkenion. Bei der Aufführung von Dramen war das letztere zur Hälfte durch den Breter[448] boden der Orchestra (s. oben B), auch die obere Hälfte ganz od. theilweis durch Stufen aus der Orchestra auf die Bühne verdeckt. Blieben jedoch einige Theile desselben der Ansicht frei, so wurden hier in Nischen Statuen aufgestellt, welche nach Verhältniß des Stückes verschieden waren. Jene Stufen nämlich waren, wie die Orchestra, aus Holz u. wurden nach dem jedesmaligen Bedürfniß des Stückes in der ganzen Breite des Proskenion od. schmäler, ja sie wurden auch von beiden Seiten nach dem Mittelpunkt des Paraskenion führend angebracht; endlich konnte hier auch durch eine schiefe Ebene der Abhang eines Hügels dargestellt werden. Die Skenenwand selbst hatte drei Thüren, deren mittlere die königliche Pforte, die beiden neben ihr befindlichen die der Fremden genannt wurden. (Die Annahme, daß durch die von den Zuschauern aus rechts liegende Thür die im Orte der Handlung Einheimischen, durch die linke die Fremden aufgetreten seien, ist ungegründet u. läßt sich unter allen uns erhaltenen Dramen nur auf die Medea des Euripides anwenden). Außerdem gab es noch zwei Öffnungen (Eisodoi), welche aus den Paraskenien auf das Proskenion führten. Hier standen die Periaktoi, dreiseitige, mit einem Zapfen unten in den Boden eingelassene u. so drehbare Prismen von Holz, deren Seiten mit verschiedenen Decorationen bemalt waren. Die nach dem Th. gerichtete Seite stand nicht schief, wie jetzt, sondern in gerader Flucht mit der Bühne. Die Skenenwand, welche je nach Bedürfniß des Stückes bald einen königlichen zweistöckigen Palast (Dieres), bald eine Landschaft, ein Heerlager, eine Straße, ein Privathaus u. dgl. darstellte, war auf Breter (Pinakes) od. Tapeten (Katablemata, Parapetasmata) gemalt. Bei dieser Malerei auf Skene u. Periakten war auf Perspective vollständig verzichtet. Die hintere Decoration konnte auch theilweis od. völlig nach beiden Seiten auseinander gezogen od. geschoben werden (Ekkyklema, wenn es ant Rädern, od. Exostra, wenn es auf Walzen ging), u. dann erblickte man auf einer dahinterstehenden Wand entweder das Innere eines Gebäudes od. einen tiefen Hintergrund, welcher Wald od. eine entlegene Küste darstellte. Hinter der Skenenwand war auch ein Raum, Hypokolpion genannt, wo die Maschinen u. Garderobezimmer (Skeue) sich befanden. Veränderungen der Decoration kamen während desselben Stückes nur selten vor, wohl aber für die verschiedenen Theile der Trilogie (s.d.). Übrigens kam die Skenographie seit Sophokles auf das T., u. einer der ersten Künstler, der sich damit beschäftigte, war Agatharchos. In Athen war man daran gewöhnt von der rechten Seite die Personen aus der Stadt u. aus dem Hafen, von der linken die aus der Fremde auftreten zu sehen. Dasselbe gilt auch für den Einzug des Chors durch die zwischen den Paraskenien u. den Hörnern des Theatrons liegenden Eingänge (Parodoi, Dromoi). Diese waren in der Komödie durch härene Decken, in der Tragödie durch kostbare Teppiche verkleidet. An den Parodoi waren auch wohl in der Nähe der Hörner des Theatrons die Charonischen Stufen (Charoneioi Klimakes), auf welchen Geistererscheinungen auf das Th. kamen. Einen Vorhang (Aulaia) vor der Bühne hatte das griechische Th. von Anfang an nicht, aber jedenfalls wurde ein solcher später üblich u. kam von dem griechischen auf das römische Th. Derselbe fiel bei Anfang der Vorstelluna in einen Einschnitt zwischen der Treppe u. dem Proskenion herab u. erhob sich wieder, wenn ein Theil der Trilogie beendigt war. Über die Theatermaschinen weiß man nicht viel Bestimmtes Äschylos brachte Götterscenen auf erhöhten in der Luft schwebenden Gerüsten, abenteuerliche Thiergestalten u. geflügelte Wagen, Darstellung der Nacht in dem tageshellen Th., Donner u. Blitz auf die Bühne. Zu alle dem waren besondere Vorrichtungen u. Maschinen nöthig. Seine Nachfolger beschränkten dies zwar sehr, aber die alten Komiker pflegten ihre kecken, Phantasmen mit ähnlichen Kunstmitteln zu verzieren u. erweiterten diesen Theil der Technik durch neue Schöpfungen noch beträchtlich. Um den Blitz darzustellen, diente das Keraunoskopeion, auf beiden Seiten der Skene angebracht, vermuthlich in Gestalt einer dunkeln Wolke; das Bronteion, Donnermaschine, bestand in Schläuchen, welche mit Steinen gefüllt über eherne Kessel gezogenwurden; das Hemikyklion, welches wahrscheinlich in der Nähe des rechten Paraskenion angebracht war u. das Wogen des Meeres darstellte; das Strophelon u. Hemistropheion, vielleicht ein halbzirkelförmiger Drehbaum, auf welchem in der Luft herschwebende Schatten von Helden, welche im Kriege u. auf dem Meere umgekommen waren, auf die Bühne geführt wurden (nach Andern diente das Stropheion blos dazu, die Schatten schnell den Augen der Zuschauer zu entziehen); das Theologeion, eine Vorkehrung, durch welche Götter auf das Theater gebracht wurden, erschien wahrscheinlich in Gestalt einer Wolke; das Pegma, ein hölzernes Gerüst aus verschiedenen Stockwerken zusammengesetzt u. so eingerichtet, daß ein Stockwerk aus dem andern sich emporheben u. wieder versenken konnte, war erst später unter den Ptolemäern erfunden; der Geranos, eine Art Krahn, eine Maschine mittelst welcher Götter in die Höhe gehoben wurden, hatte verschiedene Gestalten; die Aiora (Krade, Mechane), worauf Personen in der Luft schwebend dargestellt wurden; endlich Versenkungen (Anapiesmata).

