Der bestohlne Cupido

[272] Es fand auff einen Tag das schöne Schäffer-Kind/

Das meinen freyen Sinn mit tausend Fässeln bindt/

Der Venus zarten Sohn ins grüne Graß gestreckt

Mit Rosen/ Lilien und Nägeln überdeckt.


Er hatte Bogen/ Pfeil und Köcher weg gethan/

Hing seiner Ruhe nach; Schaut/ was Cordilla kan!

Sie schleicht sich unvermerckt mit leisen Schritten hin/

Nimmt Pfeil und Bogen weg/ verwundet meinen Sinn


Und tausend andre noch; doch soll mir solche Pein

Von ihrer schönen Hand gar lieb zu leiden seyn/

Wenn sie nur stille steht/ und nicht zu ihrer Flucht

Auch seines Flügelwercks sich zu bedienen sucht.

Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 1, S. 272.
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