Abendmahl

[10] Abendmahl, nach der Lehre der Kirche das hochheilige Sacrament, durch welches den Gläubigen nicht allein die Gnade des Erlösers zu Theil wird, sondern in welchem der Erlöser selbst, der Urheber aller Gnaden, von dem Gläubigen in sich aufgenommen wird unter den Gestalten des Brotes und Weines, in denen nach der Wandlung Christus selbst als wahrer Gott und Mensch wahrhaft, wirklich und wesenhaft gegenwärtig ist. Dieses Wunder der göttlichen Allmacht und Liebe ist im Alten Bunde vorbedeutet durch das Osterlamm, das Mannah und das Opfer Melchisedeks, im Neuen Bunde verhieß es der Heiland Joh. VI, 27–59 ausdrücklich und verwirklichte es an dem Abende vor seinem Tode (Math. XXVI, 26–28; Marc. XIV, 22–24; Luc. XXII, 19–20; 1 Cor. XI, 23–25). Das war der Glauben der Apostel und ersten Christen (1 Cor. XI, 27), wie es durch Paulus und die ältesten Kirchenväter bezeugt ist, sowie durch die Canonen der ältesten Kirchenversammlungen. Durch das hl. Abendmahl wird die lebendige Gemeinschaft der Gläubigen mit dem Heilande erhalten und gekräftigt, sowie die Vereinigung der Christen unter sich selbst als der Glieder unter einem Haupte, daher feierten die ersten Christen das Abendmahl in allen ihren Versammlungen, daher feiert es die Kirche als das hl. Meßopfer durch den Priester auf dem Altare, ermahnt die Gläubigen zum öfteren Empfange des hl. Sacraments und macht endlich die Theilnahme an dem hl. Sacramente zum Kennzeichen eines Mitgliedes der Kirche. – Nach der [10] Consecration des Weines und Brotes durch den Priester in der hl. Messe ist Wein und Brot in das Wesen des lebendigen Leibes und Blutes Christi umgewandelt und Christus ist von diesem Augenblicke an gegenwärtig unter den Gestalten des Brotes und Weines und so lange, als die Gestalten des Brotes und Weines dauern. Dem in dem Abendmahle wahrhaft, wirklich und wesenhaft gegenwärtigen Christus bringt die gläubige Gemeinde ihre Anbetung dar, wie dem Sohne Gottes, der zur Rechten des Vaters sitzet, und die Kirche hat zur Feier dieses gnadenvollen Geheimnisses das Frohnleichnamsfest eingesetzt. Die Verwandlung des Weines und Brotes geschieht aber nicht in der äußern Form des Brotes und Weines, diese bleiben für das leibliche Auge unverändert, sondern in der Wesenheit des Brotes und Weines; daher ist Christi lebendige Gegenwart in Brot und Wein und in jedem Theile des Brotes und des Weines vollkommen, und der Genuß des Brotes oder des Weines oder eines Theiles derselben ist der Genuß des ganzen und vollkommenen Christus; denn die Gegenwart des lebendigen Christus kann keine getheilte sein, so daß er dem Leibe und der Gottheit nach unter der Gestalt des Brotes, dem Blute und der Gottheit nach unter der Gestalt des Weines gegenwärtig wäre. Die Kirche, welcher von Christus die Verwaltung der hl. Sacramente anvertraut ist, hat mit weiser und frommer Rücksicht auf die verschiedenen Verhältnisse die Spendung des hl. Abendmahles an die Gläubigen geordnet und dasselbe in einer Gestalt und in beiden gereicht, je nachdem sie es für heilsam fand. Es ist durch die giltigsten Zeugnisse bewiesen, daß schon in den ersten Zeiten der Kirche die Communion unter der Gestalt des Brotes allein stattfand, und diese Anordnung wurde immer allgemeiner, einmal weil der Wein der Gefahr des Verschüttens ausgesetzt ist, nicht überall und zu jeder Zeit beigeschafft werden kann, in manchen Krankheiten gar nicht gereicht werden darf, bei einzelnen Menschen einen natürlichen Widerwillen erregt u.s.w., sodann namentlich aber, als das Sacrament im Tabernakel aufbewahrt und den Gläubigen auch außer der hl. Messe dargereicht wurde. Diese Anordnung wurde zum Gesetze, als die Hussiten die Behauptung aufstellten, der Empfang beider Gestalten sei zum Heile nothwendig und die Kirche versündige sich an den Gläubigen, wenn sie das Abendmahl nur in einer Gestalt spende (Concil von Constanz 13. Sitzung); die Kirche wollte mit diesem Gebote der willkürlichen Auslegung der hl. Schrift, dem anmaßlichen Trotze und dem Anlasse zu Aegernissen steuern; das Oberhaupt der Kirche hat aber mehr als einmal Dispensen von diesem Gebote erlassen, sowie überhaupt dasselbe ein disciplinares Gebot ist und darum von der Kirche abgeändert werden kann. Es ist ein unrichtiger Ausdruck, wenn die Communion unter der Gestalt des Brotes als Laiencommunion bezeichnet wird, denn auch der Priester empfängt das hl. A. außerhalb des Meßopfers nur in Brotsgestalt; weil aber das blutige Opfer am Kreuze durch das unblutige Meßopfer dargestellt wird, so kann dieses nur in den beiden Gestalten des Brotes und Weines geschehen (s. Messe). – Der kirchliche Sprachgebrauch nennt das Sacrament Abendmahl von der Zeit seiner Einsetzung; hochheiliges, allerheiligstes Sacrament, weil der Allerheiligste sich selbst darbietet; Bundesmahl, weil es die Verbindung der Gläubigen mit Christus und unter sich selbst lebendig erhält und kräftigt; Liebesmahl, weil die göttliche Liebe es eingesetzt hat und dadurch die Gläubigen zur hl. Liebe einiget; Opfermahl, denn durch seinen Empfang erhält der Gläubige Antheil an dem immerwährenden Opfer des neuen Bundes; Communion, Gemeinschaft, denn Christus gibt sich den Seinigen Allen dar und diese erneuern dadurch ihre Gemeinschaft mit Christus, dem Haupte der Kirche, und der Kirche selbst; Sacrament des Altars heißt es, weil es auf dem Altare in dem hl. Meßopfer zubereitet, im Tabernakel des Altars aufbewahrt und vom Altare aus gespendet wird; Speise der Unsterblichkeit, weil es der Seele das ewige Leben und dem [11] Fleische die Auferstehung verbürgt; Geheimniß der göttlichen Liebe, weil der aus Liebe zu den Menschen Mensch gewordene Gottessohn sich den Menschen zur Lebensnahrung gibt; Eucharistie (Danksagung), weil es von Christus mit Danksagung eingesetzt und von den Christen mit Danksagung gefeiert wird, und endlich das furchtbare Geheimniß, weil in ihm der Allerheiligste gegenwärtig ist, vor dem auch der Gerechte nicht bestehen würde; furchtbares Geheimniß ist es auch, weil derjenige, der es unwürdig genießt, sich selbst den Tod und das Gericht zuzieht.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 10-12.
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