Ursus

[1203] Ursus.

Ursus, frantzösisch, Ours, teutsch, Bär, ist ein grosses, vierfüßiges, wildes, ungestalt und grämisches, grausam und blutbegieriges Thier, gemeiniglich so groß als wie ein Esel, wiewol es auch noch grössre giebet. Sein Leib ist sehr dick und plump, beweget sich langweilig. Sein Fell ist dick und mit häßlichen Haar besetzt. Seine Schnautze ist lang, die Zähne haben Kerben, die Augen sind lebhaftig, die Schenckel dicke, die Füsse oder Branten sehen als wie Hände, die Zehen sind mit krummen, starcken Nägeln besetzt. Dieses Thier ist gar phlegmatischer Natur, hat dannoch überaus viele Stärcke. Es findet sich in Polen, in Teutschland, in Litthauen, in Norwegen und in andern gegen Nord gelegenen Landen. Es hält sich im Gebürge auf, und nähret sich mit Kräutern, Früchten und mit Wurtzeln: frist aber auch wol Thiere, wann es sie kan erhaschen. Es schläft viel Wochen durch und wacht nicht auf. Es ist sehr geil und sonderlich dem Weibesvolcke gefährlich, dann es verfolget sie bis in das Bette, darüber einige für Furcht und Schrecken des Todes gewesen. Es führt viel flüchtig Saltz und Oel.

Sein Schmaltz macht dünne, zertheilet, erweichet, zertreibet, stärcket: es ist gut zu Flüssen, zu Brüchen, zum Hüftweh, zu Quetsuren: die schadhaften Theile werden damit gerieben.

Seine Galle dient zur schweren Noth, zur Engbrüstigkeit; wann zwey bis zehen Tropfen auf einmahl genommen werden. Aeusserlich wird sie auch zur Reinigung alter Schäden gebrauchet.

Ursus kommt von urere, brennen, weil dieses Thier so geil und brünstig ist.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1203.
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