Wie Andolosia die künigin Agripina mit sampt dem seckel zů dem andern mal hynweg fůrt.

[129] Agripina was karg, wiewol sy den seckel hett, den man nicht erschöpfen mocht vnd gieng gemachsam über die truhen, so dann bey ir bettstat stůnd, darinn ir allerliebste klainat vnnd auch der seckel was, an ainer starcken gürttel gebunden. den gürtet sy vmb vnd gieng hynfür tzu dem tisch, so bey aim schönen fenster stůnde, fieng an zu zelen vnd als sy bey dreühundert cronen gezelt het, sůchet der doctor vnder seinem rock, als ob er ainen seckel sůchen, darein er das gelt tůn wölt, tet, als ob er das gelt wölt fassen vnd erwüscht sein hütlin, warf das byrreet hin, satzt das hütlin auf vnd fasset die künigin, wünschet sich in ainen wilden wald, da kaine leüt wärn, vnd wie er das wünschet, also geschach es von stunden durch die kraft des hütlins.

als nu Agripina hinweg gefürt was do lieff die alt hoffmaisterin tzu der alten künigin, ir můter, vnd sagt ir, wie das Agripina aber hynweg wär gefürtt worden vnd wie es ir ergangen was mit den hörnern vnd mit dem artzt, Auch wie sy vnnd der artzt mitt ainander hynweg gefaren wären. Des erschrack die künigin, ir můter, doch gedacht sy: wie sy das nähstmal bald ist wider kommen, also wirtt villeicht yetz auch beschehen. dartzů so hat sy den seckel mir ir hyn, das sy gelts genůg hat, manigklich wol belonen mag, das man ir wider her hilfft. Do sy also den tag vnd die nacht warteten vnnd sy nit herwider kam, ward es die künigin (als ain můtter) behertzigen, das sy vmb ir schönen tochter allso solt kommen sein, gieng mit traurigem hertzen zu irem herren künig vnd sagt ym alle ding, wie es ir ergangen was vnd wie sy der doctor vnd artzt hynweg gefürt het. Der künig sprach: O, das[129] ist ain weiser doctor. er kan me dann ander doctor. es ist nyemant dann Andolosia, den ir so falschlichen betrogen haben. Ich kan wol betrachten, das der, der ym sollich gelück verlyhen hatt, er verleich ym auch weißhait, wenn er vmb den seckel käme, das er ym müßt wider werden. Das gelück will, das er den seckel habe vnnd sunst nyemmant, vnd wenn das gelück wölt, so hett ich oder ain anderer auch ainen solchen seckel. Vil mann seind in Enngeland vnnd ist nur ain Künig darunder, das byn ich, Als mir von got vnnd dem gelück solliches verlihenn ist. Vnnd allso ist auch Andolosia verlihen, das er allain den seckel haben soll vnd sunst nyemant. hett wir nur vnser tochter wider! die künigin sprach: gnädiger herr, tůn so wol vnd senden boten auß, ob man jendert künd erforschen, wo sy wäre, das sy nit in ellend vnnd armůt käme. Der künig sprach: Ich sende kainen botten auß, wann es wär vnns ain schand, das wir sy nit baß versorget hetten.

