Musik

[271] Musik, war bei den Griechen der Gesammtname für alle diejenigen Künste, bei denen überhaupt Ton u. Rhythmus als Darstellungsmittel dienen, so die Tonkunst, Redekunst und Dichtkunst, später, sowie jetzt. wurde der Name bloß für die erste gebraucht. M. ist somit die Kunst, durch bestimmt abgemessene Töne die Seele des Menschen nach den Gesetzen des Schönen zu erregen. Die Wirkung, die sie unmittelbar auf das Gefühl übt, hat zwar nicht die Bestimmtheit der Vorstellung und des Eindrucks, wie dies bei andern schönen Künsten der Fall ist, dagegen wird sie durch ihre Allgemeinheit u. Unmittelbarkeit um so eingreifender. Die Mittel u. Formen, womit die M. durch die Töne solche Wirkungen hervorbringt. sind zunächst die Melodie (s. d.) u. die Harmonie (s. d.). Zur eigentlichen Kunst mit wissenschaftlicher Grundlage konnte die M. sich aber erst dann erheben, nachdem ihr Material, der Ton, in seiner Entstehungsweise, seinen Verhältnissen u. Gesetzen durch die Wissenschaft (Akustik) näher aufgeklärt worden. Deßhalb theilt sich die M. zunächst in Theorie u. Praxis. Jene hat als Haupttheile die Akustik (die Lehre von der Bildung und den Gesetzen des Tons) u. die Lehre von der Tonsetzkunst, welche die Melodik und Harmonik in sich begreift. Der praktische Theil der M. umfaßt die eigentliche Tondichtung od. Composition, die kunstreiche Verbindung der Töne zu einem Tonstück und sodann die Ausführung oder äußere Darstellung selbst, wozu theils die menschliche Stimme, theils die verschiedenen Instrumente als Mittel dienen. – Nach den verschiedenen Organen, durch welche M. erzeugt wird, unterscheidet man Vocal-M. (s. d.) u. Instrumental-M. (s. d.). In Beziehung auf die rhythmische Bewegung zerfällt die M. in Choral- u. Figural-M. (s. Figuralgesang). Nach Styl, Ort u. Zweck in: a) Kirchen-M.; b) Theater-M. (Oper. Ballet); c) Kammer- oder Concert-M., u. d) Militär-M. – Die M. ist eine der ältesten Künste. Bei den Griechen ward sie bereits als schöne Kunst betrieben, obgleich ihre M. etwas ganz Verschiedenes von der heutigen war. [271] Von dieser M. der Alten sind indeß wenige Nachrichten auf uns gekommen. Gewiß ist, daß sie bei den Griechen innig mit dem Leben verbunden war, eine Begleiterin bei religiösen Handlungen, bei dramatischen Darstellungen, namentlich der Chöre, Verkündigungen von Gesetzen etc. Der Gesang war ohne Verzierungen, eine Art Recitativ, die begleitende Instrumentation einfach u. mehr zur Hebung des Rhythmus dienend. Die verschiedenen Tonarten wurden nach den Ländern, woher sie stammten, benannt, so hatte man eine dorische, phrygische, lydische, äolische Tonart. Eine theoretische Behandlung der M. begann bereits mit dem 6. Jahrh. v. Chr. (Lasus von Hermione, Pythagoras, Philolaos etc.), eine mathematisch-wissenschaftliche Behandlung später durch Euklides. Von den Griechen kam die M. zu den Römern. die sie in derselben Weise übten und gebrauchten. – Die jetzige M. ist ganz eine Frucht der neuern Zeit und bildete sich völlig selbständig im christlichen Abendlande. Ihre Hauptpflege erhielt sie in der Kirche und machte im Mittelalter allmälige und wichtige Fortschritte. Sie begann zunächst mit dem Kirchengesang. dem Choral. Ums Jahr 1000 wurden bereits durch Hucbald die ersten Lehren des Contrapunkts gegeben. Sodann folgte die Erweiterung des Tonsystems u. die Verbesserung der Notenschrift mittel st des Liniensystems durch Guido von Arezzo; sodann die Erfindung des Heptachords und der Solmisation, im 13. Jahrh. die Verbesserung der schon früher erfundenen Mensural-M. durch Franco von Köln, im 14. Jahrh. die Vervollkommnung der Notenschrift und die Verbreitung des Figuralgesangs durch Joh. de Muris. Im 15. Jahrh. endlich begann, hauptsächlich von den Niederländern ausgehend, die wissenschaftliche Behandlung der M., u. damit die Grundlage der jetzigen M. Von da an machte die Tonkunst außerordentliche Fortschritte; Italien u. Deutschland bildeten hauptsächlich die kirchliche M. aus, Frankreich die weltliche. Indeß auch diese letztere erreichte ihren Glanzpunkt und ihre classische Höhe später in Deutschland durch Ausbreitung der Instrumentalmusik, des Concerts und der Oper. Die großen Meister dieser Zeit waren: Gluck, Mozart und Beethoven. Ueber die M. der einzelnen Länder s. d. A.: ital., franz. und deutsche M.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 271-272.
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