[Am Morgen an das Licht der Welt getreten]

[619] Am Morgen an das Licht der Welt getreten

Mußt' ob dem Scheinen

Ich so bitter weinen,

Da alle um die nackte Wahrheit lachten,

Die sie zu nähren und zu weihen trachten.

Am Mittag lernt' ich zu dem Keltrer beten,

Dem wahren, reinen

Weinstock mich zu einen,[619]

Weil so allein ein Reblein muß verschmachten!

Am Abend treue Engel mit mir flehten

Die unterm Weinen

Aller aus dem Scheinen

Zum Himmelslicht Liebseelchen lächelnd brachten,

Die Hülle mag der stille Mond betrachten,

Dort wird's nicht nachten!


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 619-620.
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