Tallien

[407] Tallien (Talliäng), Jean Lambert, ein Schreckensmann der ersten französ. Revolution, geb. 1769 zu Paris, vor 1789 Haushofmeister, Advokatenschreiber, Sekretär, Faktor in der Druckerei des Moniteur, dann aber Jakobiner, 1792 Redactor des l'ami des citoyens, für seine Dienste am 10. August Generalsekretär des Pariser Gemeinderathes u. bald darauf Conventsdeputirter, als solcher ein wüthender Gegner des Königthums. Nach Bordeaux gesandt, um am Rest der Gironde den Henker zu machen, wüthete er längere Zeit ganz im Sinne Robespierres, ließ sich aber durch die schöne Frau von Fontenay, geborne Cabarrus, zähmen. Im Convente deßhalb angeklagt, fand er für gut, mit Robespierre und dessen Anhang in terroristischen Vorschlägen wiederum zu wetteifern. Allein Robespierre war u. blieb sein geheimer Feind, die schöne Fontenay bot ihm ihre Hand an, wenn er wider das Ungeheuer auftrete, sie wurde verhaftet und T. auf diese Weise zu einem Haupthelden des 9. Thermidor. Er heirathete die Fontenay, machte ein großes Haus, setzte die Verfolgung der Schreckensmänner fort und kam allmälig bei allen Parteien in Mißkredit. Mit Bonaparten zog T. 1798 nach Aegypten und erhielt eine Beamtenstelle zu Kairo, bekam später Streitigkeiten mit Menou und wurde auf der Heimfahrt nach Frankreich Kriegsgefangener der Engländer, was er bis 1806 blieb. Seine Frau verließ ihn und heirathete einen Prinzen von Chimay, bei Napoleon I. kam er nicht zu Gnaden, durfte nach der Restauration in Paris bleiben, obwohl er einst für den unbedingten u. schleunigen Tod Ludwigs XVI. ohne Appellation gestimmt u. am Hinrichtungstage dem Convent präsidirt hatte; er wurde deßhalb als Regierungsspion verdächtigt und st. 1820 arm u. verachtet.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 407.
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