Uber die Worte:
Träuffelt ihr Himmel von oben

[46] Himmel/ ob uns ausgespannt/

Träuffelt auff das dürre Land!

Laß auff Zions matte Stadt

Und die ausgebrennten Auen/

Die der Fluch gebraten hat/

Jacobs edlen Segen thauen!


Schütte/ blaues Wolcken-Hauß/

Deine reiche Tropffen aus/

Regne die Gerechtigkeit/

Die uns alle soll benetzen/

Durch ihr reines Unschulds-Kleid

Unsern Koth und Fleck ersetzen![46]


Reiß die Himmels-Fest entzwey/

Heyden-Trost/ und komm herbey/

Laß in Saba deinen Stern/

Auff den Bethlehmiter Häynen

Deiner Schaaren Glantz dem Kern

Gott-ergebner Schäffer scheinen.


Nun du kömmst/ Marien-Sohn/

Gott von Gott: Ich höre schon

Wie der Weynacht-Engel singt:

Alles Volck soll freudig werden/

Wie in hoher Lufft erklingt:

Gott die Ehre/ Fried auff Erden.


Mache dich zum Wette-Lauff/

Seele/ mit den Hirten auff/

Wo das grosse Wunder-Kind

Wird in harter Krippe funden/

Und bey solcher Wiege sind

Ochs und Esel angebunden.


Binde die Vernunfft hier an/

Welche nicht erreichen kan/

Wie der Erde Niedrigkeit

Und die hohen Himmels-Höhen

Ewig seyn/ und in der Zeit

Mensch und Gott beysammen stehen.


Gläube/ was Gott längst verhieß/

Und der Engel macht gewiß/

Gläube/ daß diß Freuden-Kind

Dir auch sey zum Heyl gebohren/

Und bey ihm das Leben findt

Was im Tode war verlohren.


Lege Tasch und Hirten-Stab

Deiner Eitelkeiten ab/

Hier ist deiner Seelen Hirt

Und der rechte Fürst des Lebens;

Wer auff andern Trifften irrt/

Sucht den Himmel nur vergebens.[47]


Knihe mit erfreutem Sinn

Bey des Heylands Krippen hin/

Schaue den beliebten Mund/

Dessen freudigs Trost-Zusprechen

Deine Seele macht gesund/

Wenn dir Hertz und Augen brechen.


Schau der Augen helles Paar/

Welches eh die Sonne war/

Schau der Wangen zartes Blutt

Und die Hand/ die alles träget:

Steinern bistu/ wo dein Mutt

Nicht hierüber sich beweget.


Dancke dem/ der also bloß

Lieget in Marien Schoß/

Daß er deine Blösse deckt/

Der für dich will Mangel leyden/

Daß du/ von dem Tod erweckt/

Solt genüssen seiner Freuden.


Flamme/ Jesu/ meinen Geist

Der sich so erstorben weist/

Durch dein Liebes-Feuer an/

Daß ich solche Lieb' erkenne/

Und/ so viel die Schwachheit kan/

Gegen dir mit Danck entbrenne.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 2, S. 46-48.
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