An eine wandernde Malerin

[78] Da singt die junge Pilgerin,

Gestützt vom Malerstab,

Sie zieht zum fernen Kloster hin

Und mahnt um letzte Gab',

Um fromme Bildchen in ihr Buch,

Um ein erbaulich Wort:

»Gewarnt, ermahnt bist du genug,

Und dennoch ziehst du fort.«


Ich schenk' als Bild den Abschiedsblick

Als Wort den Händedruck,

Du suchst zu fern des Himmels Glück

In südlich ird'schen Schmuck:

Des Südens Kunde dir verhieß

Der Bilder reiche Wahl,

Ich sah das schönste Paradies

Bei dir im nord'schen Thal.


Was du dir suchst, du schönes Kind,

Es ist schon alles dein,

Dir nach im seltnen Wirbelwind

Fliegt mit der goldne Schein,

Dir folgt der Strom wie in das Meer,

Dir folgt, was du gesandt,

Und hier wird alles öd' und leer,

Wenn du dich abgewandt.


So wie Magnet mit Eisen spielt,

Es aus dem Auge zieht,

So nimmst du mit, was wir gefühlt,

Der süße Schmerz uns flieht;[79]

Wir sehen wieder in die Welt

Wie in den Wintertag,

Das grüne Laub schon wieder fällt

Und fliegt dir rauschend nach.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 78-80.
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