So lange Thespis mit seinem Karren umherzog u. da spielte, wo eben Zuschauer versammelt waren, mag er wohl durch eine Gabe seiner Zuschauer, welche in Lebensmitteln u. Wein bestand, erfreut worden sein. Als das Th. aber unter Äschylos Staatsanstalt geworden war, bekamen auf Antrag des Demonides die ärmeren Bürger, damit auch sie das Th. besuchen konnten, aus Staatsmitteln das Schaugeld (Theorikon), ja der Staat sorgte für Erfrischungen, welche bei der langen Dauer der Vorstellungen unerläßlich waren; die Zuschauer der unteren Sitzreihen erhielten Backwerk u. seine Weine, während in den oberen Rängen Erbsen u. ähnliche Speisen vertheilt wurden. Die Verwaltung des Th-s gehörte zu den Staats- (Ehren-) Ämtern, denen bes. die Auswahl der Stücke, die Einübung der Chöre u. später der Ausspruch über den Sieg bei dichterischen Wettkämpfen oblag (vgl. Agonotheten); an der Spitze dieser Verwaltung stand der Archon Eponymos. Erst später gab es in Athen besondere Theaterpächter (Theatrōnai, Theatropōlai), bei denen man sich die Eintrittsmarken löste u. welche das Theorikon für sich bekamen, dafür aber nicht nur das Th. in Stand zu erhalten u. für Beköstigung der Choreuten u. des Publikums zu sorgen hatten, sondern auch an den Staat eine Pachtsumme bezahlen mußten.[449] Außer dem Dionysostheater in Athen werden als bedeutende T. in Griechenland noch erwähnt das zu Korinth, zu Sparta (aus weißem Marmor erbaut), in Epidauros (welches Polykletos erbaute), in Sikyon, auf Ägina u. zu Megalopolis in Arkadien (das größte); auch auf Sicilien gab es prächtige Th. bes. in Syrakus (dies wurde später in ein römisches umgewandelt) u. in Agyrion; von denen in Kleinasien wissen wir weniger; sie waren meist Erneuerungen der Römer auf griechischen Grundlagen.

II. In Rom wurden früher keine stehenden Th. gebaut, sondern aus Holz errichtet, blieben sie höchstens einen Monat stehen u. wurden jährlich wieder aufgerichtet, so selbst noch zur Zeit, als schon die übertriebenste Pracht an diesen Bau verschwendet wurde. Ein steinernes Th. wurde erst 179 v. Chr. für die Apollinarischen Spiele am Flaminischen Rennplatz erbaut, aber wohl bald darauf wieder eingerissen. Für jedes Fest wurde ein Bretergerüst für die Bühne (Proscenium) u. die sogenannte Cavea für die Zuschauer errichtet. Im Jahre 155 v. Chr. gab es noch keine Sitzplätze, sondern die Zuschauer brachten ihre Sessel mit, wenn sie sich setzen wollten. Auch Frauen u. Kinder wurden zugelassen, dagegen Sklaven u. Fremden der Zutritt nicht gestattet. Die römischen Th. waren zwar den griechischen nachgebildet, übertrafen aber dieselben nicht blos an Pracht u. Größe, sondern auch hinsichtlich der Anlage; sie unterschieden sich namentlich dadurch von den griechischen, daß das Theatrum hier einen reinen Halbkreis bildete, woher es auch kommt, daß die Orchestra bedeutend kleiner war, daß ferner auch über den Parodoi, welche hier überbaut waren, noch Sitzplätze angebracht waren, in der Orchestra aber, welche nicht so tief war, als die griechische, die Thymele fehlte. Die Orchestra hatte aber auch auf dem römischen Th. eine andere Bestimmung, denn da hier keine Chöre auftraten, so war sie zu Sitzen für die Senatoren u. die Gäste der Gemeinde bestimmt u. glich daher völlig unserm Parquet. Da es nöthig war, daß die Bühne mit dem Sprechplatz (Pulpitum) von den in der Orchestra sitzenden Personen überschaut werden konnte, u. da alles Spiel auf die Bühne allein verwiesen war, so war sie über der Orchestra, welcher nun auch jener Breterboden fehlte, nur 5–6 Fuß erhöht; natürlich führten auch keine Stufen aus der Orchestra dahin. Vor der Bühne hing ein Vorhang (Aulaeum), welcher beim Beginn des Stücks heruntergelassen, beim Ende hinausgezogen wurde. Vom Aulaeum war verschieden das Siparium, ein kleiner Vorhang innen vor der Bühne, welche dieselbe den Zuschauern zwischen den einzelnen Acten verbarg; das Siparium wurde bei der Fortsetzung des Stücks nach einem Act zusammengefaltet. Auch unterscheidet man das Aulaeum als prächtigeren Vorhang in der Tragödie, das Siparium als einfacheren in der Komödie. In der Mitte der hinteren