Zollverein

[789] Zollverein, Verbindung mehrer Staaten zur gemeinschaftlichen Erhebung der Zölle und zu gleichem Zollsysteme, von Handelsverträgen dadurch unterschieden, daß er nicht einen einzelnen Handelszweig betrifft, sondern den allgemeinen Verkehr u. zugleich die Verwaltung der Zölle. Ein solcher ist endlich in Deutschland zu Stande gekommen, nachdem seit dem 14. Jahrhundert die vielen Staaten Deutschlands wetteifernd Zollschranken gegen einander errichtet und dadurch dem deutschen Handel und Verkehr tiefere Wunden geschlagen hatten als die feindseligsten Nachbarvölker. Den Anfang des Z.s machten 1828 Bayern u. Württemberg durch ihren Zollvertrag, gleichzeitig Preußen und Hessen-Darmstadt anderseits. Der Anstrengung Preußens, dessen Zollsystem sich die kleinen enclavirten Staaten gern oder ungern angeschlossen hatten, gelang es allmälig, dem Z. seine große nationale Bedeutung und Ausdehnung zu geben; 1831 trat Kurhessen bei, 1833 Bayern, Württemberg, Hohenzollern, Sachsen, die sächs. Herzogthümer, die Schwarzburgischen u. Reußischen Länder; 1835 Baden, Nassau, 1836 Frankfurt a. M., 1841 Lippe und Braunschweig theilweise, Waldeck, 1842 Luxemburg, 1844 das ganze Braunschweig, 1851 Hannover, Schaumburg-Lippe, 1852 Oldenburg, so daß der Z. eine Bevölkerung von mehr als 33 Mill. umfaßt u. die Reineinnahme im Jahre 1855 nicht weniger als 23411728 Thlr. betrug. Ursprünglich war der Z. eine Anstalt mit nur fiskalischen Zwecken, insofern die beitretenden Staaten durch die Verlegung der Zölle an eine gemeinschaftliche Gränze die Erhebungskosten um das Dreifache verminderten u. durch [789] gemeinschaftliche Zollsätze den Verkehr erleichterten, den Schmuggel erschwerten, also den Zollertrag steigerten, der nach festen Bestimmungen vertheilt wird; allein auf den Zollcongressen machte sich die Forderung von Schutzzöllen geltend, die wenigstens theilweise durchdrang, wozu Nöthigung zu Repressalien durch die Zollmaßregeln anderer Staaten nicht wenig beitrug. Indem Preußen 1851 Hannover u. damit den ganzen sog. Steuerverein hereinzog u. da mit den Z. bis an das deutsche Meer ausdehnte, also dessen Bedeutung unberechenbar steigerte, erbitterte es andere Z. sstaaten, weil es ohne deren Vorwissen und Auftrag gehandelt hatte, so daß es sich, wenn der Z. nicht seine Mitglieder im südlichen u. theilweise auch im mittleren Deutschland verlieren wollte, zu einem Zoll- und Handels vertrag des Z.s mit Oesterreich (1853) verstehen mußte. Aus diesem Vertrage soll eine weitere Annäherung hervorgehen, der man sogar das Prognosticon eines förmlichen Z.s mit Oesterreich stellt, wodurch Deutschland vorerst eine einheitliche national-ökonomische Politik erhielte, aus der eine allgemeine nationale Politik erwachsen müßte, was die deutsche Nation mit der Vielherrschaft versöhnen würde.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 789-790.
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