Als nun Andolosia in dem wilden wald vnd wüstin, da kaine leüt waren vnd Agripina allain was, warffe er den doctor rock gar vntugentlich von ym nider, thet auch die grossen, wüsten naßen von ym vnd tradt fräuenlichen gegen der schönen Agripina. behend erkannt sy, daz er Andolosia was, vnd erschrak von gantzem hertzen, das sy nit reden kund, wann er hett die augen im kopff verkert vnd grißgramet vnnd hett sich verwegen, er wurde sy geleich ertödten. bald nam er ain messer vnnd schnaid ir den gürtel von dem leib. jm was so gach, das er die gürtel nit aufgürten wolt vnd nam den seckel ab der gürtel vnnd warff die gürtel gar vntugentlichen verr hindan, bryß sein wammass auff vnd stricket den seckel an das ort, da er yn allweg gehebt het. das alles sach die arm Agripina, die da saß vnd von not vnd angst, darinne sy was, erzütteret ir schöner leyb als ain öspins laub, das mit wind vmbgeben ist. Andolosia fieng an gar auß grossem zoren tzureden vnnd sprach: O falsches, vngetrewes weyb, yetz bist du mir zutail worden, yetzund wil ich solche trew mit dir tailen, als du mitt mir getailt hast, do du mir den seckel abtrantest vnnd ainen vntugentlichen seckel an sein stat stricktest. ytzund sichst du, das er wider an sein[130] alte stat kommen ist, ytzund nym zu hilff vnd radt dein můter, dein alte hoffmaisterin vnd haiß dir gůtt getranck geben, damitt du mich betriegest, vnd zwar wärn die vnholden bayd bey dir, so hulf sy all ir kunst nit, daz sy den seckel mer von mir brechten. o Agripina, wie mochtestu es am hertzen gehaben, mir solliche grosse vntrew zu erzaigen, so ich dir so trew was! Ich hett mein hertz, mein seel, leib vnd gůt mitt dir getailt. wie mochtestu es an deinem hertzen hon, ainen so manlichen ritter, der da alletag durch deynen willen stach, scharpff rant vnd alle manliche ritterspil getriben hat, in so grossen armůt richten vnnd kainerlay erbärmd hast mit mir gehebt, sonder der küng vnd die künigin mit mir getriben haben iren spot vnd faßnachtschympff, das mir noch vnuergessen ist in meinem hertzen, wann durch das übel, so du an mir volbracht hast, was ich in ain vertzweyflung kommen vnd wolt mich selbs erhangen haben, dann das mir Maria, die můtter gots, mit iren gnaden in der bößen anfechtung zuhilf kam, der ich auch trewlich dienen will biß an mein end, vnnd wo ich sollichs gethon hett, so wärest du doch ain vrsach gewesen, das ich vmb sel vnd leib, eer vnd gůt kommen wär. vnnd do du den tugentreychen seckel in deinem gewalt hettest vnnd dir wol gesagt warde, das ich gantz nichts het, meine knecht all von mir lassen, allain můßt hynweg reütten, du hettest mir vngern ain zergelt gesant, das ich ain wenig eerlich hett mügen haimkommen zu meinen freunden. Nun sprich selb vrtail: ist nit billich, ich habe mitt dir erbärmbde, als du sy mitt mir gehabt hast? Agripina, die alles erschreckens vol was vnnd nit wisset, was sy sagen solt, sach auff gen hymel vnd mit erschrockem hertzen fieng sy an tzůreden vnnd sprach: O tugentreicher, strenger ritter Andolosia, ich bekenn, das ich vneerberlich, groß vnd schwär wider eüch gethon hab, bitt üch, ir wöllen ansehen die blödigkait, vnwissenhaitt vnd leüchtmütikait, so dann von natur mer in dem geschöpfft der weiber ist, in den iungen vnnd in den altten dann in mannlichem geschlecht, vnnd wöllen mir die sach nitt in das ergest keren vnnd eweren zoren gegen mir armen tochter hynlegen. thůnd gůt wider übel als dann ainem strengen, ersamen[131] ritter wol zimmet! Er antwurt ir vnd sprach: der schab, schand vnnd laster, so mir von eüch zugestannden ist, ist noch so gross in meinem hertzen, das ich eüch vngelötzt nit kan lassen. Sy antwurtt vnnd sprach: O Andolosia, bedenckt eüch baß, was vneere wurde man von eüch sagenn, das ir ain armes weibs bilde, so ir allain in ainer wilde vnd als ainen gefangen wurden lötzen. tzwar wo man es von eüch wurd sagen, das wäre ewer strengen ritterschaft ain schand. Andolosia sprach: wolhyn, ich wil meinem tzorn widersteen vnd verhaiß dir bey meiner ritterlichen trew, das ich dich nit wil lötzen weder an deinen eern noch an deinem leib. Du hast aber noch ain zaichen von mir, das můstu byß in dein grůb von meinen wegen haben, darmitt du mein ingedenk seyest. Agripina was so in grosser angst vnnd sorg ires lebens, das sy der hörner, so ir noch auff dem haubt stůnden, gantz vergessen hett. Do aber Andolosia sy gesicheret ires leybs vnnd Eer, kam sy noch baß zu ir selb, fieng an vnnd sprach: O wollte gott, das ich meiner hörner lödig wäre vnd wäre in meines vaters pallast! Do Andolosia hort, das sy anfieng wünschen, lag das hütlin nit verr von ir, do lüff er bald vnd zucket es, wann, het sy es auf gehebt, so wär sy aber haym kommen vnd nam das hütlin vnd stricket es hart an seinen gürtel, Darbey Agripina wol mercken kund, das ym das hüttlin auß der massen lieb was vnnd durch krafft des hüttlins sy allso zway mal weg gefüret was worden, grißgramet in ir selbs vnd gedacht ir: nun hastu die baide klainat in deinem gewaltt gehebt vnd hast sy nit künden behaltten, vnd torst iren zoren Anndolosia nit lassen mercken, dann sy fieng an vnnd bat yn gar früntlich, das er sy der hörner gar ledig machte vnd sy irem vater wider haim fůrte. Er sprach: kurtz ab, du můst die hörner haben, weil du lebst. Aber ich will dich geren füren zu deines vaters pallast, so nach, das du den sehen magst, Aber darein komm ich nit mer. sy bat yn zu dem andern vnd zu dem dritten mal. Es halff alles nit.

Quelle:
[Anonym]: Fortunatus. Halle a.d.S. 1914, S. 129-132.
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