Scenenwand (Scena) war die königliche Thür (Regia), die beiden nächsten hießen Hospitales; dann kamen die Drehmaschinen (Versurae) in den Parascenien (Versurae procurrentes), in deren jeder wieder ein Eingang auf das Proscenium war (Itinera versurarum;) durch den einen traten die Personen, welche aus der Stadt kamen, auf, durch die andere die Fremden. Auch die römische Bühne wurde mit Bildsäulen verziert; zuweilen bildete die hintere Wand auch eine nischenartige Vertiefung, in welcher ebenfalls Statuen aufgestellt waren; auch andere kostbare Ausschmückungen wurden mit der Scene vorgenommen, bald mit Gemälden, bald mit Silber- etc., ja sogar mit Elfenbein- u. Goldüberzügen. Als die Römer anfingen steinerne Th. zu bauen, wurde die Scene meist mit Marmor bekleidet u. erhielt marmorne Säulen. Hinter der Scene zog sich eine Porticus herum, welche auf den beiden Seiten, dann an die äußersten Sitzreihen stieß u. so das Th. schloß, während das griechische offen war. Jene Porticus diente dazu, die Zuschauer aufzunehmen, wenn plötzlich Regenwetter einfiel. Die Treppen (Scalae, Scalaria) in dem Zuschauerplatz (Cavea) gingen durch alle Sitzreihen von der Orchestra bis in die oberste od. auch so, daß die der andern Abtheilungen zwischen die der ersten fielen. Oft, u. zwar da, wo das Th., wie in Rom, auf gleicher Ebene lag u. auch die Sitzplätze nicht aus Felsen ausgehauen werden konnten, ruhten diese auf Unterbauen, welche in concentrischen Bogengängen angelegt waren, deren Pfeiler auf den Radien übereintrafen. Dadurch wurden Treppenräume gewonnen, durch welche die Zuschauer im Innern der Cavea in die verschiedenen Stockwerke stiegen u. hier durch Thüren (Vomitoria) heraus auf die Umgänge (Itinera praecinctionum) traten. Die Sitzplätze waren in drei Theile (Caveae) getheilt: Cavea ima od. prima in der Orchestra, wo die Senatoren saßen u. der Prätor einen erhöhten Platz hatte; die vorderste Sitzreihe hieß Podium, wo auch die Vestalischen Jungfrauen saßen; dann hatten die Ritter seit 65 v. Chr. durch die Lex Roscia 14 Sitzreihen in dieser Abtheilung. In der mittleren Abtheilung, Cavea media, saßen andere vornehme Leute; endlich Cavea summa, die obere, enthielt die Sitze für die gewöhnlichen Leute (Popularia). Die durch die Scalae gebildeten keilförmigen Abtheilungen der einzelnen Caveae hießen Cunei, die einzelnen Sitzreihen Gradus. Hinter diesen trichterförmig od. amphitheatralisch aufsteigenden Sitzreihen warwieder eine Porticus, darüber ein Dach, wenigstens so hoch wie das Bühnengebäude, damit die Stimme der Schauspieler nicht so leicht verhallte. Über das offene Th. wurde seit den letzten Zeiten der Republik eine Art Zeltbedeckung (Velarium, Parapetasma), von rothgefärbtem Linnenzeug, später von kostbaren, golddurchwirkten Stoffen gespannt, welche auf langen in der Cavea u. Orchestra aufgestellten Stangen u. darübergelegten Seilen ruhte. Zur Erfrischung der Zuschauer waren in den Wänden u. Statuen Röhren angebracht, aus welchen wohlriechende Specereien träufelten. Die Decoration des Th-s wurde nicht durch Maschinen, sondern durch Vorhänge u. Tapeten hervorgebracht, auch waren von den griechischen Maschinen das Pegma (s. oben) auf die römische Bühne übertragen. Einen Souffleur nehmen Einige in dem Hypoboleus auf dem griechischen u. dem Monitor auf dem römischen Th. an, doch erklären Andere die Bestimmung dieser Personen anders. Reste von großen römischen Th-n sind die in Syrakus u. Tauromenium. Auch die etruskische Kunst hatte Th., welche die Griechen nachahmten. Reste von alttuskischen Th-n finden sich noch in denen zu Fäsulä, Adria, Arretium. Über Th. schrieben im Alterthum Agatharches dessen Schrift verloren ge[450] gangen ist, u. Vitruvius in seinem Buch über Baukunst; von Neueren: Kannegießer, Die komische Bühne in Athen, Bresl. 1817; Genelli, Th. zu Athen, Berl. 1818; W. Schneider, Das attische Theaterwesen, Weimar 1835; Strack, Das altgriechische Theatergebäude, Potsd. 1843; A. Witzschel, Die tragische Bühne, Jena 1847; Fr. Wieseler, Theatergebäude bei Griechen u. Römern, Gött. 1851; Schönborn, Die Skene der Hellenen, Berl. 1861.

