Luftheizung

[595] Luftheizung, eine Heizmethode, bei welcher sich die Heizvorrichtung außerhalb der zu heizenden Zimmer in einem besonderen Raume befindet u. ein Strom erwärmter Luft aus dem Heizraume entweder in Röhren durch die Zimmer hindurchgeführt (indirecte L.) od. in einem Kanale geradezu in die Zimmer eingeführt wird (directe L.). Diese Heizmethode war schon bei den Römern gewöhnlich, wo sie zur Zeit der ersten Kaiser aufkam u. bes. in den Bädern angewendet wurde. Aus niedrigen, mittels Kohlen geheizten Kammern wurde die warme Luft durch viereckige thönerne Röhren in die unmittelbar darüber liegenden Zimmer u. in die Zimmer des zweiten Stocks geleitet. Um die Wärme nach Belieben zu mäßigen u. etwaigen Rauch abzuhalten, versah man die Röhren mit Klappen od. bedeckte ihre Öffnungen mit Figuren, z.B. Löwenköpfen. Zuweilen wurde die Heizung auch neben dem zu erwärmenden Zimmer angelegt u. in die Wand eine schmale Öffnung gemacht, durch welche man die Wärme in das Zimmer ließ od. abschloß. Eine solche Heizung hieß Hypocaustum. Eben so wurde durch ein Hypocaustum das Wasser in den Bädern erwärmt. Auch im Mittelalter machte man von der L. Gebrauch, z.B. im Schlosse zu Marienburg; aber erst zu Ende des 18. Jahrh. (1792) kam sie in großartigem Maßstabe zur Ausführung in der Maschinenspinnerei von Strutt u. Belper u. seitdem an vielen anderen Orten mit mehr od. weniger Erfolg, so z.B. im Königsbau in München, in der Bauschule in Berlin, Bibliothek in Hamburg etc. Die L. beruht darauf, daß warme Luft in die Höhe steigt, weil sie in Folge der Ausdehnung durch die Wärme leichter ist als kalte Luft. Der Heizapparat muß deshalb niedriger liegen, als das zu heizende Zimmer. Bei der L. sind zwei Luftströmungen wohl zu unterscheiden: einmal die Strömung der warmen Luft aus der Heizkammer nach dem Zimmer u. dann der zur Unterhaltung des Feuers dienende Luftstrom, welcher seinen Weg durch den Ofen nach dem Schornsteine nimmt. Der erstere Luftstrom steigt um so rascher auf, je tiefer der Heizapparat unter den zu heizenden Zimmern liegt, je größer der Temperaturunterschied im Heizraume u. im Zimmer ist u. eine je leichtere Bewegung der Luft die Heizkanäle in Folge ihrer Oberflächenbeschaffenheit u. Querschnittsverhältnisse gestatten. A) Theile der L.: a) Die Heizkammer ist der durch Mauern eingeschlossene Raum, in welchem der Heizapparat aufgestellt ist; dieselbe ist immer in dem Souterrain des Gebäudes angebracht u. sollte so klein sein, daß zwischen den Wänden u. dem Ofen nur ein schmaler Zwischenraum von 3 od. 4 Zollen übrigbleibt, damit die darin enthaltene Luft mit der Oberfläche des Ofens in möglichst vollkommene Berührung kommt u. sich stark erwärmt, weil dann ihr Aufsteigen durch äußere Einflüsse (Wind etc.) weniger leicht gestört wird. Das Einströmen der äußeren Luft in die Heizkammer erfolgt durch mehre Öffnungen in den Seitenwänden nahe über dem unteren Boden. Damit man bei etwaigen Reparaturen des Ofens bequem in die Heizkammer hineinkommen kann, mauert man an den vier Ecken starke Pfeiler auf, welche, oben durch Bogen vereinigt, die Decke der Kammer tragen, worauf dann die Seitenwände aus leicht aufgeführtem Mauerwerk gebildet u. bei vorkommenden Reparaturen des Ofens ohne Schwierigkeit weggenommen werden können. Von der Mitte der Decke der Heizkammer geht sodann der Kanal aus, welcher die heiße Luft in die Zimmer führt; sind zwei solche Kanäle vorbanden, so gehen sie von den beiden Seiten der Decke aus, u. in der Mitte reicht dann die Wölbung tiefer herab. b) Der Heizapparat besteht aus dem Feuerherd, dessen Mantel u. dem äußeren