Doppelte Liebe

[343] Mündlich.


Nicht lang es ist,

In Fastnacht-Frist,

Hab ich mir auserkoren,

Zwey Jungfraun zart,

Von guter Art

Und tugendlich geboren.


Am Abend spat

Schneeweiß ihr Waat,

Durchaus ganz wohlgezieret,

Ich ihnen gern

In Zucht und Ehrn

Gefällig hätt' hofieret.


Doch durft ich nicht,

Dieweil es Sitt

Ein jeder Zeit zu halten;

Nach Klagens Brauch

Darum ich auch

Den lieben Gott ließ walten.


Und schmückt mich sehr,

Als ob ich wär,[343]

Ein Sohn der armen Frauen,

Mit kleinem Ruhm,

Recht wie die Blum

Den Winter in der Auen.


Vor beyder Thür

Ich stehe hier,

So zwischen beyden Frauen,

Ganz grämlich schier,

Wies Müllerthier

Zwey Bündel Heu mag schauen.


Schleich auf den Zehn

Zum Schlafen gehn,

Vor großem Leid und Kummer;

In dem bedacht

In selbig Nacht

Den schön und edlen Sommer.


In kurzer Zeit

Er breitet weit

Die Blum auf grüner Heiden,

Manch schönen Strauch,

Darin ich auch

Mich hoff mit Lust zu weiden.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 343-344.
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