Flucht

[233] Lieber will ich ohne Zagen

Schreiten durch der Hölle Thor,

Als wie Deine Nähe tragen,

Nun ich ewig Dich verlor.


Deine sanften Augen rufen

In die Sonnenbahn mein Herz,

Und ich muß die schwarzen Stufen

Schauernd schreiten niederwärts.
[233]

Leise Liebesworte werben

Jeden Tropfen Blutes Dir.

Laß mich ringen, laß mich sterben,

Aber schaue nicht nach mir.


Ob Dein Herz an meinem zittert,

Ach, schon bist Du mir entrückt,

Und vergiftet und verbittert

Ist der Trank, der uns entzückt.


Ewig schied ein Wort uns Beide,

Nur der Fluch getreu mir blieb;

Und ihm schärft die Schwertesschneide

Deine Schönheit, bleiches Lieb. –

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 233-234.
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