Tibet [2]

[476] Tibet , Tübet, chines. Vasallenstaat, zwischen dem Himalaja, Kuenlun u. dem chines. Alpenlande, die südlichste u. zugleich höchste Terrasse des asiat. Hochlandes, ungefähr 30000 QM. groß mit 6 Mill. E., die früher zum mongolischen Stamm gezählt, jetzt als ein eigener Volksstamm betrachtet werden. Das nördl. T. wird durch einen dem Himalaja parallelen Ansläufer des Hindukusch vom südl. T. getrennt, ist aber fast gänzlich unbekannt. Der südliche Theil umfaßt Groß-T. od. Ladak (s. d.) u. Klein-T. od. Baltistan (s. d.) u. das eigentliche T. am oberen Laufe des Brahmaputra mit der Hauptstadt L'Hassa (s. d.). In T. entspringen Indus, Setledsch, Ganges, Brahmaputra. Irawaddi, Salwen, Cambodscha und Yangtsekiang; die Thäler liegen 8000–10000' über dem Meere, viele Dörfer bis 13000:, daher das Klima im Winter kälter ist als im gemäßigten Europa u. Viehzucht die Hauptnahrungsquelle der E. ausmacht, obwohl sie an allen geeigneten Stellen den Boden mit großem Fleiße anbauen. T. hat eigenthümliche Arten von Rindern, Pferden, Schweinen u. Hunden; die Kaschmirziege [476] u. das Schaf werden auch zum Lasttragen benutzt; von Wichtigkeit ist das Moschusthier, unter den wilden Gewächsen der Rhabarber. Aus dem Mineralreich gewinnt man Waschgold, Kupfer, Blei und Borax. Die E. stehen ungefähr auf der gleichen Stufe der Civilisation wie die Chinesen, sind gutmüthig, fleißig, unkriegerisch, unreinlich, leben theilweise in Polyandrie, sind der Mehrzahl nach lamaistische Buddhisten (vergl. Lamaismus u. Buddhismus). Seit 1720 ist T. von China abhängig, das in L'Hassa eine Besatzung unterhält; 1743 wurde es von Nepaul vergeblich angegriffen, ein neuer Angriff erfolgte 1855, ohne daß dessen Resultat genügend bekannt ist.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 476-477.
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