Der Durstige

[261] Ach Gott, wie thät mir gut

Ein Kuß auf meinem Mund,

Die Lippe wär' nicht wund

Von Durst und heißer Gluth;

Ich wäre dann gesund

Und ruhig lief mein Blut,

Ach Gott, wie thät mir gut

Ein Kuß auf ihrem Mund.


Die Liebe wär' dann aus,

Ich würde fleißig sein,

Es fiel mir manches ein,

Ich bliebe dann zu Haus;

Ich flieg' dem Leuchtwurm nach,

Ihn löscht kein Dunkel aus,

Er fliegt zu Liebchens Haus,

Wenn niemand drinnen wach.[261]


Ach Gott, so muß ich hin

In jeder nächt'gen Stund',

Es wird schon allen kund,

Daß ich verliebet bin;

Ob ich geliebet bin,

Ach Gott, thu es mir kund,

Durch ihren schönen Mund,

Zu ihr muß ich jetzt hin.


Ach Gott, heut schließ' mich ein

In ihre Lippen dicht,

Im nächtlichen Gesicht,

Sind sie wie Wellenschein,

Ach brennen heiß und licht,

Erlösche mich darein,

Es kann nicht anders sein

Und ich versag's mir nicht.

Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 261-262.
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