8.

[90] Auf dem Dache stand sie, als ich schied,

Mit Gewand und Locken spielt der Wind –

Sang ich scheidend ihr mein letztes Lied:

Nun leb wohl, du wundersüßes Kind!

Muß von dannen gehn

Doch auf Wiedersehn,

Wenn das Hochzeitsbett bereitet steht!


Ein Kamel, beladen, bring' ich dir,

Reichen Stoff zu Kleidern und Schalwár,1

Echte Chenna2 zu der Finger Zier,

Schmuck und Narden für dein Ambrahaar,

Feines Seidenzeug,

Sammet dick und weich,

Und die Mutter wird zufrieden sein!


Auf dem Dache stand sie, als ich schied,

Winkt herab mit ihrer kleinen Hand. –

Weht der Wind ihr zu mein Scheidelied,

Spielt der Wind mit Locken und Gewand;

Fahre wohl, mein Glück!

Kehre bald zurück.

Wenn das Hochzeitsbett bereitet steht!


Fußnoten

1 Weite Beinkleider.


2 Zum Blaufärben der Nägel und Fingerspitzen, was bei den Tataren, Persern, Armeniern und anderen Völkern zur Vornehmheit gehört.


Quelle:
Friedrich von Bodenstedt: Die Lieder des Mirza-Schaffy von Friedrich von Bodenstedt, Leipzig [1924], S. 90-91.
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