Karlstadt

[554] Karlstadt, eigentlich Andreas Bodenstein, ein Mitarbeiter Luthers, geb. um 1483 zu Karlstadt in Franken, studierte zu Rom und Wittenberg, wurde in letzterem Orte Archidiakon, Burgpfarrer, Professor der Theologie und trat 1517 mit stürmischem Eifer sofort auf Luthers Seite. Für diesen schrieb er 1518 gegen Edʼs Obelisci seine 370 apologeticae conclusiones, war bei der Leipziger Disputation 1519 und der erste, der an Weihnachten 1521 die Messe deutsch las, die Beicht wegwarf. das Abendmahl unter beiderlei Gestalt austheilte, Heiligenbilder und Altäre zerstörte, das Fastengebot öffentlich verhöhnte und öffentlich ein Weib nahm. Als Luther 1522 ihn aus Wittenberg trieb, machte sich K. zum Pfarrer in Orlamünde u. »verbesserte« das Kirchenwesen nach seiner Manier. Luther predigte 1524 leidenschaftlich gegen den alten Freund, dieser klagte leidenschaftlich beim Kurfürsten Friedrich, wurde aber als Revolutionär aus dem Lande gewiesen. Ergrimmt zeigte er nun in der Schrift: »Von dem widerchristlichen Mißbrauch des Herrn Brodes u. Kelchs«, Luther habe keinen Grund für die Beibehaltung der Lehre von der wirklichen Gegenwart Christi im Abendmahl – der getroffene Luther wußte sich nur mit Grobheiten jener Art zu helfen, wie er und K. sie im schwarzen Bären zu Jena einander ins Gesicht warfen, und der Grund zu dem folgenschweren Abendmahlsstreit war gelegt. Das Elend zwang 1525 den K., um seiner Familie willen bei Luthern zu Kreuze zu kriechen und Stillschweigen zu versprechen. Er lebte zu Segrehna bei Wittenberg als Bauer, Krämer und Verächter der Wissenschaften bis 1528. Dann begann er von neuem gegen die Lutheraner zu schreiben. floh aber gewitziget in die Schweiz, wurde Diakon zu Zürich, Pfarrer zu Altstätten, 1535 Professor der Exegese zu Basel und st. 1541 daselbst.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 554.
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