Lebensmut

[17] 1800.


Tummle dich, mein junges Leben,

Vorwärts gleich dem schnellen Renner!

Mußt nicht vor dem Staube beben

In dem heißen Kampf der Männer,[17]

Mußt nicht vor den Stürmen zittern,

Die die Starken niederschmeißen,

Eichen aus den Felsen splittern,

Und die Felsen selbst zerreißen.


Frisch hinein! wo Tausend fallen,

Können Zehnmaltausend stehen,

Siegeslieder lustig schallen,

Wo sich Gräber schwarz erhöhen;

Die zu Bergen klimmen, brechen

Leicht die himmelkühnen Häupter,

Wohnt der Mensch auf grünen Flächen,

In der Flut der Ströme bleibt er.


Was die heil'gen Drei, die schwarzen

Schwestern, unvermeidlich weben,

Das Gesetz der strengen Parzen

Schlinget sich um jedes Leben:

Was wir streben, was wir wollen,

Hält die tiefe Macht gefangen,

Heimarmenens Donner rollen,

Zischend sprühn Erinnys' Schlangen.


Kränze deiner Jugend Locken

Mit den schönsten Maienblüten,

Bis des Winters kalte Flocken

Um die kahlen Scheitel wüten;

Tapfer mußt du stehn und fallen,

Klanglos ist der Tod der Matten,

Doch die Heldenseelen wallen

Herrlich in das Reich der Schatten.

Quelle:
Ernst Moritz Arndt: Werke. Teil 1: Gedichte, Berlin u.a. 1912, S. 17-18.
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