III. Mit der Verheerung Europas zur Zeit der Völkerwanderung gingen mit der Kunst auch die Th. gänzlich ein u. wurden zu Kirchen, Castellen u. andern ihnen fremdartigen Zwecken angewendet, die, welche nicht hierzu dienten, verfielen gänzlich. Für Aufführungen von Komödien u. Schauspielen im Mittelalter gab es keine eigenen Gebäude (vgl. Deutsche Literatur S. 902). Als aber in neurer Zeit besondere Schauspielhäuser gebaut wurden, hatten nur die Haupt- u. Residenzstädte eigne Th., u. erst in der zweiten Hälfte u. noch mehr im letzten Viertel des 18. Jahrh. bekamen auch die Mittelstädte dergleichen, u. jetzt gibt es fast keine Stadt über 12–15,000 Ew. im gebildeten Europa od. Amerika, welche nicht ihr eigenes Theatergebäude besäße. Zum Unterschied von den Th-n der Alten werden die modernen von Holz zusammengesetzt u. haben ein förmliches Dach; auch werden nur Abends bei Licht in denselben Vorstellungen gegeben. Nur die Sommertheater (s.d.) machen hiervon eine Ausnahme. Die Th. werden wo möglich auf einem freien Platze angelegt; sie bilden meist ein längliches Viereck (od. ein Oval) u. die Hauptfaçaden pflegen mit Säulen, Basreliefs, Bildsäulen u. dgl. verziert zu werden. Zuweilen führt eine Freitreppe in das Th., wodurch man sogleich in die ersten Ranglogen gelangt. Das Innere des Th-s besteht aus einem großen Saal, wo die Zuschauer sitzen, u. aus einer unmittelbar damit verbundenen u. mit ihm Eins bildenden, etwas erhöhten Bühne od. Scene. Bei einem gut gebauten Th. muß die Stimme der Schauspieler überall gut vernommen, wenigstens der größere Theil der Bühne von allen Zuschauern gesehen werden, die Zugänge zum Ganzen u. zu den einzelnen Theilen bequem u. breit sein, u. die Bühne mit dem Raum für die Zuschauer im gehörigen Verhältnisse stehen. Um allen diesen Anforderungen zu entsprechen, wählen Manche für die Form des Th-s ein Oval, dessen langer Durchmesser mit der Bühne parallel ist; Andere gebrauchen auch die ovale Form, doch so, daß der kurze Durchmesser mit der Bühne parallel läuft, indem die Bühne einen Theil des Ovales so abschneidet, daß der Focus des Ovales in die Vorscene fällt; Andere geben der Bühne die Gestalt des Zirkels, von welchem die Bühne einen Theil abschneidet, indem man dabei der Erfahrung folgt, daß der Sprechende in einem Kreise von 100 Fuß Durchmesser dann am besten verstanden wird, wenn er 17 Fuß vom Mittelpunkte des Kreises entfernt steht. Andere Formen der Th. sind: das längliche Viereck, dessen schmale Seite die Bühne ist u. dessen andere schmale Seite etwas abgerundet ist (so die ältern Th., das Hofburg- u. Kärntnerthortheater in Wien u. fast alle englischen u. holländischen Th.), die Hufeisen-, Glockenform etc. Damit ein Th. viel Menschen fassen könne, hilft man sich durch die Höhe, doch darf der Sehwinkel gerade der Bühne gegenüber nicht über 45 Grad betragen. A) Im Zuschauerraum ist zunächst der Bühne das Orchester, ein durch Barrieren getrennter Raum für die Musiker. Um die Töne der Musik zu verstärken, ist bes. in den italienischen Th-n die Einrichtung getroffen, daß der Fußboden des Orchesters die Wirkung eines Resonanzbodens hat, indem man eine muldenförmige Aushöhlung darunter anlegt; an jedem Ende dieser Aushöhlung ist eine Röhre angebracht, welche sich meist in der Vorscene öffnet. Es kann 1/6 des ganzen Raumes vom Proscenium bis zur Mittelloge einnehmen. Hinter dem Orchester folgt das Parquet (der Zirkel), 1/4-1/3 des Raumes vom Proscenium bis zu den Logen, welches gewöhnlich mit nummerirten von einander geschiedenen Sitzen (Sperrsitzen) versehen ist. Die eigentliche Scene darf nur so viel über die vordersten Plätze des Parquets erhoben sein, daß die Zuschauer sitzend noch bequem über den vordern Rand des Prosceniums wegsehen können. Das Parquet hat seine Eingänge zur Seite. Den noch bleibenden Halbkreis bildet das Parterre (engl. Pit), welches sich zuweilen unter die ersten Ranglogen erstreckt, meist aber durch eine eigene Logenreihe, die Parterrelogen, begrenzt ist. Das Parterre ist entweder mit Sitzen versehen, wo dann