1436.

[287] Wer am Johannistage Kraut holt, bekommt den Krebs und ebenso, wer in der heiligen Nacht die Wäsche hängen läßt. Dagegen sammelte man die uns schon bekannten Heilkräuter, namentlich Beifuß, Rittersporn, Lattich, Knabenkraut u.a.m., vorzugsweise am Johannistage, wodurch ihre Kraft erhöhet ward; ja der Rauch solcher Johanniskräuter, während eines Gewitters entzündet, schützte das Haus selbst gegen Blitz und Donner und beschwichtigte den Sturm. Wie im Frühlinge unter dem Fuße dessen, der die erste Schwalbe erblickte, so fand man auch am Johannistage an der Wurzel verschiedener Pflanzen eine heilkräftige Kohle, an andern aber einen Blutstropfen. Zu den Volksbelustigungen gehörte namentlich das gleichfalls schon aus dem Frühlingsfeste bekannte Hahnenschlagen. Eigenthümlich sind dagegen die in vielen Gegenden am Johannistage gefeierten Rosenfeste (K.u. Schw., S. 391), worauf sich vielleicht auch die Rosengärten, d.h. öffentliche Belustigungsplätze[287] vor unsern Städten, namentlich Rostock und Schwerin, beziehen mögen1. Die Hauptfeierlichkeit war aber das Freudenfeuer, welches noch jetzt in einem großen Theile Europas am Johannisabend zum Himmel emporlodert.


Beyer in den Meklenb. Jahrb. 20, 203 f.

1

Sollte in dem bekannten, jetzt allerdings sinnlosen Gesange der im Kreise tanzenden Kinder ›Kringelkranz, Rosendanz, Kętel hengt up'n Für u.s.w.‹ ursprünglich ein Opfergesang am Johannisfeste stecken? Vgl. Müllenhoff S. 484, wo indeß der erste Vers lautet ›Ringeldanz, Rosenkranz etc.‹

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 287-288.
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