Kryptocalvinisten

[668] Kryptocalvinisten, griech.-dtsch., geheime, verkappte Calvinisten, näher die Philippisten oder Melanchthonianer, die im Gegensatz zu den lutherischen Orthodoxen, namentlich hinsichtlich der Abendmahlslehre sich zum Calvinismus hinneigten. Lange war Melanchthons Schwiegersohn, der Leibarzt des lutherisch gesinnten Kurfürsten August, K. Peucer, ihr Haupt; sie heuchelten aus Klugheit Orthodoxie, wurden aber dennoch schwer verfolgt, seitdem 1574 eine anonyme Schrift unverblümt Calvinismus predigte u. sogar den Luther angriff. Später schien ihnen durch den Kurfürsten Christian I. u. dessen Kanzler Crell (s. d.) ein Stern aufzugehen, K. besetzten einen Lehrstuhl um den andern u. die Vereinigung mit den Reformirten stand in bester Aussicht, allein mit der neuen Regierung kam 1591 die gewaltsamste Reaction, Einkerkerungen und Absetzungen sammt Landesverweisungen in Masse, 1592 sprachen die sog. Visitationsartikel den Gegensatz der orthodoxen Lutheraner gegen Zwingli und Calvin sehr scharf aus und viele Jahre hindurch gab es in Sachsen keinen Staatsbeamten oder Prediger, der nicht vor Antritt seines Amtes zu den Visitationsartikeln geschworen hatte.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 668.
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