meist in der Mitte od. an den Seiten ein freier Gang gelassen wird, od. ganz ohne Sitze, zum Stehen eingerichtet. Damit die hintersten im Parterre über die vordersten wegsehen können, sind die Sitze des Parquets u. des Parterres entweder amphitheatralisch angelegt, od. der Boden desselben hebt sich zum wenigsten so viel, daß auf 10 Fuß der Entfernung von hinten nach vorn 1 Fuß Fall kommt. Der Haupteingang zum Parterre ist in kleineren Th-n gewöhnlich im Hintergrunde des Halbkreises, in sehr großen Th-n sind aber auch mehre Eingänge. Bisweilen ist der Fußboden des Parterres so eingerichtet, daß er in die Höhe geschraubt u. mit der Bühne in eine horizontale Linie gebracht werden kann, um das Ganze als Ballsaal gebrauchen zu können; od. es wird ein leichter gespündeter Fußboden über dem Parterre u. mit der Bühne horizontal eingelegt. Böcke od. Ringelwände dienen zur Unterlage, Balken werden darauf eingekämmt u. auf diese der Fußboden aufgeschraubt. Über den Parterrelogen erheben sich mehre Reihen Logen, ersten u. zweiten Ranges, in großen Th-n auch eine dritten u. vierten Ranges. Gegenüber der Bühne ist in gleicher Höhe meist mit den ersten Ranglogen eine große Mittelloge (große Loge), welche entweder für den außerordentlichen Besuch Fremder (Fremdenloge), od. für den Regenten u. dessen Familie bestimmt ist. Wenn die Mittelloge des ersten Ranges für die fürstlichen Personen bestimmt ist, so befindet sich meist die Fremdenloge darüber im zweiten Range. Oft aber sind die fürstlichen Logen ganz od. gleichzeitig mit der Mittelloge nächst dem Proscenium in den Prosceniumslogen, welche gewöhnlich die Breite des Orchesters haben. Die einzelnen Ranglogen fassen je nach der Größe der Th. von 6 bis zu 12 Personen, die großen Logen noch mehr. Vor den Logen des ersten u. zweiten Ranges, aber um so viel tiefer, daß die Aussicht der Logen unbeschränkt bleibt, sind in vielen, bes. neuern Th-n die Balkons, auch wohl erste u. zweite Gallerien genannt, angebracht, welche in ein od. zwei fortlaufenden Reihen von Sitzen besteht. Vorn sind die sämmtlichen Logen u. Gallerien mit einer, ungefähr 13/4 Elle hohen Brustwand[451] (Balustrade) versehen. Die Zwischenwände zwischen den einzelnen Logen haben entweder die Höhe der Brustwand, damit man darüber hinweg auf die Bühne sehen kann, od. sie sind bis an die Decke der Logen geführt, damit die in den Logen befindlichen Personen weniger den Blicken Anderer ausgesetzt sind. Beide kann man einigermaßen vereinigen, wenn man diese Zwischenwände vorn nach einem Bogen ausschneidet. Die gänzlich geschiedenen Logen sind hauptsächlich in den italienischen u. englischen Th-n u. Opernhäusern gewöhnlich, wo die Logen bes. verzierte Gemächer bilden, sie können durch einen dichten Vorhang auch von dem übrigen Zuschauerraume abgesperrt werden u. werden von den Familien, welche dieselben gemiethet haben, als Conversationszimmer betrachtet, wo Unterhaltung gepflogen u. gespielt wird etc. In der Brustwand werden Pfeiler od. Säulen angebracht, welche die obern Logen od. Gallerien tragen; damit sie wenig von der Aussicht rauben, gebraucht man in neuerer Zeit statt derselben Bündel von eisernen Stäben od. gegossene, möglichst schwache Säulen. Über sämmtlichen Logen erhebt sich die dritte od. vierte Gallerie (scherzhaft das Paradies genannt). Hinter den Logen ist ein Gang (Foyer) angelegt, von welchem aus man zu jeder einzelnen Loge kommen kann, u. von demselben führen mehre Treppen herab. Die größten Th. fassen 4–5000 Zuschauer. Die Decke des Raums für die Zuschauer od. der Plafond ist aus akustischen Gründen nicht gewölbt, sondern mit einer breiten Hohlkehle versehen u. mit Bretern ausgeschalt. Die Verzierungen dürfen der Regel nach weder an der Decke, noch an den Logen angebracht sein, bes. nicht solche, welche Unebenheiten hervorbringen u. die Ausbreitung des Tons hindern; es findet dies bei solchen Th-n statt, in welchen Säulen die Decke tragen. Sonst gibt man den Logenwänden u. dem Plafond eine möglichst heitere u. lichte Farbe, gewöhnlich weiß u. Gold.

