497. Der Geiger beim Hexentanz.

[311] Mündlich von Rottenburg.


Ging mal vor alten Zeiten ein Geiger von Bühl noch spät heim nach Rottenburg. Als er an den Ort kam, jezt Galgenbruck geheißen, wo früher das Hochgericht war, sah er ein großes wunderschön leuchtendes Haus da stehen. Es kam gleich Jemand herunter, sprach ihn an, auch hinaufzugehen und aufzuspielen. Er ging auf langes Auffordern; da kam er in einen hellerleuchteten Festsaal, wo Musik schallte und Alles zusammen tanzte. Es waren noch viele Musikanten da, zu denen machte er sich und fing an seine Fidel zu streichen.

Wie er mittlerweile den Tanzenden so zusah, bemerkte[311] er, daß sie Alle lauter Bocks-, Hühner- und Gänsfüße hatten; jezt erst kam's ihm und er wußte woran. Er hatte mal gehört, daß der süße Name Jesu all' solches Ding vernichte und fing kräftig an zu geigen:


Jesus ist ein süßer Mann,

Den man nicht gnug loben kann.


Im Nu war Alles verschwunden und es war wieder so Nacht wie vorher. Doch dachte er auf seinem Bänklein sitzen zu bleiben, bis es Tag werde. Aber welcher Schrecken, als es zu dämmern anfing, saß er auf dem Hochgericht droben auf einem Balken264.

264

Chr. Stöber 287, wo ein Schulmeister als Spielmann Morgens elend auf einem Steinhaufen lag. Spielleute, welche zufällig in die Nähe eines Hexensabbats kommen, werden häufig von den Hexen zum Spielen gezwungen. Der Lohn fällt immer sehr schlecht aus: Roßbollen, Scherben, dürre Blätter etc. Der Ort um die Galgenbrücke kommt auch in Rottenb. Hexenproceßakten vor als Versammlungsort. Vgl. Schnezler II. 427 ff.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 311-312.
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