Kurfürsten

[676] Kurfürsten (vom altdeutschen Kur d.h. Wahl), im deutschen Reiche diejenigen Fürsten, welche den König (Kaiser) wählten. Nach dem Aussterben der Karolinger geschah die Wahl durch die Stammherzoge der Franken, Schwaben, Bayer, Sachsen und Lothringer unter Mitwirkung der hohen Geistlichkeit; später erscheinen die Erzbischöfe v. Mainz, Trier und Köln, die Fürsten von der Pfalz, Sachsen (Meißen), Brandenburg und Böhmen als Wähler und durch die goldene Bulle (s. d.) erhielt ihr Recht 1356 die feierliche Sanction. Dieses Verhältniß blieb bis zum 30jährigen Kriege, wo Bayern die Kur des Hauses Wittelsbach errang; der westfälische Friede gab sie der Pfalz zurück, ließ aber Bayern eine achte, welche jedoch mit dem Aussterben des bayer. Hauses erlöschen sollte (geschah 1777). Das Haus Hannover erhielt 1692 die neunte Kur; als Napoleon Mainz, Trier u. Köln zu Frankreich schlug, erlangten Baden, Württemberg und Hessenkassel die Kurwürde, später auch Salzburg, während ein geistlicher Erzkanzler blieb, so daß das Reich vor seinem Erlöschen 10 K. hatte. Die neuen K. (Kassel ausgenommen) und Bayern schlossen 1806 den Rheinbund mit Napoleon u. kündeten dem Kaiser den Gehorsam auf; damit fiel auch der Name K. weg, den nur Kassel beibehielt. Die Kurwürde gab königl. Rang, doch nicht den Titel Majestät, volle Landeshoheit; mit derselben war ein Erzamt verbunden (Erzkanzler, Erztruchseß, Erzmundschenk u.s.w., vgl. Erbämter, Erz-, Köln, Mainz etc.), Titel, die lange vor 1801 ihre Bedeutung verloren hatten; die K. selbst sorgten durch Wahlkapitulationen, welche sie vor der Wahl den Candidaten unterschreiben ließen, dafür, daß [676] die Kaisermacht zum Schatten herabsank.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 676-677.
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