B) Der andere Haupttheileines Th-s ist die Bühne od. Scene, der Ort, wo die Schauspieler agiren. Die Breite der Bühne soll nicht über 30 u. nicht unter 16 Ellen betragen, die Tiefe od. Länge kann um die Hälfte mehr betragen, die Höhe richtet sich nach der des eigentlichen Th-s, damit die Bühne möglichst von allen Zuschauern ganz übersehen werden kann. Man macht die Bühne nicht gern über 25 Ellen hoch. In einem Opernhause macht man die Bühne größer, als in einem Schauspielhause. Die Öffnung der Bühne ist viereckig, höchstens ist die Decke nach einem gedrückten Bogen geformt od. es sind die Decken blos abgerundet. Der vorderste Theil der Bühne heißt das Proscenium (Vorbühne, Vorscene), nach dem Th. zu gewöhnlich durch eine gerade Linie begrenzt u. an beiden Seiten von schmalen Wänden eingefaßt, welche zugleich die Öffnung der Bühne bilden u. nach einem rechten od. auch nach einem stumpfen Winkel gestellt sind. Den Fußboden der Bühne (das Podium) läßt man nach hinten zu ein wenig ansteigen. Die Scene od. der Ort, wo die Handlung spielt, wird durch die Decorationen (s.d. 2) bezeichnet. Geschlossene Räume werden durch die Hinterwand am Hintergrund der Bühne u. durch die Coulissen (s.d.) an der Seite dargestellt Auf mehren Th-n braucht man zur Darstellung der Seiten in kleinen Zimmern auch wirkliche zusammenhängende Seitenwände, welche aus einzelnen Klappen bestehen, welche von einer Coulisse zur andern den Raum schließen. Wenn Localitäten der Handlung dargestellt werden sollen, welche den wirklichen Raum der Bühne überschreiten, wie freie Gegenden, od. weit ausgedehnte Räume, so wird dies durch perspectivische Malerei an Hinterwand u. Coulissen ausgedrückt. Die zu näherer Bestimmung der Scene nöthigen Stücke, wie Häuser, Mauern, Bäume, Felsen u. dgl., welche man Versetzstücke nennt, werden vermittelst sogenannter Freiwagen, deren Maschinerie unter dem Podium hingeht, von den Seiten hervorgeschoben; Schiffe u. Gondeln werden in Versetzstücken auf die Bühne gebracht, od. von Leuten, welche hinter denselben verborgen bleiben, hingestellt. Neben den Coulissen, außerhalb der Scene, bleibt ein hinlänglicher Raum, welcher zum Aufenthalt der Schauspieler dient u. wo größere Aufzüge angeordnet werden. Hinter dem hintersten Vorhange der Bühne wird bisweilen ein großes Zimmer angelegt, welches im Nothfall zur Verlängerung der Bühne benutzt werden kann. Bei sehr großen Th-n öffnet sich die Bühne auch wohl nach hinten ins Freie u. gibt Aussicht nach einem freien Platze, welcher benutzt werden kann, um dort Cavallerie, Schlachten, Volk u. dgl. zu produciren. Den Luftraum od. die Decken der Zimmer bilden die Soffiten (Souffiten), schmale, von einer Coulisse querüber zur andern gezogene gemalte Leinwandstreifen; bei geschlossenen Decorationen werden auch diese durch, mit einander verbundene Klappen zu einer wirklichen Decke gemacht; Luft u. Wolken in ihren mehrfachen Abstufungen werden durch Gazedraperien dargestellt. Eben so bewegtes Wasser, welches nur im Hintergrunde der Bühne angebracht werden kann. Das Aufsteigen u. Fallen der Wellen wird durch einige hinter einander stehende, in entgegengesetzter Richtung hin u. hergeschobene, wellenförmig ausgeschnittene Streifen, od. durch, über Reise gezogene u. gedrehte Silbergaze vorgestellt. Die Bewegung der Wellen nach vorwärts zur Darstellung eines Sturmes od. einer Überschwemmung bildet man dadurch nach, daß mehre unter der Gaze verborgene Personen, die Formen u. Bewegungen der Wellen nachahmend, dieselbe nach dem Podium vorwärts tragen. Die aus der Erde hervortretenden Erscheinungen aller Art werden durch Versenkungen, d.i. Bodenausschnitte, welche in Gewichten geräuschlos auf- u. niedergehen, hervorgebracht u. die von oben herab zu bewirkenden Erscheinungen, wegziehende Wolken u. dgl., werden durch sogen. Flugwerk vermittelt. Der Vorhang (die Gardine), welcher die Zuschauerräume von der Scene trennt, wurde sonst gerollt od. durch Schnuren zusammengezogen, jetzt geht er meist gleich den übrigen Decorationen in einen großen Rahmen festgespannt in die Höhe. Er ist entweder mit Malereien verziert od. stellt Arabesken in Gold, Silber u. bunten Farben od. auch ein allegorisches Gemälde vor. In