Trinklied

[413] Erasmus Widtmanns musikalische Kurzweil. Nürnberg 1623.


Zu Klingenberg am Maine,

Zu Würzburg an dem Steine,

Zu Bacherach am Rhein

Hab ich in meinen Tagen

Gar oftmals hören sagen,

Soll'n sein die besten Wein.

Jung! schenk mir ein

Ein Gläslein fein,

Und bring mirs her,

Wie ichs begehr.

Mein lieber Herr!

Ich will euch diesen bringen,

Frölich und guter Dingen.

Frisch auf ihr Herrn! her und dran,

Das Fäßlein hat kein'n Panzer an.


Bin ich schon nit am Maine,

Zu Würzburg an dem Steine,

Noch diesesmal am Rhein,

Sein dennoch andre Reben,

Die auch gut Säftlein geben,

Lieblich und edle Wein.

Jung! schenk mir ein

Ein Gläslein Wein,

Und bring mir's her,

Wie ichs begehr.

Mein lieber Herr!

Ich kanns euch nit abschlagen,[413]

Will's kecklich mit euch wagen,

Frisch auf ihr Herrn! her und dran,

Das Fäßlein hat kein'n Panzer an.


Im Wirtenberger Lande

Ist weit und breit bekannte,

Das edle Nekarthal,

Da wächst ein gesunder Safte,

Der giebt uns gute Kräfte,

Mit Freuden oftermal.

Jung! schenk mir ein

Ein Gläslein Wein,

Und bring mir's her,

Wie ichs begehr.

Mein lieber Herr!

Ich bitt ihr wöllt mit Freude

Fein redlich thun Bescheide.

Frisch auf ihr Herrn! her und dran,

Das Fäßlein hat kein'n Panzer an.


Und kann ein Land nit haben

Des edlen Weines Gaben,

So führts der Fuhrmann drein,

Darum an allen Orten

Von viel und manchen Sorten

Wird gefunden guter Wein.

Jung! schenk mir ein

Ein Gläßlein Wein,

Und bring mirs her,

Wie ichs begehr.

Mein lieber Herr!

Ich will es jenem bringen,

Thut ihr ein' Weile singen:[414]

Frisch auf ihr Herrn! her und dran,

Das Fäßlein hat kein'n Panzer an.


Im fruchtbarn Taubergrunde

Wächst Wein stark und gesunde,

Auch an viel Orten mehr,

Dabei wir fröhlich singen,

Und oft mit Freuden springen,

Gut Wein jagt Trauern fern.

Jung! schenk mir ein

Ein Gläßlein Wein,

Und bring mir's her,

Wie ichs begehr.

Mein lieber Herr!

Das Wasser g'hört dem Fische,

Der Wein dem Menschen frische.

Frisch auf ihr Herrn! her und dran,

Das Fäßlein hat kein'n Panzer an.


In Oesterreich und Steier

Sind gewachsen fern und heuer,

Gesund und gute Wein,

So die Leut lustig machen,

Daß sie singen und lachen,

Tag und Nacht fröhlich seyn.

Jung! schenk mir ein

Ein Gläßlein Wein,

Und bring mir's her

Wie ichs begehr.

Mein lieber Herr!

Jung! thu das Gläslein schwenken,

Ein frisches einzuschenken.

Frisch auf ihr Herrn! her und dran!

Das Fäßlein hat kein'n Panzer an.[415]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 413-416.
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