Tanzkunst

[411] Tanzkunst, Bewegung des Körpers nach rhythmischen Verhältnissen, also immer mit Musik verbunden; durch die Bewegung des Körpers gehört sie zur Pantomime, unterscheidet sich aber dadurch von ihr, daß die Bewegung hauptsächlich Gang ist; indem sie eine Handlung darstellt (Ballet), streift sie an das Drama. Der Tanz ist wie der Gesang eine natürliche Folge der Erregung, in welche das Gemüth versetzt wird und bildete sich nach der Eigenthümlichkeit der Nationen aus (Nationaltänze). Bei vielen orientalischen Völkern, auch bei den Griechen und abendländischen heidnischen Nationen gehörte der Tanz zum Kultus; bei den Griechen war er auch mit der Schauspielkunst eng verbunden. Zur Ergötzlichkeit gab es Tänzer u. Tänzerinen, welche bei Gastmählern u. auf dem Theater auftraten; Söhne u. Töchter anständiger Bürger betheiligten sich nur an den Tänzen bei Festfeiern; unsere sogen. gesellschaftlichen Tänze [411] kannten die Alten nicht. Diese stellen ursprünglich nichts Anderes dar als das sich Suchen, Fliehen und endliche Finden der beiden Geschlechter, sind schon aus diesem Grunde ein Vergnügen, das höchst gefährlich wird, wenn sich zu der Erregtheit, die der Tanz auch in der unverdorbenen, der Geschlechtslust unbewußten Natur erregt, von der andern Seite das unreine Sinnen u. Begehren gesellt. Unser theatralischer Tanz ward in neuerer Zeit von den Italienern und den Franzosen (seit Noverre) ausgebildet und ist theilweise so sehr als die Oper ausgeartet.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 411-412.
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