Abschied von der Welt

[196] 1818.


Ade! Ich muß nun scheiden,

Ihr Freunde, gute Nacht!

In Freuden und in Leiden

Gar schwer ist's mir gemacht,

In Kummer und in Tränen,

In Arbeit und in Not;

Drum ruft mein heißes Sehnen:

O komm, mein Herr und Gott!


O komm und schleuß dem Matten

Die müden Augen zu,

Bett' ihm im kühlen Schatten

Die stille, sanfte Ruh',

Bett' ihm im kühlen Grabe

Den letzten weichen Pfühl,

Die letzte Liebesgabe

Vom ganzen Weltgewühl.


Ade! Ihr sollt nicht weinen,

Ihr Freunde lieb und fromm,

Das Licht wird wieder scheinen,

Das ruft dem Schläfer: Komm!

Das klingt in seine Kammer:

Steh, Schläfer, steh nun auf!

Steh auf vom Erdenjammer!

Dein Himmel tut sich auf.


Ade! Ihr sollt nicht klagen,

Daß nun ich hinnen muß,

Die Nacht wird wieder tagen

Mit Freudenüberfluß,

Der große Held der Frommen

Wird mit der Krone stehn,

Und Engel werden kommen

Und mich zu Gott erhöhn.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 196.
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