Ofen, welcher seine Wärme an die [595] Luft der Heizkammer absetzt; zwischen dem Ofen u. dem Mantel sind die Feuerzüge. Der Ofen ist fast ohne Ausnahme von Eisen, u. zwar in Kastenform. Die obere Decke des Kastens ist stach gewölbt u. entweder auf die gußeisernen Platten, welche die Umfassungswände der Kammer bilden, durch Schrauben befestigt, od. sie liegt in einer mit Sand ausgefüllten, rinnenartigen Vertiefung, welche an den Seitenplatten angebracht ist, in sogenanntem Sandverschluß. An der einen Seite ist das Schürloch, in einem bis durch die Mauer der Kammer reichenden, nach Außen sich erweiternden Mundstück. Der aus feuerfesten Steinen aufgemauerte Herd enthält in der Mitte den Rost u. um diesen einen aus feuerfesten Steinen gemauerten Mantel, welcher den eigentlichen Feuerraum des Ofens bildet u. sich bis nahe, jedoch nicht ganz zur oberen Decke des Ofens erstreckt. Um die Ofendecke gegen das Verbrennen zu schützen, ist häufig über dem Feuerraum eine besondere, innere Decke aus Blech ob, Chamottsteinen hergestellt. Die Fensterluft erhebt sich nun zuerst innerhalb des gemauerten Mantels, gelangt so an die Decke des Ofens u. steigt von da in den engen ringsum etwa 4 Zoll weiten Feuerzügen zwischen dem Mantel u. den Ofenwänden herab, um am unteren Jude desselben in den Schornstein zu gelangen. Der innere Mantel hat den Zweck, die heiße Feuerluft mit den Wänden des Ofens überall in innigste Berührung zu bringen. Über die Größe eines solchen Ofens kann man als an annähernde Norm auf je 800 Kubikfuß des Zimmerraumes etwa 1 Quadratfuß Ofenoberfläche rechnen. Bei kleineren Anlagen nicht gewöhnlich ein Ofen von 4 Fuß Höhe u. 3 Fuß Breite u. Länge hin; bei größeren kann die Höhe auf 5, die Breite auf 7 Fuß steigen. Weniger einfach u. gebräuchlich, obwohl sehr wirksam, sind die Röhrenöfen. Bei ihnen geht der zu erwärmende Luftstrom durch eine große Anzahl eiserner Röhren, welche reihenweise neben einander horizontal in dein Ofen liegen u. äußerlich im Zickzack von der Flamme umspielt Norden. Die Röhren verbrennen aber sehr leicht u. müssen deshalb öfters erneuert werden, c) Die Kanäle, welche erwärmte Luft aus dem Öfen den zu erwärmenden Zimmern zuführen. Die Kanäle, welche sich nach der Anordnung der Zimmer richten müssen, werden so angeordnet, daß sie gewöhnlich innerhalb der Mauern angelegt werden u. eine hinreichende, doch auch nicht zu große Weite haben müssen, um den Luftstrom frei hindurchzulassen, eine Weite, welche bei einem geräumigen Zimmer aus etwa l Fuß im Quadrat angenommen werden kann, für Hauptkanäle aber, von welchen andere auslaufen, in gleichem Verhältnisse größer gewählt werden muß. Sie müssen möglich wenige Krümmungen, bes. keine scharfen Winkel haben u. im Innern möglich glatt sein; sie werden daher aus glasirten Kacheln hergestellt u. mit Lehm od. Asche hinterfüttert. Im Querschnitt sind sie am besten kreisförmig, u. 10–12 Zoll im Durchmesser. Ein einziger Heizapparat von angemessener Größe, von welchem dann ein Hauptkanal ausgeht, welcher sich wieder in einzelne Kanäle verzweigt, reicht zum Heizen vieler Zimmer aus. Diese Kanäle müssen dann mit Schiebern od. Registern versehen sein, mittelst deren der Luftstrom je nach Bedürfniß regulirt u. vertheilt werden kann, einzelne Zimmer auch wohl ungeheizt gelassen werden können Die Ausmündung der Kanäle wird am besten nahe über dem Fußboden angebracht, einen etwaigen Abzugskanal der Luft legt man ganz unten, nahe über dem Fußboden, aber an der dem Heizkanäle entgegen gesetzten Seite des Zimmers an, damit nicht die warme, sondern möglichst kalte Luft aus dem Zimmer entweiche.

