Grabschrifft eines sehr zahmen und artigen Lach-Täubers

[67] Hier find ich Ruh und Grab/ ein Phönix meiner Art/

Der Edlen Täuber Ruhm/ nach meiner Todes Fahrt/

Nicht lache dieser Schrifft: Ich konte mich mit lachen

(Des Menschen Eigenthum) dir selber ähnlich machen.


Mein treues Artlich-seyn/ mein angenehmer Schertz/

Erwarb des Herren Gunst/ gewann der Franen Hertz.

Wird Heucheley und List zu Hofe sonst getrieben/

Ich bin stets ohne Fleck/ wie ohne Galle/ blieben.


Es ehrt mit Schrifft/durch Reim und Grufft um Treu/ und um Verstand

Manch Fürst/ manch kluger Mann/ Hund/ Pferd und Elephant:

Die Tauben werden nicht von jenen überwunden:

Ein kluger1 Täuber hat die neue Welt erfunden.


Ihr Boten in der Lufft bringts nach Aleppo hin/

Thut Post auff Babylon/ daß ich gestorben bin/

Mahnt alle Kröpffer an/ daß sie zu lezten Ehren

Ein trauriges Ragu und Drommeln lassen hören.[67]


Cythere spannt mich nun an ihren Wagen an/

Am Himmel weichet mir der Leda weicher Schwan.

Mein wohl-verdienter Ruhm mit Papogeyen-Schwingen

Wird den gestirnten Pfau aus seinem Neste dringen.


Sagt ein Pythagoras von unsern Geistern wahr/

So erbt den meinigen ein wohlgeschickter Stahr:

Doch soll er hundert Jahr gleich einer Krähe leben/

Und meiner Herrschafft/ an statt mein/ Vergnügen geben.

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Christophorus Columbus, Indiarum inventor.

Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 67-68.
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