Karlsruhe

[326] Karlsruhe, 1) Hauptstadt des Großherzogthums Baden im Mittelrheinkreise am Hardwalde, zwischen der Rhein- u. Bergstraße u. zwischen der Alb u. Pfinz, 11/2 Stunde vom Rheine, in dem weiten u. ebenen Rheinthale. K. ist in der Form eines Fächers gebaut, dessen Strahlen vom Schloßthurm nach Süden auslaufen u. durch Alleen im Hardwald verlängert werden; es sind dieses 11 Straßen, welche vom innern Zirkel, von der Langen u. von der Zähringer Straße u. von einigen Nebenstraßen durchschnitten werden, wodurch trapezförmige Häuserquadrate entstehen. K. ist die Residenz des großherzoglichen Hofes, Sitz der obersten Landesbehörden u. Versammlungsort der Landstände. K. hat 8 Plätze, darunter ist der Schloßplatz mit dem Denkmale des Großherzogs Karl Friedrich in Bronze u. der neue Markt (mit dem Monumente des Markgrafen Karl, des Erbauers von K., u. der Statue des Großherzogs Ludwig) merkwürdig; das Residenzschloß ist in alt-französischem Styl gebaut (hierin Bibliothek, gestiftet 1765 vom Markgrafen Karl Friedrich durch die markgräflich Durlachische Bibliothek, wozu 1771 die fürstliche Bibliothek zu Rastatt u. 1803 die Büchervorräthe der aufgehobenen Klöster kamen), ferner Münz-, Antiquitäten- u. Naturaliencabinet, Kupferstichsammlung;[326] die Paläste der Markgrafen von Baden u. der Fürsten von Fürstenberg, die 4 Kirchen (darunter die neue evangelische, in römischem Styl gebaute u. die katholische mit 100 Fuß hoher Kuppel), die im orientalischen Styl gebaute Synagoge, das Finanzgebäude, das Ständehaus, Rathhaus, Akademiegebäude (mit der Bildergallerie), der Eisenbahnhof (mit Winters Denkmal in Erz), die neuen Pflanzenhäuser mit dem Wintergarten, die Polytechnische Schule, Theater, Kasernen; auf dem Friedhof Denkmal für, die in den Spitälern gestorbenen Preußen. Öffentliche u. Unterrichtsanstalten: Landwirthschaftlicher Centralverein, Kunst- u. Industrieverein, welcher Ausstellungen veranstaltet, Israelitischer Verein zur Beförderung des Ackerbaues unter den Israeliten, Polytechnische Schule (mit Vorschule, drei mathematischen Klassen u. sieben Fachschulen: Ingenieur-, Bau-, Forst-, Chemisch-technische, Mechanisch-technische-, Post- u. Handelsschule), höhere Militärschule, Thierarzneischule, 2 Zeichnenschulen, Kunstschule, Schullehrerseminar, Botanischer Garten (einer der reichsten in Deutschland), Lyceum; Gesundheitsanstalten u. milde Stiftungen: Bürgerhospital, Lazareth, Evangelische Diakonissenanstalt, Pfründenhaus, Waisenhaus; Freimaurerloge: Leopold zur Treue; sodann gibt es hier Münze, Zeughaus, Stückgießerei, Fabriken in Tuch, Leder, Hüten, Tabak, Kutschen, Tapeten, Bijouterie- u. chemischen Waaren, Spielkarten, bes. die Keßlersche Maschinenfabrik, Dampfsägemühlen, galvanoplastische Fabrik u. Metallgießerei, galvanoplastische Versilberungs- u. Vergoldungsfabrik, Stärke, Möbel, Pauspapier u. Glanzkarten, Lederwaaren, Portefeuille etc. u. 24 Bierbrauereien, 3 Kunstverlag-, 2 Musikalien-, Kunst- u. 9 Buchhandlungen, 8 Buch- u. eben so viel Steindruckereien; auch erscheint hier die Karlsruher u. Badische Landeszeitung u. mehre Zeitschriften. Der Handel ist nicht sehr bedeutend, hat sich aber durch mehre Chausseen u. bes. durch die Badische Staatseisenbahn, welche von Manheim über K. nach Basel führt u. sich nach Frankfurt a. M., Stuttgart u. Strasburg verzweigt, sehr gesteigert. Die nächsten Umgebungen sind durch Alleen u. Anlagen angenehm; dieses vermehrt noch der Schloßgarten mit Hebels Denkmal u. Orangerie u. der Fasanengarten, sowie der nahe Hardwald. Einw.: 25, 160, darunter 14, 169 Evangelische, 9957 Katholiken, 1100 Juden. Vergnügungsörter bei K.: das Beiertheimer Bad, Durlach etc.; 1/2 Stunde vor der Stadt Gottsau, vormals Abtei, dann Ökonomiegut, seit 1818 Cavallerie-, Artillerie- u. Trainkaserne. Vgl. Brunn, Briefe über K., Berl. 1791; Hartleber, Statistisches Gemälde von K., Karlsr. 1816; Wegweiser durch K., ebd. 1818._– K. wurde seit 1715 als Jagd- u. Lustschloß vom Markgrafen Karl Wilhelm zu bauen angefangen, die Veranlassung gab der Eigensinn der damaligen Residenz Durlach, welche dem baulustigen Markgrafen keine Vergrößerung zugestehen wollte. Den 28. Febr. 1847 brannte das hiesige Theater ab (das neu erbaute Theater wurde 17. Mai 1853 eröffnet). In der Nacht vom 2. zum 3. März 1848 wurde das Ministerium des Auswärtigen vom aufgeregten Pöbel in Brand gesteckt. Am 13. Mai 1849 Ausbruch eines Militäraufstandes u. Flucht des Großherzogs, den 14. Mai Einsetzung einer Executivcommission, den 25 Juni 1849 wurde K. von den Preußen besetzt. 2) Landamt im Mittelrheinkreise am Rheine u. Hardwalde; über 26, 200 Ew.; 3) Marktflecken im Kreise u. preußischen Regierungsbezirk Oppeln, hat altes Schloß mit neuen Anlagen u. neues, vom Herzog Karl Erdmann von Württemberg 1749 erbautes Schloß; 2090 Ew.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 326-327.
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