Patriarchen

[473] Patriarchen, griech.-dtsch., Erzväter, die vorsündfluthlichen Stammväter des Menschengeschlechts, näher die Söhne des guten Seth gegenüber dem Geschlechte Kains. Adam u. Seth dazu gerechnet, zählt man bis Noe 10 P. der Vorwelt. Daß auch die 3 Stammväter des Hebräervolkes: Abraham, Isaak und Jakob, P. genannt werden, ist bekannt. Patriarchalisch, den Urzuständen des Menschengeschlechtes, der Herrschaft der Aeltesten angemessen, einfach, würdevoll. – P. nannten die Juden nach der Zerstörung Jerusalems die Vorstände des Sanhedrin zu Tiberias und Babylon; vgl. Bd. III. S. 506. – Patriarchat, bezeichnet in der Kirchensprache die höchste Metropolitangewalt, die erste hierarchische Stufe, welche sich in Bezug auf kirchliche Jurisdiction geschichtlich aus dem Episcopat entwickelte, dann den Bezirk, die Gesammtheit der Diöcesen, worüber ein Patriarch gesetzt ist. Bereits das Concil von Nicäa 325 erklärt die Sitte als eine alte, die Bischöfe von Rom und Antiochien sowie von Alexandrien ehrend P. zu nennen, zumal die Apostel Petrus und Marcus hier die Christengemeinden gegründet hatten. Zu diesen 3 Patriarchaten kamen später noch die von Jerusalem und Rom. Diese 5 P. besaßen die Consecration u. Palliumsertheilung an die Metropoliten, Gerichtsbarkeit über dieselben, den Vorsitz bei Concilien, überhaupt die Oberaufsicht innerhalb ihres Patriarchates. Im Abendlande stieg über alle P. der von Rom empor; in der kathol. Kirche haben den P.titel die Erzbischöfe von Venedig u. Lissabon, besaßen ihn für einige Zeit der Bischof von Bourges sowie der Großkaplan der span. Könige als »Patriarch des occidentalischen Indien«; im Orient [473] sind als P. anerkannt der Bischof der kathol. Armenier zu Aleppo, der der Maroniten und sitzt wiederum ein kath. Patriarch zu Jerusalem. In der schismatisch-griech. Kirche ist der russ. Czar für seine Länder Inhaber aller Patriarchalgewalt, wurde der Patriarch von Konstantinopel bisher vom Sultan ernannt, tragen im Orient die obersten Bischöfe verschiedener Parteien den P.titel. – Vgl. Exarch, griech. Kirche, Hierarchie, Papst.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 473-474.
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