B) Verschiedene Systeme der L.: a) Beim ersten System empfängt die Heizkammer die Lust von außen u. läßt dieselbe erwärmt in das Zimmer strömen, aus welchem dann eine gleiche Luftmenge durch Fenster u. Thüren od. andere Öffnungen sich einen Abzug suchen muß. Dies System ist das älteste u. bietet den Vorzug der Einfachheit u. den einer beständigen Zufuhr frischer Luft, während die, mehr od. weniger mit Dünsten beladene Luft des Zimmers abströmt. Es kann aber das Einströmen der warmen Luft nur erfolgen, wenn sie Platz findet, wenn also eine gleich große Luftmenge durch Fenster u. Thüren abzieht; es setzt also, wenn das Zimmer schnell erwärmt werden, mithin der Luftstrom rasch eintreten soll, das Vorhandensein großer Undichtigkeiten od. Öffnungen voraus, welche wieder von großem Nachtheil sein können, wenn die Richtung des Windes gegen diese Öffnungen gerichtet ist. Der Wind hat daher entschiedenen Einfluß auf den Effect dieser Heizmethode, ja, bei starkem, gerade auf die Fenster stoßendem Winde tritt zuweilen der Fall ein, daß gar keine Luft aus der Kammer kommt, u. daß wohl gar die Luft umgekehrt aus dem Zimmer nach der Heizkammer herabgetrieben wird. b) Beim zweiten System empfängt die Heizkammer ihren Luftzufluß von dem zu heizenden Zimmer, von welchem dann zu diesem Zweck ein besonderer Kanal nach der Heizkammer herabführt. Nachdem die Luft hier erwärmt worden ist, steigt sie durch den Hauptkanal wieder in die Höhe u. gelangt zum Zimmer zurück, so daß also keine frische Luft von außen hinzukommt, sondern dieselbe Luftmasse in Circulation geräth u. abwechselnd in die Heizkammer herab u. dann wieder in die Höhe steigt. Obwohl in ökonomischer Hinsicht vortheilhaft, ist diese Methode selten zur Ausführung gekommen, weil gerade eine verstärkte Ventilation in den meisten Fällen die vorherschende Absicht bei Anlage der 3. ausmacht. Es wird nämlich die Luft, weil nur durch die Fenster u. Thüren ein geringer Luftwechsel statt hat, immer schlechter, da der in ihr vorhandene zum Leben unentbehrliche Sauerstoff nach u. nach verbraucht wird. Ein zweiter Nachtheil dieses Systems liegt in der Trockenheit der Luft, wodurch z.B. die Mobilien u. alles Holzwerk in so geheizten Räumen ungewöhnlich stark austrocknet, selbst reißt. c) Beim dritten System empfängt die Heizkammer frische Luft von außen u. sendet dieselbe erwärmt dem Zimmer zu, während die Luft des Zimmers durch einen Kanal herabsteigt, aber nicht in die Heizkammer, sondern in den Ofen tritt, in welchem sie zur Unterhaltung des Feuers dient u. endlich durch den Schornstein abzieht. Dies System nähert sich der gewöhnlichen Heizungsart durch Zimmeröfen am meisten. Die mit der L. unzertrennlich verbundenen Übelstände sind Ursache, daß diese Heizmethode außer dort, wo die Anlage einmal besteht, selten mehr zur Anwendung kommt, u. der einfachen, viel compendiöseren Ofenheizung hat weichen müssen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 595-596.
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