[79] Guten Tag ins Haus,
Sein die Herrn ein oder sein sie aus?
Wie gehts, wie stehts um euer frischs junges Leben?
Hier komm ich hergeritten,
Hab ich kein Pferd, so komm ich geschritten.
Nun hab ich ein Pferd, nun komm ich geritten.
Hochzeit zu bitten, ist mein Begehr.
Ich soll auch vielmal grüßen von (Namen der Eltern des Brautpaares), von dem Bräutigam und seiner Braut, an den Herrn und an die Frau nebst ihren Kindern, an Jungfern und Gesellen, nicht allein Jungfern und Gesellen, sondern an das ganze Hofgesinde, die Jungfern auf dem Brautwagen. Ich bin abgefertigt und ausgesandt als ein ehrbarer Geselle von dem Bräutigam N.N. und von seiner hochgeliebten Braut. Diese beiden jungen Brautleute haben sich zum christlichen Ehebündniß eingelassen, mit dem priesterlichen Abkommuniziren zu verzieren die große Wunderwogenheit, und Sie[79] möchten so gut sein und stellen sich am nächstkommenden Freitag und Sonntag bei der N.N. in dem bestimmten Hochzeitshause ein und setzen sich allda zur Tafel als alle Freunde und gebetene Gäste, und Sie möchten es verlieb nehmen, was der liebe Gott uns an Essen und Trinken bescheret hat. Ich habe aber noch eine Bitte an das Mädchen im Hause, da muß aber der Frau ihr Wille auch mit dabei sein, daß sie die bunte Kuh von beiden Seiten streicht, daß sie weiße Milch gibt, damit daß das erste Gericht gezieret und gewirket wird, da läßt Koch und Köchinn sehr freundlich um bitten.
Schnüret den Beutel, stürzet den Hut,
Habet einen recht lustigen Muth.
Wetzet das Schwert,
Sattelt das Pferd,
Wichset die Stiefel und Schuh,
Reitet und fahret lustig nach dem Hochzeitshause hinzu.
Da werden die Musikanten die Musik recht rühren,
Daß man die Braut zum Tanze kann führen.
Endlich lassen wir die Thaler klingen,
Dann werden wir lustig mit den jungen Mädchen herumspringen.
Die Frauen sein wacker und stellen sich ein,
Denn ohne sie kann ja keine Lustigkeit sein;
Die Mädchen schmücken ihren Kranz
Und seien bedacht auf einen lustigen Tanz.
Kommt, helfet uns Alles mit Freuden verzehren,
Was Gott, der Geber, uns Gutes beschert.
Die fetten Ochsen und fetten Schwein,
Die werden da sein;
Die Gänse und Hühner, die sitzen im Stall
Wohl hoch auf dem Wiemen, und haben kein Tal.
Der Hahn ist bei der Hand, hat Sporen an Füßen,
Es soll ja nicht fehlen an Fiedeln und Flöten.
Und hab ich meine Bitte nicht recht angebracht, so werden Sie es desto besser zu verstehen wissen und werden sich desto fleißiger in dem bestimmten Hochzeitshause einfinden.
An Stühl, Krystall, Teller und Bricken,
Da wird der Herr Wirth sich von selber zu schicken,[80]
Und haben die jungen Mädchen brav Aepfel und Birn,
Seien sie rosenroth,
So bringet sie her in euren Schoß;
Seien sie braunfleckig, schadet ihm nicht;
Haben sie gar keine, muß ich auch zufrieden sein.
Ist da nun noch was vergessen, so ist es meine Schuld, aber dieser beiden jungen Brautleute Schuld nicht.
Ich bin nicht hoch studirt,
Drum sitt ik up dat grote Pird;
Ich bin noch jung von Jahren,
Ich muß noch viel erfahren;
Ich bin noch jung von Sachen,
Viel Complimente versteh ich nicht zu machen.
Ich bin noch jung an Ehren,
Was ich nicht versteh, muß ich noch erst lernen.
So möchten die Herrn so gütig sein,
Und schenken mir ein Gläschen Bier oder Branntwein ein,
So werd ich noch viel lustiger sein.
Es kann auch ein Glas Wasser sein,
So bleibt gewiß Verstand darein.
Aus Parkentin. Secretär Fromm. Vgl. auch Raabe, plattdeutsches Volksbuch S. 88 ff.
Buchempfehlung
Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
196 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro