Die deutschen auswandernden Krieger

[283] 1851.


O mein Deutschland, will dein Jammer

Breiter, täglich breiter werden?

Finden deine besten Söhne

Keinen Platz auf deutscher Erden?

Klingt der bittre Fluch des Flüchtlings

Durch der Angeln Land und Hessen?

Wird so deutsche Lieb' und Treue

Deinen Tapfern zugemessen?


Jammer, den kein Lied kann singen!

Unheil, das kein Wort kann fassen!

Also müssen deine Streiter,

Kampfs- und glücks- und landsverlassen,

Nach Utopien, nach Brasilien[283]

Bettelnd durch die Länder streichen?

Ihre nackten Ehrennarben

Zeigen als ein deutsches Zeichen?


Ihr von Siebzehnhundertachtzig

Kassellieder, Stuttgartlieder,

Ihr des Aspergskerkersängers

Alte Lieder, tönt ihr wieder?

Die bei Saratoga fielen,

Die die Mohrensonn' verbrannte,

Werden sie uns heute wieder

Neugeborne, Neugenannte?


Heute Achtzehnhundertfünfzig

Hessen, Angeln, Sachsen, Friesen

Laufen in die Welt des Elends

Ehr- und glücks- und landsverwiesen?

Ob dem Jammer bricht das Wort ab,

Wo die Ehre will zerbrechen –

Wo der Helfer? Wo der Rächer,

Solche grimme Schmach zu rächen?


Still! Es rufet: Du sollst beten,

Christ, sollst glauben, lieben, hoffen;

Sperrt sich dir die deutsche Welt auch,

Ewig steht der Himmel offen.

Drum laß alles durcheinander

Fallen, stürzen, krachen, brechen,

Droben, glaube, waltet einer,

Der wird letztes Urteil sprechen.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 283-284.
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