Draco Marinus

[409] Draco Marinus.

Draco marinus, sive Viva, frantzösisch, Vive, teutsch, Seedrache/ Meerdrache, ist ein Seefisch, der bey der Fischerey sehr wol bekannt. Es giebet seiner zwey Arten, grosse und kleine; der grosse aber wird niemahls gebraucht.

Dieser Fisch ist auf seinem Rücken mit einem Hauffen kleiner Beine oder Gräten bewaffnet, welche spitzig, scharff und giftig sind, mit denen er sich den Fischern zu widersetzen pfleget. Die Wunden, die er macht, wann er noch lebend ist, sind gefährlich: dann, das verletzte Theil laufft davon auf, entzündet sich, es entstehet ein grosser Schmertz zusamt dem Fieber. Die Köche stechen sich gar oft darein, wann sie sich nicht vorsehen. Ob auch gleich das Thier rein tod ist, so behält dannoch nichts destoweniger der Stachel einen Theil vom Gift; und der Stich verursachet beschwerliche Zufälle, schier eben solche, als wann das Thier noch lebend ist. Die gefährlichste Gräte ist diejenige, welche zu nechst an dieses Fisches Ohren sitzet.

Die Mittel dagegen sind, daß man geschwinde Weinspiritus drauf lege, oder unter einander gestossene Zwiebeln und Saltz, damit die Schweißlöcher sich öffnen mögen und das Gift zertheilet werde. Die Leber und das Gehirn von diesem Fische selbst sollen, aufgeleget, den Schaden heilen.

Wann das Gehirn von diesem Fische zu Asche gebrennet worden, das soll wider allerhand Gift sehr dienlich seyn: allein es würde besser thun, wann mans einnähme, nachdem es aus dem Kopf gezogen und unverbrannt noch ist, alldieweil das Feuer[409] die flüchtigen Theilgen hinweg nimmt, die doch das meiste müssen richten.

Draco kommt vom griechischen δράκος, oculus, ein Auge, weil dieser Fisch gar sehr scharff siehet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 409-410.
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