den meisten Th-n fällt seit neuerer Zeit auch bei dem Wechsel einzelner Scenen, sobald Verwandelungen dabei vorkommen, ein einfacher Vorhang (sogen. Verwandelungsvorhang) u. der eigentliche Vorhang nur in den Zwischenacten u. am Schluß des Stücks. Das Aufziehen des Vorhangs u. der Hinterwände in die Räume oberhalb des Th-s wird walzenartig, od. wenn die Decorationen in Rahmen feststehen, durch Gegengewicht (Contrepoid) bewirkt. Auch befindet sich in größern Th-n, z.B. im Drurylanetheater zu London, im königlichen Th. in [452] München etc., eine Vorrichtung, bestehend in einer großen, von Eisenblech zusammengesetzten Platte, welche hinter dem Vorhange herabgelassen werden kann, um bei ausbrechendem Feuer die Bühne von dem Zuschauerraume zu scheiden u. so die Zuschauer möglichst vor Unglück zu schützen. Die Beleuchtung der Bühne u. namentlich der Decorationen geschieht meist durch Argandische Lampen, welche senkrecht übereinander hinter den Coulissen stehen, od. durch Gasflammen, welche hinter jeder Coulisse an einem Gestelle angebracht sind, so daß die Lampen von der Bühne abwärts gewendet od. bedeckt werden können, um auf der Bühne den Grad von Dunkelheit hervorzubringen, welcher der Nachtzeit, der Morgen- od. Abenddämmerung entspricht. Um die Beleuchtung zu verstärken, werden hinter diesen Lampen Reverberen angebracht. Je nachdem die Bühne im rothen, grünen od. im Mondscheinlicht erscheinen soll, werden rothe, grüne od. gelbe Schirme vor das Licht gebracht; damit die Schauspieler in das hellste Licht versetzt werden, ist eine Reihe Argandischer Lampen mit Reverberen versehen, vorn an der Vorbühne auf einem Gestelle, der Rampe, angebracht. Die Rampe kann unter die Bühne herabgelassen werden, damit im erforderlichen Falle auch hier ein gewisser Grad von Dunkelheit zur Darstellung der Nacht bewirkt werden kann. Um die Lichter der Rampe vor den Zuschauern zu verbergen, ist ein Verschlag an denselben angebracht. Die Erleuchtung des Raumes für die Zuschauer geschieht durch einen großen Lüstre, welcher nahe unter der Decke aufgehängt ist u. seit neuerer Zeit bei größeren Th-n meist mit Gas erleuchtet wird, welches theilweis auch zur Beleuchtung der Bühne selbst dient. Auch hat man Lampen, welche in die Decke des Th-s eingesenkt sind u. das meiste Licht herunter auf das Parterre u. die Logenreihen werfen. Erst spät hat man sich zur Heizung der Th. entschlossen, u. zwar bedient man sich zu selbiger der Luftheizung (s.d.).

Die nothwendigen Vorbereitungen zum Flugwerk, zu dem Aufziehen des Vorhangs, zu dem Decorationswechsel, zu der Herablassung der Soffiten etc., werden auf einem besonderen Boden über der Bühne, dem Schnürboden, dessen Fußboden durchbrochen ist, getroffen; zuweilen sind auch zwei solcher Boden über einander, von denen der zweite der Feuerboden heißt. Auf diesem Feuerboden sind dann auch die zur Löschung bei einem etwa im Th. ausbrechenden Feuer nöthigen Reservoirs angebracht. Zu den übrigen in einem Th. vorhandenen Räumen gehört zunächst der Decorationssaal, welcher als Magazin für vorräthige Decorationen, Versetzstücke u. andere Geräthschaften, welche auf der Bühne gebraucht werden, benutzt wird. Der Malersaal wird, wenn es möglich ist, in einem andern Gebäude angelegt, da der zweite im Nothfall dazu zu verwendende Boden über dem Flugwerk zu unbequem ist. Rechts u. links hinter den Coulissen sind meist unterhalb Ankleidezimmer für Choristen u. Statisten; oberhalb die Ankleidezimmer für Schauspieler u. Schauspielerinnen, nebst dem Schneiderzimmer u. noch höher die Garderobesäle zur Aufbewahrung der vorhandenen Theatergarderobe. Bei manchen Th-n befindet sich auch noch ein Saal für Vorproben (Foyer, engl. Green room) zur Einübung der Choristen u. der Figuranten des Ballets. Mit dem Th. sind gewöhnlich mehre Buffets vereinigt, wo Erfrischungen verkauft werden u. wo sich die Zuschauer in den Zwischenacten zur Conversation vereinigen. Die Vorhalle umfaßt die Treppenräume, Garderobezimmer für die Zuschauer u. die Kasse. Bei größern Th-n sind oft zwei Kassen, die eine für das Parterre u. die letzte Gallerie, die andere für die übrigen Plätze u. für die Contremarken noch eine besondere Abtheilung; s. Queue 5).

