LXXVII.

[75] 1. Mein feins lieb ist von Flandern,

und hat einen wankeln mut,

Sie gibt einen umb den anderen,

das thut die leng nit gut.

Doch bin ich stets,

jr aller wolgemut,

ich wüntsch jr alles gut.


2. Mein feins lieb wolt mich leren,

wie ich mich halten solt,

In züchten und in ehren,

fürwar ich bin jr hold,

Hold bin ich jhr,

zu jhr steht mein begier,

wolt gott ich wer bey jhr.


3. Was sahe ich nechten spate

an einem fenster stahn,

An einem kammerladen,

was hat sie schneeweis an.

Was hat sie an jren hemden,

von gold ein ringelein,

die hertzallerliebste mein.


4. Und wer mein bul ein brünlein kalt,

und sprüng aus einem stein,

Und were ich denn der grüne walde,

mein trawren das wer klein.

Grün ist der waldt,

das brünlein das ist kalt,

mein lieb ist wol gestalt.


5. Was sahe ich in dem grünen waldt,

was sahe ich hin und her,

Ein blümlein das war wolgestalt,

und das mein hertz begert.

Grün ist der klee,

alde, alde, feines lieb,

ich sehe dich nimmermehr.[76]


6. In schwartz wil ich mich kleiden,

und lebt ich nur ein jar,

Umb meines bulen willen,

von der ich urlaub hab.

Urlaub hab ich,

on alle schulden,

ich mus gedulden.


7. Der uns dis liedlein new gesang,

so wol gesungen hat,

Das hat gethan ein guter gesel,

an einem abend spat.

Er hats so frey gesungen

aus frischem freyem mut,

ich wünsch jr alles gut.


Der ist nicht ehrenwerth,

der gelt von seinem bulen begert;

narren und frawen geschirre,

machen die gantze welt irre.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 75-77.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Wette, Adelheid

Hänsel und Gretel. Märchenspiel in drei Bildern

Hänsel und Gretel. Märchenspiel in drei Bildern

1858 in Siegburg geboren, schreibt Adelheit Wette 1890 zum Vergnügen das Märchenspiel »Hänsel und Gretel«. Daraus entsteht die Idee, ihr Bruder, der Komponist Engelbert Humperdinck, könne einige Textstellen zu einem Singspiel für Wettes Töchter vertonen. Stattdessen entsteht eine ganze Oper, die am 23. Dezember 1893 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wird.

40 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon