Stimme

[338] Stimme, lat. vox, im physiologischen Sinne die beim Durchgang des Athems durch den Kehlkopf willkürlich erzeugten [338] Töne mit ihren verschiedenen Modificationen. Die S. bildet sich in der Stimmritze des Kehlkopfs dadurch, daß die durch den Kehlkopf strömende Luft die Stimmritzenbänder in Schwingungen versetzt (ähnlich vibrirenden Zungen). Die so erzeugte S. erhält dann Stärke u. Resonanz durch das gleichzeitige Mitvibriren der Lungenwandungen und der Wandungen des Kehlkopfs. Die Höhe oder Tiefe der S. hängt ab von der größeren oder geringeren Spannung od. Erschlaffung der Stimmritzenbänder u. der Verengerung oder Erweiterung der Stimmritze, Zustände, welche durch das Spiel der Kehlkopfmuskeln bewirkt werden. Doch auch die umliegenden Muskeln wirken zur Erhöhung oder Vertiefung der S. mit, indem bei hohen Tönen der Kehlkopf in die Höhe, bei tiefen abwärts gegen die Brust gezogen wird. Kraft u. Resonanz der S. hängen vom Zustande der Lungen und des Kehlkopfes ab, ihr Metallgehalt vom Zustande der die Stimmwerkzeuge auskleidenden Schleimhaut. Der Unterschied der männlichen u. weiblichen S. hat seinen Grund im Bau des Kehlkopfs; die Stimmritzenbänder sind bei Frauen kürzer und die Stimmritze enger. Einer S. sind außer dem Menschen nur die Säugethiere, Vögel und einige Amphibien fähig. – In der Musik versteht man unter S. die Fähigkeit des Menschen, wohlklingende Töne hervorzubringen u. musikalisch zu verbinden, dann diese Töne selbst. Die S. zeigt nach Alter, Geschlecht und Ausbildung der Stimmorgane wesentliche Verschiedenheiten, sowohl in Betreff der Tonlage als der Kraft u. Klangfarbe. Man unterscheidet in dieser Hinsicht 4 Hauptgattungen der S.: Diskant und Alt als Knaben- und Frauenstimmen, Tenor und Baß als Männerstimmen, die erste auch Haupt- oder Oberstimme, die letzte Grundstimme genannt, die beiden mittleren Mittelstimmen. Ferner versteht man unter S. auch jede zusammenhängende Reihenfolge von Tönen in einem Musikstück, u. man spricht da ebenfalls von Ober-, Mittel- und Unterstimmen, und nach ihrer Bedeutung im Tonstück von Haupt- und Nebenstimmen, Solo- u. Ripienstimmen. – S., die Parthie eines Sängers oder Instrumentalisten.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 338-339.
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