Zu dem bei einem Th. angestellten Personal gehören: der Theaterdecorateur, welcher das scenische Arrangement besorgt, die Züge u. Gruppirungen der Statisten ordnet, die zweckmäßigste Beleuchtung veranstaltet, wie sie im Ganzen od. in einzelnen Scenen besonders nöthig ist etc. Derjenige, welcher die beim Th. nöthigen Decorationen fertigt, heißt Theatermaler. Das Zusammenwirken der einzelnen Rollen, Walzen, Räder, Gewichte u. dgl., welche zum Bewegen der Coulissen, Hinterwände, Versetzstücke, des Vorhangs, des Flugwerks u. der Versenkungen nöthig sind, heißt Theatermaschinerie. Derjenige, welcher die beim Maschinen- u. Decorationswesen nöthigen Arbeiter unter seiner Aufsicht hat, auch für Instandsetzung vorkommender Zimmerarbeiten, z.B. Gerüste, Rahmen u. dgl., sorgt, heißt Theatermeister od. Maschinist; wogegen der Theaterdiener die persönlichen Dienstleistungen für das Theaterpersonal zu besorgen, auch Abends bei der Vorstellung in einem, dem Stück entsprechenden Costume die Tische u. Stühle bei den Zimmerverwandlungen mit herauszusetzen u. wegzunehmen hat. Der Theaterschneider, welchem die Fertigung neuer Costums, so wie das Verändern u. Imstanderhalten der vorhandenen übertragen ist. Er steht unter dem Garderobier. Leichtere weibliche Costums, so wie das Ankleiden der Schauspielerinnen, wird von der Garderobiere u. einigen Nähmädchen besorgt. Der Theaterfriseur, welcher alle zur Verkleidung nöthigen Haarveränderungen, so wie das verschiedenartig nöthige Frisiren der Schauspieler u. Schauspielerinnen zu besorgen hat. Der Theaterkassirer, welchem die Besorgung der täglichen Einnahme für Billets übertragen ist; unter ihm stehen gewöhnlich zwei u. mehre Controleurs, welchen die Eintretenden die Billets vorzuzeigen haben, u. die Logenschließer, an welche die Billets abzugeben sind. Der Theatersecretär, bei stehenden Th-n der Geschäftsführer, welchem die vorkommende Correspondenz u. das ganze Rechnungswesen, daher auch meist die Ökonomie übertragen ist.

Je nachdem ein Th. von einer Stadt, von den Landständen od. von einem Fürsten gebaut worden ist u. verwaltet wird, heißt es städtisches, ständisches, National-, Hof-, herzogliches, königliches Th.; das Personal der letzteren bilden stets ständige, das der erstern theils ständige (an größern Orten), theils ambulante Gesellschaften (bes. an kleinen Orten), s.u. Schauspieler. Die größten T. sind folgende: S. Carlo in Neapel (s.d. S. 735), das Della scala in Mailand (s.d. S. 731), das Haus der großen Oper u. das Odeontheater in Paris (s.d. S. 691), das Th. in München, Darmstadt, Dresden, Mainz, das königliche Schauspielhaus u. Opernhaus in Berlin (s.d. S. 627), das in Braunschweig, in Hannover, Karlsruhe, Weimar, das Drurylane- u. Coventgartentheater in London, das Th. in St. Petersburg u. m. a. In Italien kamen die ersten Th. nach dem Verlauf des Mittelalters wieder auf. denn dort führte Pomponius Cätus[453] in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. die Bühne wieder ein, wo Stücke des Terentius u. Plautus gespielt wurden. Einige Zeit später erbaute Serlio das erste Th. in Vicenza nach dem Vorbilde der alten Th., u. ebendaselbst erbaute Palladio das erste steinerne Schauspielhaus, welchem bald ein gleiches Gebäude in Parma folgte. In Spanien wurden nach Verlauf des Mittelalters, wahrscheinlich in der Mitte des 16. Jahrh., die ersten eigenen Th. errichtet. In Frankreich wurde die erste eigentliche Schaubühne 1402 von der Confrérie de la passion in Paris errichtet, daneben ein zweites erst 1600 (s. Französische Literatur S. 618 u. 620). In England waren die ersten Schauspielhäuser The Globe u. Black-Friars; letzteres war ein Privattheater, nur für vornehme Zuschauer bestimmt, u. es wurde daselbst bei Lichte gespielt, ersteres ein öffentliches Schauspielhaus, für das gemeine Volk bestimmt, es wurde darin bei Tage gespielt, u. wenn das Schauspiel anfing, eine Fahne auf dem Hause ausgesteckt. In Deutschland kamen die ersten Th. als Opernhäuser zu Anfang des 18. Jahrh. auf, u. die wirklichen kleineren Th. wurden im letzten Dritttheil jenes Jahrh. errichtet, ja sie erstanden großentheils erst im 19. Jahrh. mit zweckmäßigen Einrichtungen. Über die Entstehung der Th. in Dänemark, Schweden, Polen, Rußland, Serbien, Ungarn etc., s. die Nationalliteraturen dieser Länder. Über den Werth der Th. als Kunstinstitute s.u. Schauspielkunst; über den Schutz des geistigen Eigenthums den Bühnen gegenüber durch Einführung der sogenannten Tantième s.u. Schauspieldichter.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 447-454.
Lizenz:
Faksimiles:
447 | 448 | 449 | 450 | 451 | 452 | 453 | 454
Kategorien:

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Bozena

Bozena

Die schöne Böhmin Bozena steht als Magd in den Diensten eines wohlhabenden Weinhändlers und kümmert sich um dessen Tochter Rosa. Eine kleine Verfehlung hat tragische Folgen, die Bozena erhobenen Hauptes trägt.

162 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon